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Der Aufstand Der Ungenießbaren

Der Aufstand Der Ungenießbaren

Titel: Der Aufstand Der Ungenießbaren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edo Popovic
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keine gute Fee, die seine Wünsche erfüllen wollte, ganz im Gegenteil.
    Wo denkst du hin, sagte er und sah ihn dabei fröhlich an, ich werde dich nicht erschießen, das ist etwas für das Fußvolk, und du bist doch mein guest of honour. Für dich habe ich mir etwas wirklich Besonderes ausgedacht. Ich werde dich mit einer schrecklichen Kraft besiegen, glaub mir, du wirst an der eigenen Haut etwas spüren, was sogar stärker ist als ihr, die ihr stärker seid als der Wind.
    Gärtner kannte Durst. Er hatte ihn all jene Jahre während des Studiums gespürt. Durst nach dem Land, das sein Vater verkauft hatte, damit er ein Diplom erlangen konnte. Die Dörfer sterben aus, sagte sein Vater, heute bleiben nur die Dummköpfe auf dem Land, und so fand sich Gärtner in Zagreb wieder. Das Diplom der Wirtschaftsfakultät sollte ihm angeblich die Türen zu den Banken öffnen, in denen sein Vater Sicherheit sah.
    Doch ihn interessierte die Ökonomie überhaupt nicht. Für jemanden, der seit seiner frühesten Jugend auf dem Land gearbeitet hatte, der nach einigen Tagen, sobald der Samen aufkeimte, mit bloßen Augen die Früchte seiner Mühen sehen konnte, der von den ersten Frühjahrsarbeiten bis hin zum Transport zu den Speichern seine Ernte umsorgte, war die Ökonomie irgendwie tuntenhaft. Etwas für Warmduscher, so glaubte er. Da gab es nichts, was man in die Hände hätte nehmen können, nichts zu beschnuppern, nichts zum Hineinbeißen, nichts, was man in die Erde pflanzen konnte und dann darauf warten, dass es wächst und reift. Er konnte sich nicht vorstellen, dass er sich mit einer Arbeit beschäftigen würde, deren Produkt er nicht in die Hände nehmen konnte. Sein Leben mit leeren Händen zu verbringen. Und so erstickte er vor Durst und Niedergeschlagenheit.
    Gleichzeitig hatte Gärtner keinen Zweifel daran, dass nicht nur ein gut bezahlter, sondern selbst ein irgendwie bezahlter Arbeitsplatz in der Bank nur ein Traum seines Vaters bleiben würde. Der Gott, der hier die Karten verteilte, hatte dieses Mal, genauso wie damals, keine Sympathien für den Ackerbauer. Das Opfer, das sein Vater in Form von Land gebracht hatte, wurde abgelehnt. Gott lächelte irgendwelche anderen Studenten an, deren Väter irgendwelche anderen Opfer gebracht hatten und die genau wussten, wie man sich mit leeren Händen an den Geschäften beteiligt. Gärtner konnte sie schlecht ertragen. Sie riefen in ihm Wut und Verbitterung hervor. Und obwohl er sein Studium beendete, quälte ihn all diese Jahre ein unstillbarer Durst nach Land. Sein Diplom hatte er 2013 bekommen, in demselben Jahr, in dem die Zagreber Mauer fertiggestellt wurde. Er sandte das Diplom mit der Post zu seinem Vater und zog in das besetzte Haus der Ungenießbaren ein. Deren Widerstand hatte einen Sinn, aber warum in Gottes Namen gewaltlos? Das schien ihm dumm. Sie stehen vor einem Kordon der Polizei, skandieren Beleidigungen und Parolen – und nichts ändert sich.
    Ihre Revolte und ihre Wut zerstreuen sich wie die Wolken am Himmel, ohne irgendwelche Spuren zu hinterlassen. Und diese Typen sitzen auch weiterhin auf ihren Sesseln, lachen ihnen ins Gesicht und werden immer fetter, doch als er sich vor dem Hanshan jenen Typen geschnappt und ihn dann zur Müllkippe geschleppt und erschossen hatte, fühlte er sich, als sei er nach einer langen Reise zu Hause angekommen. Er konnte wieder die Frucht seiner Arbeit sehen.
    Eins verstehe ich nicht, sagte Gärtner und schloss die Schuppentür hinter sich, der Typ hat jahrelang alles Mögliche zusammengerafft und sich überall aufgedrängt, er hat nichts ausgelassen, um Erfolg zu haben, er ist widerlich reich geworden, hat Preise, Ehrungen und all so Sachen eingeheimst, und trotzdem ist er nicht glücklich geworden. Wie ist das möglich?
    Fraktalfrau saß auf dem Boden und lehnte mit dem Rücken an dem in Blüte stehenden Pflaumenbaum. Sie sah ihn spöttisch an.
    In deiner Frage liegt schon die Antwort, sagte sie.
    Gärtner setzte sich neben sie und starrte auf die Hecke aus Forsythien und Felsen-Kirschen. Verwilderte Korbweiden umzingelten die Holzhütte, ganze Fontänen aus jungen Stauden sprossen aus der Erde. Gärtner kümmerte sich nicht um die Hecke, aber dafür beschnitt er die Obstbäume, pflanzte im Garten Gemüse, Kartoffeln, Erdbeeren, Johannisbeeren, Marihuana, all das, was die Ungenießbaren essen, trinken und rauchen konnten. Auf dem Tisch vor dem Schuppen döste eine Katze, die genauso wie sie das verlassene Gebäude der ehemailgen

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