Der Aufstand Auf Dem Jahrmarkt
Straßen hat, während die Abtei mit ihrem ganzen Besitz solchen Schäden entgangen ist. Nein, hört mich an...«
Der Händler kehrte ihm den breiten, gebeugten Rücken zu und stampfte zu seinen gestapelten Fässern, um den Stock aufzuheben, den er dort abgelegt hatte, und seinen Leuten zu bedeuten, daß sie die Arbeit fortsetzen sollten. Philip folgte ihm aufgebracht, er fühlte sich durch dieses Verhalten tief verletzt, als wäre er nichts als ein lästiges Insekt, eine Plage, die man mit einer Handbewegung beiseite wischte.
»Auf ein Wort noch, Meister!« rief er hitzig und hielt den Kaufmann am Ärmel zurück.
Beide neigten zu cholerischen Anfällen, und es wäre vielleicht in jedem Fall früher oder später dazu gekommen. Aber Cadfael gewann den Eindruck, daß der Kaufmann durch den Griff nach seinem Arm wirklich erschrak und glaubte, er würde angegriffen. Was immer der Grund war, er drehte sich um und schlug mit dem Stock in seiner Hand blindlings zu. Der junge Mann warf den Arm hoch, aber zu spät, um seinen Kopf zu schützen. Der Schlag fiel hart auf sein Handgelenk und die Schläfe und warf ihn auf die Planken der Anlegestelle. Aus einer Platzwunde über dem Ohr sickerte Blut.
Dies war das Ende aller friedlichen und würdigen Proteste und die Kriegserklärung. Im nächsten Augenblick geschah vieles gleichzeitig.
Philip Corviser war ohne einen Laut zusammengebrochen und lag halb betäubt da. Aber einer seiner Gefährten hatte unwillkürlich einen Protestschrei ausgestoßen, dem sofort Wutgebrüll seitens der jungen Männer aus der Stadt folgte. Zwei von ihnen rannten zu ihrem gefallenen Anführer, aber die übrigen stürzten sich rachelüstern auf die ebenso erregten Händler, und es entspann sich ein wüstes Handgemenge. Nicht lange, und die gerade ausgeladenen Waren wurden umgestoßen und in den Fluß geworfen. Auch einer der Angreifer fiel mit einem gewaltigen Aufklatschen ins Wasser.
Glücklicherweise lernten jene, die ihr Leben an den Ufern des Severn verbrachten, für gewöhnlich schwimmen, noch ehe sie richtig laufen konnten, und der junge Mann drohte nicht zu ertrinken. Bevor er die Böschung erreichte, aus dem Wasser krabbelte und zum Kampfschauplatz zurückeilte, hatte sich entlang dem Fluß ein gewaltiger Aufruhr entwickelt.
Mehrere Bürger, die einen kühlen Kopf bewahrten, versuchten vorsichtig zu vermitteln, die kämpfenden Parteien zu trennen und vor allem den erbitterten jungen Männern zur Vernunft zu raten. Einige waren nicht vorsichtig genug und bekamen Schläge ab, die dem Feind zugedacht gewesen waren, das übliche Schicksal jener, die Frieden stiften wollen, wo niemand dazu geneigt ist.
Cadfael eilte mit ein paar Leuten zur Anlegestelle hinab, um zu verhüten, was womöglich ein zweiter und tödlicher Schlag sein könnte, nach dem geschwungenen Stock und dem verzerrten Antlitz Thomas von Bristols zu urteilen. Aber jemand kam ihnen zuvor. Eine junge Dame war aus der kleinen Kajüte des Bootes gelaufen, mit beherzt gerafften Röcken auf den Steg gesprungen und fiel ihm nun mit ihrem ganzen Gewicht in den Arm.
»Onkel, bitte nicht!« bat sie mit aufgeregter Stimme. »Er war nicht gewalttätig! Du hast ihn verletzt!«
Philip Corvisers braune Augen, die ganze Zeit halb geöffnet, doch ohne etwas zu sehen, begannen beim Klang einer so unerwarteten Stimme zu zwinkern. Er wälzte sich herum, kam wacklig auf die Knie und erinnerte sich seiner Verletzung und des Streites, worauf er aufzuspringen und den Kampf fortzusetzen suchte. Nicht, daß seine Anstrengungen wirkungsvoll gewesen wären. Kaum stand er auf den Beinen, da gaben die Knie unter ihm nach, und er hielt sich den Kopf mit beiden Händen, als müßte er befürchten, daß er ihm abfiele. Als er beim zweiten Versuch auf die Beine kam, war es der Anblick des Mädchens, der ihn an der Wiederaufnahme von Feindseligkeiten hinderte. Da stand sie, hielt den dicken Arm des Kaufmannes umklammert und bat ihn mit wahrhaft engelgleicher Stimme, von dem Streit abzulassen, in Tönen, die einen Drachen hätten zähmen können, die großen Augen dabei ängstlich und mitleidig auf Philip gerichtet. Und sie nannte den alten Teufel »Onkel«! Im Nu waren Philips Rachegelüste verflogen, doch schien er diesen Mangel kaum zu spüren, urteilte man nach der Veränderung, die in seinem verschwitzten, blutüberströmten und zornigen Gesicht vorging. Noch benommen schwankend, starrte er das Mädchen an wie ein Pilger eine wundersame Vision oder verirrte
Weitere Kostenlose Bücher