Der Aufstand Auf Dem Jahrmarkt
hätten, blickten Hugh Beringar an. »Es ist freundlich von Euch, aber sicherlich wurde uns jetzt alles angetan, was möglich ist.
Ich denke nicht, daß man uns einen Wächter zur Seite stellen muß.«
Nach dem Mittagsmahl kam Hugh zu Cadfaels Werkstatt, verhalf sich zu einem Trinkhorn mit Wein aus Cadfaels privatem Vorrat und nahm auf der Bank unter dem schattenspendenden Dach Platz.
Emma war in Alines Obhut zurückgeblieben. Der Duft der Kräuter lag im Geviert der Hecken wie eine träge Wolke in der Luft und machte ihn gegen seinen Willen und seine Stimmung, die nach ernsthafter Diskussion trachtete, müde. Sie waren hier ganz abgesondert von der Außenwelt, das geschäftige Summen des Jahrmarkts erreichte sie nur als ein fernes und angenehm undeutliches Geräusch, wie die Arbeitsmusik von Bruder Bernards Bienen. Und Bruder Mark, der mit feinfühligen, liebenden Fingern die Kräuterbeete vom Unkraut befreite, das Ordensgewand bis zu den Knien hochgebunden, störte ihre Abgeschiedenheit nicht im mindesten.
»Ein ganz besonderes Geschöpf«, sagte Bruder Cadfael, der ihn mit unvoreingenommener Zuneigung betrachtete. »Mein Beichtiger und mein Schutzbefohlener in einer Person. Ich mußte ein Mittel finden, dem Schicksal zu entgehen, das sich über mir zusammenbraute. Da geht mein Opferlamm, das beste aus der Herde.«
»Eines Tages wird er dir wirklich noch die Beichte hören«, sagte Hugh Beringar. Auch sein Blick ruhte auf Mark, der die Unkräuter so behutsam ausriß, als würde er sie bemitleiden. »Und du wirst verloren sein, weil er jede deiner Ausflüchte kennen wird.« Er nahm einen Schluck Wein, spülte ihn gedankenvoll im Mund herum, schluckte ihn und genoß den Nachgeschmack. »Dieser Warin hatte wenig hinzuzufügen«, berichtete er dann. »Was sagst du jetzt? Es kann kein zufälliges Zusammentreffen sein.«
»Nein«, stimmte Cadfael zu, keilte die offene Tür seiner Werkstatt fest, um die Luft einzulassen, kam heraus und setzte sich zu seinem Freund. »Es kann kein Zufall sein. Der Mann wird getötet, seiner Kleider beraubt, seine Barke durchsucht, sein Marktstand durchwühlt.
Niemand sonst auf diesem Jahrmarkt, wo es mehrere ebenso wohlhabende Handelsherren gibt, wurde angegriffen oder bestohlen.
Nein, hier ist nichts zufällig geschehen!«
»Was dann? Erkläre mir das! Das Mädchen behauptete, aus der Barke seien Kleinigkeiten verschwunden. Nun ist bei diesem letzten Einbruch eine Geldkassette entwendet worden, der einzige tragbare Gegenstand in der Marktbude, von dem angenommen werden konnte, daß er Werte enthielt. Wenn dies keine einfachen Diebereien sind - worum handelt es sich dann? Sag es mir!«
»Mir scheint, daß hier nach etwas gesucht wird«, antwortete Cadfael. »Ich weiß nicht, was es ist, aber es muß irgend etwas ganz Besonderes sein, ein einzelnes kleines Ding, sehr wertvoll, das in Meister Thomas' Besitz war oder sein sollte. In der Nacht nach seiner Ankunft wurde er ermordet und sein Körper der Kleider beraubt. Die erste Durchsuchung. Und sie war fruchtlos, denn am nächsten Tag wurde seine Barke durchwühlt. Die zweite Suche.«
»Diesmal nicht völlig fruchtlos«, ergänzte Beringar trocken, »denn wir wissen aus berufenem Munde, daß die Eindringlinge, wer sie auch waren, mit drei Gegenständen abzogen: einer silbernen Kette, einem Gürtel mit goldener Schnalle und einem Paar bestickter Handschuhe.«
»Hmmm!« Cadfael faßte seine gebräunte Nase zweifelnd zwischen Daumen und Zeigefinger und beäugte den anderen von der Seite.
»Schau mich nicht so an!« sagte Hugh mit einem nachsichtigen Lächeln. »Ich mag weniger rasch als du auf solche Feinheiten kommen, aber auch ich habe gelernt, meine fünf Sinne beisammenzuhalten. Das Mädchen hat einen klaren Verstand und ein ausgezeichnetes Gedächtnis, und ich hege keine Hoffnung, die junge Dame zu einem Fehler zu verleiten, wenn es um die Einzelheiten der Stickerei auf diesen verlorenen Handschuhen geht. Aber bei alledem bezweifle ich, daß sie je existiert haben.«
»Du könntest«, schlug Cadfael vor, freilich etwas skeptisch, »sie geradeheraus fragen, was sie verbirgt.«
»Das habe ich getan. Sie sah mich gekränkt an und konnte mich nicht verstehen! Sie weiß nichts, sie verbirgt nichts, sie hat nicht mehr als das zu sagen, was sie bereits erzählt hat, und jedes Wort davon ist die reine Wahrheit. Doch ganz gleich, was sie behauptet und mit welch engelhafter Unschuld sie es vorbringt - Emma Vernold lügt.
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