Der Aufstand Auf Dem Jahrmarkt
bis er zu diesem Zufluchtsort gekommen war, zuerst unwillig, um dann sehr rasch die Vorzüge des klösterlichen Lebens kennen und schätzen zu lernen.
Aber der Tod war zu fürchterlich und zu dunkel für ihn, ein Ding des Schreckens und ohne die Möglichkeit der Gnade. Ein mißbrauchtes Leben, schlecht genährt und voller Mühsal, war dennoch Leben, mit einem Himmel und Bäumen und Blumen und Vögeln ringsum, mit Farben und Jahreszeiten und Schönheit. Selbst ein so gelebtes Leben war ein Freund. Der Tod war ein Fremdling.
»Kind, er ist immer mit uns«, sagte Cadfael geduldig an seiner Seite. »Im vergangenen Sommer starben hier in der Stadt fünfundneunzig Menschen, und keiner von ihnen hatte einen Mord begangen. Sie starben, weil sie sich auf die falsche Seite geschlagen hatten. In Kriegszeiten kommt der Tod über schuldlose Frauen und Kinder, selbst im Frieden geschieht es, daß sie unter den Händen schlechter Menschen sterben. Manch ein alter Mann, der in seinem Leben vielen Gutes getan hat, ist schon brutal und sinnlos erschlagen worden. Laß durch nichts deinen Glauben erschüttern, daß es in der Nachwelt einen Ausgleich geben wird. Was du siehst, ist nur ein Bruchstück von einem vollkommenen Ganzen.«
»Ich weiß«, sagte Bruder Mark durch die Finger - loyal, aber ungetröstet. »Aber ohne Gerichtsurteil niedergemacht zu werden...«
»So erging es im letzten Jahr vierundneunzig«, erwiderte Cadfael freundlich, »und der fünfundneunzigste wurde ermordet. Justiz, wie wir sie sehen, ist auch nur ein zerbrochener Scherben. Aber es ist unsere Pflicht, zu bewahren, was wir können, und an Bruchstücken zusammenzufügen, was wir finden, und den Rest im Vertrauen auf Gottes Ratschluß hinzunehmen.«
»Und ohne Beichte und Sterbesakramente!« rief Bruder Mark aus.
»Auch sein Opfer mußte dieser Tröstungen entsagen. Und Euan von Shotwick hatte weder geraubt noch getötet, oder wenn er es hatte, weiß nur Gott davon. Viele Menschen sind ohne sicheres Geleit durch dieses Tor gegangen, und manch einer unter ihnen wird den Himmel vor jenen erreichen, die mit Absolution und Sterbesakramenten hindurchgeleitet wurden. Könige und Kirchenfürsten mögen finden, daß Schafhirten und leibeigene Knechte ihnen vorgezogen werden, und manche, die behaupten, sie hätten viel Gutes getan, mögen armen und elenden Menschen Platz machen müssen, die Böses getan und es eingesehen und versucht haben, Wiedergutmachung zu leisten.«
Bruder Mark saß da und begann wenigstens zuzuhören. Demütig bekannte er den eigentlichen Kern seines Kummers. »Ich hatte seinen Arm in den Händen, ich sah ihn zusammenzucken, als ich die Wunde reinigte, und ich fühlte seinen Schmerz. Es war nur ein kleiner Schmerz, aber ich fühlte ihn. Ich war froh, ihm zu helfen, es war eine Freude, den Schnitt mit Balsam zu salben und sauber zu verbinden, und zu wissen, daß er Erleichterung spürte. Und nun ist er tot, mit einem Armbrustbolzen durch den Rücken...« Mit einer kurzen und zornigen Bewegung wischte Bruder Mark sich die Tränen aus den Augen und hob sein anklagendes Gesicht. »Was nützt es, einen Menschen zu verbinden, wenn er wenige Stunden danach sterben muß?«
»Wir sprachen von Seelen«, sagte Cadfael sanft, »nicht von bloßen Leibern. Und wer weiß, ob deine Behandlung mit Salbe und Leinen seine unsterbliche Seele nicht mit besserem Erfolg geheilt hat? Es gibt keinen Pfeil, der die Seele spaltet. Aber es mag einen Balsam für sie geben.«
5. Kapitel
Die Nase auf der eigenen Fährte, hatte Philip Corviser endlich seinen Freund John Norrey beim Wettschießen am Fluß, wo die Bogenschützen der Stadt ihre Künste zeigten, ausfindig gemacht.
Gemeinsam gingen sie auf die Suche nach Edric Fieshers jungem Knecht, den sie im Garten hinter seines Herren Werkstatt fanden.
Philips Odyssee am Vorabend des Jahrmarkts hatte mit diesen beiden angefangen, die ihn von Bruder Cadfael übernommen hatten, als die Männer der Stadtwache in die Au herabgeritten waren, um Ruhe und Ordnung wiederherzustellen.
Nach ihrem eigenen Bericht hatten sie ihn unter Vermeidung der Landstraße durch die Obstgärten und die schmalen Wege zwischen den Hecken zum Markt und dem ersten Stand geschleppt, der Getränke verkaufte, damit er wieder zur Besinnung käme. Und sehr undankbar hatten sie ihn gefunden, nachdem der Schock des Schlages auf den Kopf sich gelegt hatte und die Beine nicht mehr so wacklig gewesen waren.
Wütend auf sich selbst, hatte er seine üble
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