Der Aufstieg des Hotel Dumort
exotischen Inhalts präsentierte, die Magnus in die Finger bekommen hatte.
Den weitaus größten Raum nahmen allerdings die Bühne und die Tanzfläche ein, die momentan unter dem Stampfen der tanzenden Füße bebte. Morgen würde sie wieder geputzt und gewachst werden, sodass die Kratzer, die die Absätze von Dutzenden Tanzschuhen darin hinterlassen hatten, wie von Zauberhand verschwinden würden. Leichtfüßig schlüpfte Magnus zwischen den Tänzern hindurch, die fast alle so berauscht und in die Musik versunken waren, dass sie ihn gar nicht bemerkten. Er genoss die leichten (manchmal auch weniger leichten) Berührungen der herumwirbelnden Glieder und ausschlagenden Füße. Er genoss das Gefühl der Körperwärme um ihn herum und ließ sich von den wogenden Bewegungen der Menge mittreiben, die wie eine zusammenhängende, pulsierende Masse über die Tanzfläche schwappte.
Die kleine Vampirin war jung – höchstens sechzehn – und reichte Magnus gerade einmal bis zur Brust. Er beugte sich vor, bis sein Mund ihr Ohr erreichte.
»Kann ich dir vielleicht einen Drink spendieren?«, bot er an. »Ganz privat? In meinem kleinen Separee?«
Sie lächelte, woraufhin erneut die Spitzen ihrer Fangzähne zum Vorschein kamen.
Magnus fühlte sich schnell bestätigt – das spitzzahnige Lächeln war wohl eher nicht auf Hunger zurückzuführen. Bei Vampiren konnten die Fangzähne ein Stück hervortreten, wenn sie betrunken waren. Wie die Irdischen auch begaben sie sich dann oft auf die Suche nach salzigem Essen und amourösen Bekanntschaften.
»Hier entlang«, sagte er und schob einen Vorhang beiseite, hinter dem ein kurzer Korridor mit einer Tür am Ende zum Vorschein kam. Gleich hinter dem eigentlichen Club hatte Magnus sich einen kleinen und äußerst privaten Raum mit einer verzinkten Bar eingerichtet. Die Wände waren von großen Buntglasscheiben gesäumt, die von hinten mit elektrischem Licht beleuchtet wurden und auf denen Dionysos, der griechische Gott des Weins, abgebildet war. Hier bewahrte er die allerbesten und allerschlechtesten seiner Tropfen auf und hier ging er auch seinen privatesten Geschäften nach.
»Ich glaube nicht, dass wir uns schon einmal begegnet sind«, bemerkte er, als sie fröhlich auf einen Barhocker hopste und anfing, sich darauf um die eigene Achse zu drehen.
»Oh, ich weiß, wer Sie sind. Sie sind Magnus Bane.«
Sie sprach mit einem dieser New Yorker Akzente – blechern und schrill, wie eine blinkende Neonreklame -, an die Magnus sich immer noch nicht ganz gewöhnt hatte, obwohl er bereits seit einigen Monaten hier lebte. Ihre ziegenledernen Tanzschuhe waren an der Spitze abgewetzt und die Absätze schlammbespritzt. Und dann waren da auch noch einige andere Spritzer, über deren Herkunft Magnus lieber nichts wissen wollte. Mit diesen Schuhen ging sie zum Tanz und auf die Jagd.
»Und wie darf ich dich nennen?«
»Nennen Sie mich Dolly«, antwortete sie.
Magnus zog eine Flasche kalten Champagners aus einer großen, mit Eis gefüllten Wanne, in der noch mindestens sechzig weitere Flaschen dieser Sorte lagerten.
»Ich mag Ihren Club«, sagte Dolly. »Er hat Klasse.«
»Freut mich, dass du das so siehst.«
»Gibt ne Menge solcher Orte«, plapperte Dolly weiter, während sie mit der Hand in ein Glas mit Maraschino-Kirschen griff, das auf der Bar stand, und mit ihren langen (und vermutlich schmutzigen) Fingernägeln einige herausfischte. »Aber die tun nur so, als hätten sie Klasse, stimmt’s? Das hier sieht aus, als hätte es echt Klasse. Der Wein ist gut. Wie dieses Zeug hier.«
Sie zeigte auf den billigen Champagner, den Magnus gerade für sie eingoss. Die Flasche machte durchaus etwas her, so wie die restlichen in der Wanne auch, aber darin befand sich lediglich aufgeschäumter Fusel, der geschickt umgefüllt und neu verkorkt worden war. Vampire konnten jede Menge trinken, was ihre Gesellschaft recht kostspielig machte, und Magnus war sich sicher, dass Dolly den Unterschied nicht bemerken würde. Recht hatte er. Sie leerte mit dem ersten Zug gleich das halbe Glas und hielt es ihm dann zum Auffüllen hin.
»Also, Dolly«, sagte Magnus, während er ihr nachschenkte. »Mir ist es ja egal, was du so treibst, wenn du auf der Straße oder wo auch immer unterwegs bist. Meine Kundschaft liegt mir allerdings sehr am Herzen. Für mich gehört es gewissermaßen zum guten Service, sicherzustellen, dass unter meinem Dach niemand von Vampiren verspeist wird.«
»Ich bin nicht hier, um zu essen«,
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