Der Aufstand Auf Dem Jahrmarkt
Erbin ihres Vaters, der ein Zimmerermeister in unserer Stadt war, und auch meine Erbin, denn ich habe keine anderen Angehörigen. Emma, mein Kind, du magst uns Wein einschenken!«
Das Mädchen hatte die Unterbrechung genutzt. Nun kam sie zum Vorschein, die Zöpfe in einem vergoldeten Netz im Nacken zusammengefaßt, einen bestickten leinenen Kittel über dem einfachen Gewand. Nicht mir zuliebe, dachte Cadfael. Es war höchste Zeit, daß er sich verabschiedete und zu seinen eigentlichen Pflichten zurückkehrte. Er hatte die Komplet versäumt, um treibende Waren aus dem Wasser zu fischen, und jetzt hatte er noch wenigstens eine Stunde in Werkstatt und Kräutergarten zu tun, bevor er sein Nachtlager aufsuchen konnte. Doch an diesem Abend würde niemand früh zu Bett gehen. Thomas von Bristol war nicht der Mann, der die Überwachung seines Marktstandes und die Disposition über seine Waren anderen überließ, so vertrauenswürdig seine drei Bediensteten auch sein mochten. Er würde sich bald zum Pferdemarkt aufmachen, um zu sehen, ob alles zu seiner Zufriedenheit verstaut war, bereit für den kommenden Tag. Und wenn er es für richtig hielt, diese beiden hübschen jungen Leute bis zu seiner Rückkehr beisammenzulassen, so war das seine Angelegenheit. Die Erwähnung des Landsitzes von Stanton Cobbold als dem geringeren Teil von Corbieres Ehre hatte nicht verfehlt, Eindruck zu machen. Demgegenüber war die mit Bedacht verfolgte Erwähnung von Fräulein Emmas künftigem Reichtum nicht wirklich notwendig gewesen. Aber pflichtschuldige Onkel und Vormunde mußten stets ein Auge auf gute Partien für ihre Schutzbefohlenen werfen, und dieser junge Mann war von ihrem Gesicht bereits hingerissen gewesen, noch ehe er von ihren Vermögensverhältnissen gehört hatte. Kein Wunder, sie war ein schönes Kind, ganz gleich, welchen Maßstab man anlegte.
Bruder Cadfael entschuldigte sich, wünschte den Anwesenden eine gute Nacht und ging gemächlich zurück zum Torhaus. Die Straße war noch belebt, aber friedlich, die Ordnung wiederhergestellt, und am nächsten Morgen konnte der St. Petersjahrmarkt ohne weitere Störung beginnen.
4. Kapitel
Kurz nach zehn Uhr kam Hugh Beringar von einem letzten Wachgang vor den Klostermauern zurück, zu einer Stunde, da alle pflichtbewußten Klosterbrüder im Schlafsaal liegen und fest eingeschlummert sein sollten. Er war keineswegs überrascht, als er entdeckte, daß Cadfael noch auf war. Sie begegneten einander auf dem großen Hof, als Cadfael von seiner Werkstatt im Kräutergarten zurückkehrte. Es war noch klares Zwielicht, und am Westhimmel glühte der letzte Schein des Sonnenuntergangs.
»Ich hörte, du seist mittendrin gewesen«, sagte Beringar, streckte die Arme und gähnte. »Offen gestanden, etwas anderes hatte ich von dir nicht erwartet. Die verrückten jungen Heißsporne, was glauben sie zu erreichen, nachdem ihre Väter schon abgewiesen worden waren?
Und dann dieses wilde Getümmel! Damit haben sie ihren Ruf selbst bei jenen ruiniert, die mit ihnen fühlen. Jetzt werden ihre Väter sie mit Geldbußen freikaufen müssen, und die Stadt verliert mehr, als sie bei einem Erfolg ihrer Bemühungen hätte gewinnen können. Cadfael, es macht mir keine Freude, ordentliche, einfältige Burschen in den Kerker zu werfen, bei diesem Gedanken habe ich einen schlechten Geschmack im Mund. Komm auf einen Becher mit mir ins Torhaus.
Du kannst jetzt geradesogut bis zur Frühmette wach bleiben.«
»Aline wird auf dich warten«, erwiderte Cadfael.
»Aline, Gott mit ihr, wird fest schlafen, denn ich muß noch zur Burg, um über diese Unruhen zu berichten. Es ist wenig wahrscheinlich, daß ich bei ihr übernachten werde.
Komm, erzähl mir, wie dies alles geschehen konnte, denn man sagte mir, es hätte unten an der Anlegestelle begonnen, wo du warst.«
Cadfael ging bereitwillig mit ihm. Sie setzten sich in das Vorzimmer des Torhauses, und der Pförtner, dem solche nächtlichen Aktivitäten an Tagen, wenn der zweite Grafschaftsbeamte im Kloster Quartier nahm, nichts Neues waren, brachte ihnen Wein und überließ sie ihrem Gespräch.
»Wie viele habt ihr gefangen?« fragte Cadfael, nachdem er von den Geschehnissen am Fluß berichtet hatte.
»Siebzehn. Und es hätten achtzehn sein sollen«, antwortete Hugh mit grimmiger Miene, »wenn ich nicht Bellecotes Jungen, den Edwy, ohne Zeugen beiseite genommen, ihm die Leviten gelesen und mit gewaschenem Kopf nach Hause geschickt hätte. Noch keine sechzehn! Aber
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