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Der Aufstand Auf Dem Jahrmarkt

Der Aufstand Auf Dem Jahrmarkt

Titel: Der Aufstand Auf Dem Jahrmarkt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellis Peters
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»bekümmert es mich doch, daß mir diese Handschuhe gestohlen wurden. So feines Leder, weich und schwarz, und eine Menge Gold in der Stickerei. So teure Handschuhe hatte ich bis dahin nie gekauft.« Sie erreichte das Ende ihres Saumes und schnitt den Faden sauber ab. In Alines luftige Schlafkammer drang helles Mittagslicht durch das kleine Fenster. »Es heißt, auf dem Jahrmarkt habe ein sehr guter Handschuhmacher einen Stand«, fuhr sie fort, während sie ihre Arbeit mit dem Fingernagel glättete. »Ich dachte, ich könnte mir einmal seine Waren ansehen. Vielleicht hat er ein feines Paar Handschuhe, das meinen Verlust ersetzen könnte.
    Man sagt, er sei in Chester wohlbekannt, und die Gräfin würde bei ihm kaufen. Ich glaube, ich gehe heute nachmittag hin und schaue mir an, was er hat. Durch all diese Aufregungen habe ich vom Jahrmarkt kaum etwas zu sehen bekommen.«
    »Eine gute Idee«, meinte Aline. »Solch einen schönen Tag dürfen wir nicht hier drinnen verbringen. Ich werde mitkommen.«
    »Ach nein, das solltet Ihr nicht tun«, protestierte Emma fürsorglich.
    »Ihr habt Euren Mittagsschlaf noch nicht gehalten. Auf diesem kurzen Weg braucht Ihr mir nicht Gesellschaft zu leisten. Ich würde mir Vorwürfe machen, solltet Ihr Euch um meinetwillen überanstrengen.«
    »Oh, dummes Zeug!« rief Aline fröhlich. »Ich bin so gesund, daß ich noch zerplatze, wenn ich so wenig zu tun habe. Constance und Hugh würden mich am liebsten in den Krankenstand versetzen, nur weil ich in anderen Umständen bin. Hugh ist zur Burg hinaufgegangen, und Constance besucht eine Base in der Stadt, also wer soll sich um mich sorgen? Ich werde meine Schuhe anziehen, dann können wir gehen. Ich möchte gern ein Kästchen mit diesen gezuckerten Früchten kaufen, die Euer Onkel aus dem Osten mitgebracht hat. So können wir zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen.«
    Es sah so aus, als hätte Emma auf einmal die Lust an dem Unternehmen verloren. Sie strich über das bestickte Leinenband, das sie angenäht hatte, und musterte prüfend den Schnitt des Leinens für die Kappe. »Ich weiß nicht - vielleicht sollte ich dies hier zu Ende führen. Nach dem morgigen Tag finde ich womöglich keine Gelegenheit mehr dazu, und es täte mir leid, wenn jemand anderer die Kappe fertig machen müßte. Was die kandierten Früchte betrifft, so werde ich Roger, wenn er heute abend kommt und über die Ereignisse dieses Tages berichtet, Auftrag geben, Euch ein Kästchen zu bringen. Morgen wird es hier sein..«
    »Das ist nett«, antwortete Aline, schlüpfte aber nichtsdestoweniger in ihre Schuhe. »Ich weiß jedoch nicht, wie er ein Paar Handschuhe für Euch anprobieren sollte oder in Eurem Sinne eine Wahl treffen könnte. Also laßt uns gehen und selbst sehen, was es gibt. Es wird nicht lange dauern.«
    Emma zögerte, doch ob es in echtem Bemühen geschah, einen Entschluß zu fassen, oder ob sie Mittel und Wege suchte, um einer unbefriedigenden Situation zu entrinnen, wußte Aline nicht zu sagen.
    »Ach nein, ich sollte das nicht tun! Wie kann ich meine Gedanken solch nichtigen Eitelkeiten zuwenden! Ich muß mich wirklich schämen.
    Mein Onkel ist tot und noch nicht unter der Erde - und mich verlangt nach eitlem Plunder! Nein, ich will nicht so oberflächlich sein. Laßt mich in meiner Arbeit für das Kind fortfahren, statt nur an meinen eigenen Aufputz zu denken.« Und sie hob die Nadelarbeit wieder auf.
    Aline bemerkte, daß Emmas Hand ein wenig zitterte, und überlegte, ob sie auf einem Besuch des Jahrmarkts bestehen sollte. Es war offenkundig, daß das Mädchen aus irgendeinem Grund ausgehen wollte, dies aber nur ohne Begleitung tun würde. Und allein, sagte sich Aline entschieden, soll sie gewiß nicht gehen, wenn ich es verhüten kann.
    »Nun«, sagte sie zweifelnd, »wenn Ihr entschlossen seid, Euch keinerlei Freuden zu vergönnen, will ich nicht den Teufel spielen und Euch in Versuchung führen. Und ich gewinne dabei, weil Ihr so fein näht, wie ich es niemals fertigbrächte. Wer hat Euch in dieser Kunst unterwiesen?« Sie zog sich die weichen Lederschuhe aus und setzte sich wieder. Eines hatte sie immerhin gelernt - daß es nicht zweckdienlich war, die Sache weiter zu verfolgen. Emma begrüßte den Themenwechsel und sprach bereitwillig über ihre Kindheit.
    »Meine Mutter war eine berühmte Stickerin. Sie fing an, mir Unterricht zu geben, sobald ich mit Nadel und Faden umgehen konnte. Doch starb sie schon, als ich acht war, und Onkel Thomas nahm mich

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