Der Aufstand Auf Dem Jahrmarkt
du, Hugh?«
»Ein guter Gedanke«, erwiderte Beringar. »Tu es, und wir werden Vorkehrungen treffen, um nach Meister Thomas zu suchen, obgleich ich darauf vertraue, daß er trotz dieser Verspätung wohlauf sein wird.
Am Vorabend eines Jahrmarkts«, fuhr er fort und lächelte dem Mädchen aufmunternd zu, »gilt es Bekanntschaften zu schließen, mit Kunden und Lieferanten zu sprechen, die sich bereits eingefunden haben. Wenn er seine Geschäfte im Kopf hat, kann ein Mann schon seinen Nachtschlaf vergessen.«
Bruder Cadfael hörte sie seufzen. »O ja!« entgegnete sie voll echter Hoffnung und Dankbarkeit, als er hinausging, um den Bruder an der Pforte zu bitten, Ivo Corbiere bei dessen Rückkunft anzuhalten.
Er hätte für dieses Anliegen kaum einen günstigeren Zeitpunkt wählen können, denn als er in der Pförtnerstube stand, erschien der Gesuchte. Das Haupttor war bereits geschlossen, nur die Nebentür stand offen, und der blonde Haarschopf des Eintretenden glänzte im Schein der über dem Tor brennenden Fackel wie eine kleine Sonne.
Barhäuptig, den Überwurf in der warmen letzten Julinacht über die Schulter gehängt, schlenderte Ivo Corbiere mit offensichtlich unverbrauchten Energiereserven beinahe widerwillig zum Nachtquartier. Das Leinenhemd leuchtete geisterhaft weiß in der sternfunkelnden Dunkelheit. Er pfiff einen Gassenhauer, der eher Pariser Herkunft als aus London zu sein schien, urteilte man nach dem Tonfall. Offenbar hatte er reichlich getrunken, aber nicht annähernd soviel, wie er vertragen konnte. Schon der erste Ruf aus Cadfaels Mund fand ihn hellwach.
»Was, Ihr, Bruder? Vor der Matutin schon auf den Beinen?« Sein leises Lachen war liebenswürdig, doch verstummte es sofort, als er spürte, daß es um ernsthafte Angelegenheiten ging. »Ihr habt mich gesucht? Ist etwas geschehen? Großer Gott, der alte Mann wird den dummen Jungen doch nicht getötet haben?«
»So schlimm ist es nicht«, erwiderte Cadfael. »Aber hier im Torhaus ist jemand und möchte Euch eine Frage stellen. Ihr seid den ganzen Abend vor dem Tor und auf dem Jahrmarktsplatz gewesen?«
»Die ganze Zeit«, bestätigte Ivo, dessen Interesse erwacht war.
»Ich habe oben in Cheshire ein neues und zugiges Landhaus einzurichten und suche nach Wollwaren und flämischen Wandteppichen. Warum?«
»Hat Meister Thomas von Bristol zufällig Euren Weg gekreuzt? Zu irgendeiner Zeit, seit Ihr früher am Abend von seiner Barke gegangen wart?«
»Ich bin ihm nicht begegnet«, sagte Ivo verwundert und spähte in dem eigentümlich weichen Zwielicht der Mittsommernacht forschend in Cadfaels Gesicht. »Was hat dies zu bedeuten? Der Mann machte deutlich - er hat Erfahrung, was kein Wunder ist - , daß man seine Nichte nur in seiner Gegenwart und mit seiner Erlaubnis sehen kann.
Und man darf es ihm kaum verdenken, denn sie ist ein seltener Schatz, mit oder ohne sein Geld. Ich respektierte ihn und ging. Aber warum fragt Ihr mich nach ihm?«
»Kommt und seht.« Cadfael führte ihn ins Torhaus.
Der junge Mann blinzelte in das Licht der Öllampe, dann entdeckte er Emma und machte große Augen. Wer von den beiden verwirrter war, ließ sich schwer erkennen. Das Mädchen erhob sich, streckte die Hände nach ihm aus und zog sie halb wieder zurück. Der Mann bezwang seine Überraschung und eilte besorgt zu ihr, um ihre Hand zu drücken.
»Fräulein Vernold! Zu dieser Stunde? Solltet Ihr...« Er hatte inzwischen auch den stellvertretenden Grafschaftsbeamten erkannt und aus seiner Anwesenheit auf die Dringlichkeit des Problems geschlossen. »Was ist geschehen?« fragte er, nachdem er Beringar begrüßt hatte.
Hugh unterrichtete ihn in knappen Worten. Cadfael war nicht sehr überrascht zu sehen, daß Corbiere eher erleichtert als bestürzt war.
Hier stand ein junges, unerfahrenes Mädchen, das allzu leicht nervös wurde, wenn es eine oder zwei Stunden zu lange alleingelassen wurde. Hingegen steckte ihr weitgereister und welterfahrener Onkel, der durchaus imstande war, für sich selbst zu sorgen, fraglos in keinerlei Schwierigkeiten, sondern war bloß irgendwo mit einem Freund beisammen oder damit beschäftigt, die Waren und den weltlichen Wohlstand einiger seiner Rivalen einzuschätzen.
»Nichts Übles wird ihm widerfahren sein«, sagte Corbiere mit einem aufmunternden Lächeln zu Emma, die nichtsdestoweniger ernst und sorgenvoll blieb. Und Cadfael dachte, daß sie nicht dumm wäre und ihren Onkel besser kennen mußte als sonst jemand.
»Sicher, er
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