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Der Aufstand Der Ungenießbaren

Der Aufstand Der Ungenießbaren

Titel: Der Aufstand Der Ungenießbaren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edo Popovic
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Bekannten hatten damals ihre Einberufungsbefehle bekommen. Der eine war dem Befehl gefolgt und war in den Krieg gezogen, der andere hatte sich nach Slowenien verdrückt. Der erste kam mehr oder weniger unbeschadet nach Hause. Wenn man von der Schlaflosigkeit, von den allnächtlichen Albträumen, den Schweißanfällen, der Übelkeit, dem Zittern, den Panikattacken in geschlossenen Räumen mit vielen Menschen absieht.
    Der andere geriet ganz zufällig in einer Bar an der slowenisch-ungarischen Grenze in eine Schießerei, und heute sitzt er gelähmt im Rollstuhl. Und dann verfolgt ihn noch ein ständiges Gefühl von Wut und Neid, weil die Kugel in seinem Rücken und nicht in dem Rücken des Mannes am Nachbartisch gelandet war.
    Vida wusste nicht mehr, wo er hingehörte. Darum war er auf den Berg gekommen. In seinem eigenen Heim fühlte er sich nicht mehr zu Hause. Er ragte irgendwie heraus, man würde ihn beim Spiel »Den Eindringling aufspüren« sofort entdecken. Zagreb erschien ihm wie eine Einzelzelle mit abgestandener Luft, die er nicht einatmen konnte. Er hatte das Gefühl zu ersticken. Es kam ihm so vor, als würde ein Wesen in seinen Eingeweiden heranwachsen, das ihn von innen auffraß und so die Leere in ihm tiefer und größer machte. Er begann zu glauben, dass sein Leben nie erfüllter gewesen war als in jenen Jahren, die er an den Frontlinien verbracht hatte und in denen ihn jeden Moment eine Kugel oder ein Granatensplitter hätte erwischen können, als jeder Augenblick die gesamte Zeit der Welt in sich barg, die gesamte Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Soldaten haben im Krieg ein unglaublich gut entwickeltes Gespür für die Gegenwart, so wie Tiere. Sie leben zwischen zwei Wimpernschlägen, ohne sich dabei darum zu scheren, was morgen sein wird, ob es regnet, ob es kalt ist, welche Tages- und Jahreszeit herrscht, in welchem Jahr und welchem Jahrhundert all das geschieht – das alles sind Nebensächlichkeiten für Soldaten. Sie haben ihre eigene Welt erschaffen, in der es weder Platz für das Durchkauen von Erinnerungen noch für Zukunftspläne gibt, in der jede Sekunde eine Ewigkeit ist, in der sie nur atmen, schlafen, essen …
    Und das tun, wofür sie vom Steuerzahler bezahlt werden.
    Und dann war plötzlich alles weg.
    Als Vida aus dem Krieg nach Hause kam, hatte er den Eindruck, dass er jahrzehntelang fort gewesen war. Die Dinge dort standen auf dem Kopf. Seine Frau arbeitete, aber sie bekam kein Gehalt. Das Gebäude, in dem sie wohnten, befand sich nicht mehr in der Straße für die Opfer des Faschismus, sondern in der Straße der kroatischen Ritter. Sein ehemaliger Nachbar war plötzlich kein Taschendieb mehr, sondern Sekretär der regierenden Partei. Ein Bäcker war Verteidigungsminister, ein LKW-Fahrer Industrieller und ein Kellner Bauunternehmer. Die Journalistin einer Klatsch- und Tratsch-Rubrik war zur Premierministerin geworden. Ihr Stellvertreter war ein Pornohändler. Kriminelle wurden zu Geschäftsmännern, Kommunisten zu Kirchgängern, Faschisten zu Patrioten, Patrioten zu Verrätern.
    Hukeiverbres.
    Vida sah die ehemalige Klatsch- und Tratsch-Journalistin im Fernsehen. Sie sagte: Ich bin auf das Pferd gestiegen und habe die Zügel in die Hand genommen, und nun werde ich das Pferd in die richtige Richtung lenken. Oder: Das Pferd hinkt nicht, weil es verletzt ist, sondern es ist ein Zeichen für die Erholung unserer Wirtschaft.
    Und ähnlichen Blödsinn am laufenden Band.
    Dann machte man sie darauf aufmerksam, dass wegen des Pferdes ihre Popularität sinke – und sie legte eine andere Kassette ein, sie begann nun, über Schiffe zu sprechen: Unser Schiff fährt sicher … Unser Schiff ist auf einem guten Kurs … Ich halte das Steuer fest in meinen Händen …
    Vida knallte die Fernbedienung gegen den Fernseher. Seine Frau sagte: Lass das, es ist schade drum, dieses Fernsehgerät ist eines der wenigen Dinge in diesem Staat, die funktionieren.
    Vida verlor die Orientierung. Als hätte er einen kräftigen Schlag auf den Kopf bekommen. In seinem Kopf dröhnten Worte, deren Bedeutung sich verändert hatte, und es gelang ihm nicht, sich diese neuen Bedeutungen einzuprägen, sie mit Dingen zu verbinden, für die sie nach den neuen Regeln standen. Er verstand nicht, warum seine Frau zur Arbeit ging, ohne dafür ein Gehalt zu bekommen. Noch warum man die Sonderpolizei auf friedliche Demonstranten hetzte.
    Als könntet ihr den Regen verhindern, sagte ein junger Mann zu Vida.
    Sie standen sich

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