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Der Aufstand Der Ungenießbaren

Der Aufstand Der Ungenießbaren

Titel: Der Aufstand Der Ungenießbaren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edo Popovic
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Makrobiotikern, den islamischen Gläubigen, den Buddhisten, den Aktivisten von Menschenrechtsorganisationen, den Mitgliedern von Homosexuellen-Verbänden usw. ausgeht. Wir kamen nicht als Entführer und Mörder auf die Liste, man hatte ja von unserer Identität keine Ahnung, sondern als Mitglieder einer gewaltlosen Gruppe der direkten Aktion. Und an jedem Flughafen und jedem anderen Ort in Europa und den USA konnte uns jeder Bulle verhaften und ausliefern.
    Was immer noch besser war als Konzentrationslager und Gaskammern.
    Vor Gericht habe ich nicht viel über die Ungenießbaren ausgesagt. Ich sagte, dass die Ungenießbaren eine supergeheime Organisation seien und dass ich niemandes wahre Identität kennen würde. Dass ich nicht wisse, wer die Aktionen geplant habe. Dass ich einen Tag vor jeder Aktion eine E-Mail mit den notwendigen Informationen bekommen hätte. Dass beim Strohhalmziehen festgelegt worden wäre, wer die Exekution ausführen musste. Nein, auf diese Frage möchte ich nicht antworten, denn auch die Gesetze der Holding lassen es nicht zu, dass ein Angeklagter zum eigenen Nachteil aussagen muss. Nein, ich bereue nichts von dem, was ich getan habe, weder mit den Ungenießbaren noch während meines gesamten Lebens. Vielleicht tut es mir nur leid, dass es uns nicht gelungen ist, Teši ć zu schnappen. Die Frage ist dumm, denn selbst wenn ich es mir wünschen würde, könnte ich diese Taten nicht wiederholen, das Leben besteht nicht aus Wiederholungen und zweiten Chancen. Nein, ich bereue es nicht. Ja, es ist mir egal, wie lange ich sitzen werde.
    Ich log in Bezug auf die Ungenießbaren, und sie wussten das auch, aber es störte niemanden besonders. Die Holdinggerechtigkeit war befriedigt, die Medien hatten frische Ware bekommen, die Werbeinserenten rieben sich die Hände, die Öffentlichkeit war gesättigt, alle waren glücklich und zufrieden. Auf gewisse Weise war ich es auch.
    Fraktalfrau mochte keine Flugzeuge, sie mochte nichts, was schneller war als ein Fahrrad. Obwohl sie Auto fuhr, verachtete sie aus der Tiefe ihrer Seele diese abscheuliche Krücke. Sie benutzte es nur für Aktionen. Strictly business. Ansonsten nur Fahrrad und zu Fuß. Alles öko-friendly.
    Ich bin sicher, dass sie auf meine Überlegung, dass wir bald das Ziel erreichen würden, bevor wir losgefahren seien, erwidern würde: Wie? So ist es doch schon. Bringt uns nicht jede Flugzeugreise ans Ziel, bevor sich unser Körper darauf eingestellt hat? Unsere Körper traben hinter uns her. Jetlag.
    Wo ich gerade beim Zufußgehen bin, wir gingen häufig in die Berge, auf der Suche nach der Vegetation, Fraktalfrau und ich. Fraktalfrau betrachtete Wurzeln, Blätter, Stauden, Blüten und Früchte, die man trinken oder essen kann, roh gekocht, gedünstet, gebraten, ganz egal, als Vegetation. Schade um die Schönheit, pflegte sie zu sagen, wenn sie vor einem blühenden Nieswurz stand, der auf das Nervensystem der Menschen eine Wirkung hat, für die Händler und Politiker monatelange heftige Kampagnen benötigen, stundenlange Fernseh- und Radiosendungen, Terabytes des Internetspaces, Quadratkilometer Papier und Tonnen von Geld. Sein Nervengift reizt zunächst, und dann paralysiert es das Nervensystem, der Mensch wird unempfindlich, lustlos und träge. Eine ähnliche Wirkung hat auf die Menschen auch das Fernsehen und das Zeitungslesen. Aber die Wirkung des Nieswurzes ist humaner, er tötet schneller. Das Fernsehen hält uns jahrzehntelang paralysiert, und erst dann tötet es uns.
    Im Frühjahr suchten wir auf den Wiesen der Region Gorski Kotar nach Vegetation. Im Frühsommer waren wir schon auf den Hochebenen, und im August pflückten wir Himbeeren, Erdbeeren und Brombeeren auf den Almen des Velebits, des Risnjaks und anderer Berge. Im Herbst stiegen wir in den Canyon des Flusses Krupa und in die Obstgärten der verlassenen Dörfer von Žumberak herab und naschten dort von den wilden Feigen und altertümlichen Birnen- und Apfelsorten.
    Aber dann fragte Gärtner jenen Typen vor dem Han-
shan: Sag mal, wie viele Anzüge kannst du in einer Stunde nähen?
    Der Typ blickte ihn verächtlich an und antwortete, dass er doch kein Malocher sei.
    Gärtner erwiderte darauf: Das sehe ich.
    Und führte ihn zur Müllhalde ab.
    Seitdem suchten wir nicht mehr nach Vegetation, und wir unterhielten uns auch immer seltener.
    Was würde sie über diese lärmenden Ohren hier sagen?
    Ich klopfte dem jungen Mann auf die Schulter. Er wandte sich um und sah mich übel

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