Der Aufstand Auf Dem Jahrmarkt
Mücke.
»Zieh Er den Kittel aus«, befahl Prestcote. Und als der Mann in echter oder vorgetäuschter Verwirrung glotzte, fügte der Grafschaftsbeamte hinzu: »Keine Widerrede! Vorwärts!«
Zögernd entledigte sich Ewald seines Kittels, etwas ungeschickt, weil er gleichzeitig das Pferd halten mußte. Diesem war Luft und Auslauf versprochen worden, und es drängte zum Tor hin, weil dort der Weg zu dem hinausführte, was es begehrte. Es hatte sich mit seinem unruhigen Tänzeln bereits halb um die Gruppe bewegt, und nur Cadfael, der stumm abseits stand, war dem Tor ein wenig näher.
»Zieh Er den Ärmel hoch. Den linken.«
Der Mann warf einen wilden Blick umher, dann senkte er den Kopf wie ein Stier, schob das Kinn vor und gehorchte, den rechten Arm durch den Zügel gesteckt, während er das derbe Leinengewebe bis zum Ellbogen zurückstreifte. Bruder Mark hatte die Wunde mit einem Streifen sauberen Leinens verbunden, dessen Reinlichkeit in der Sonne leuchtete.
»Er hat sich verletzt?« fragte Prestcote in ruhigem Grimm.
Jetzt hat er seine Chance, dachte Cadfael, wenn er klug genug ist, seine Geschichte abzuwandeln und geradeheraus zu sagen, daß er in einer Rauferei eine Schnittwunde davongetragen und dem Mönch die Lüge mit dem Nagel nur erzählt hätte, um die Torheit zu vertuschen.
Aber nein, der Mann dachte nicht nach. Er hatte seine Geschichte und vertraute darauf, daß sie ihn noch immer decken könnte. Doch wenn Mark bei der Behandlung der Wunde einen Schnitt von einem Riß unterscheiden konnte, so konnte Gilbert Prestcote dies erst recht.
»Ich blieb im Stall an einem Nagel hängen, gnädiger Herr, als ich das Zaumzeug herunternehmen wollte.«
»Und dabei hat Er sich gleichzeitig den Ärmel durchgerissen? Ein scharfer Nagel, wie? Das ist kräftiger Stoff.« Er wandte sich zu Hugh Beringar. »Ihr habt die Stofffasern?«
Beringar zog aus seinem Beutel ein gefaltetes Stück Pergament und öffnete es vorsichtig, bis die Stoffasern zum Vorschein kamen, die mehr einem getrockneten Grashalm glichen, der in Fibern aufgelöst war und am Rand verrottete. Nur der anhaftende Leinenfaden verriet, was er wirklich war, aber das genügte. Ewald wich unwillkürlich zurück, so heftig, daß das Pferd scheute und einige Schritte in Richtung zum Tor drängte, so daß der Reitknecht sich umwenden und das Tier mit beiden Händen am Zügel halten und beruhigen mußte. Ivo Corbiere konnte sich nur durch einen eiligen Sprung vor den tänzelnden Hufen in Sicherheit bringen.
»Geb Er seinen Kittel her!« befahl Prestcote, als der Fuchs wieder beruhigt und, wenn auch widerwillig, zum Stillstand gekommen war.
Der Reitknecht blickte von den winzigen Fasern, die er wiedererkannt hatte, zum unbewegten, aber unnachgiebigen Gesicht des Grafschaftsbeamten auf, zögerte nur einen Augenblick und gehorchte, aber mit unerwarteter Heftigkeit. Er holte aus und schleuderte ihnen den Kittel in die Gesichter, und mit einem Sprung war er im Sattel des Fuchses. Beide Fersen stießen in die schimmernden Flanken, und ein lauter Anfeuerungsruf flog über die aufgestellten Ohren hinweg und ließ das Pferd wie eine geschleuderte Lanze zum Tor davonjagen.
Nur Ivo Corbiere war zwischen dem Reiter und seinem Ziel. Der Reitknecht trieb den Fuchs direkt auf ihn zu. Corbiere wich mit einem Sprung aus, schnellte sich dann aber mit einem tigerartigen Satz hinauf, um das Pferd am Zaumzeug zu halten. Er bekam es auch zu fassen und wurde einen Augenblick mitgeschleift, bis der Reitknecht den unsicheren Zugriff mit einem bösartigen Fußtritt löste und Corbiere aus dem Weg schleuderte, so daß er schwer zu Boden fiel und Prestcote und Beringar vor die Füße rollte, als diese dem Flüchtling nachsetzten. Hinaus zum Tor und nach rechts die Straße entlang galoppierte Ewald, und niemand war beritten und bereit, die Verfolgung aufzunehmen, denn der Grafschaftsbeamte war ohne Eskorte gekommen.
Aber Ivo Corbiere war nicht hilflos. Turstan Fowler war herbeigeeilt, um ihm aufzuhelfen, doch winkte Corbiere ihn weiter zum Tor hinaus, rappelte sich atemlos auf und rannte hinkend und mit wütendem Gesicht hinterdrein. Die kleine Gruppe stand in der Mitte der Straße und blickte dem davongaloppierenden Reiter nach - unfähig, die Verfolgung aufzunehmen. Er hatte gemordet, und er würde entkommen, denn sobald er Shrewsbury ein paar Meilen hinter sich gelassen hätte, könnte er im Wald untertauchen und wäre dort sicher wie ein Fuchs in seinem Bau.
Mit vor Wut halb
Weitere Kostenlose Bücher