Der Auftrag des Aeltesten
dich, Clovis. Wir nähern uns dem Strand.«
Roran wusste, dass er gewonnen hatte, als der Kapitän die Schultern sinken ließ und das wütende Funkeln aus seinen Augen verschwand. »Ach, die Pest möge dich holen, Hammerfaust! Ich bin kein Freund des Königs; ich bringe euch nach Teirm. Aber danach will ich nichts mehr mit euch zu tun haben.«
»Habe ich dein Wort, dass du dich nicht heimlich nachts davonstiehlst oder dir irgendeine andere List ausdenkst?«
»Ja, du hast mein Wort.«
Sand und Steine knirschten unter dem Rumpf der
Roten Bache
, als die Barke auf den Strand lief, flankiert von den beiden anderen Booten. Die endlose, rhythmische Brandung, die an den Strand schlug, klang wie der Atem eines gigantischen Seeungeheuers. Nachdem die Segel gerafft und die Laufplanken herausgeschoben waren, kamen Torson und Flint zur
Roten Bache
hinüber und wollten von Clovis wissen, was das alles zu bedeuten hatte.
»Wir haben den Plan ein wenig geändert«, erklärte der Kapitän.
Roran überließ es ihm, seinen Männern die Lage zu erklären und zu schildern, warum die Dorfbewohner Carvahall verlassen hatten. Er sprang auf den Strand und suchte in dem Gewühl der Leute nach Horst. Als er den Schmied gefunden hatte, nahm Roran ihn beiseite und berichtete ihm von den beiden Toten in Narda. »Wenn herauskommt, dass ich mit Clovis unterwegs bin, werden sie uns möglicherweise Soldaten hinterherschicken. Wir müssen die Leute so schnell wie möglich in die Boote schaffen.«
Horst starrte ihm in die Augen. »Du bist ein harter Mann geworden, Roran. Härter, als ich es jemals sein werde.«
»Mir blieb nichts anderes übrig.«
»Pass auf, dass du nicht vergisst, wer du bist.«
Die nächsten drei Stunden verbrachte Roran damit, das Hab und Gut der Dorfbewohner auf den Barken zu verstauen. Die Bündel mussten gesichert werden, damit sie sich nicht unversehens losrissen und jemanden verletzten, und man musste sie so auf die Gefährte verteilen, dass die Boote gleichmäßig im Wasser lagen, was gar nicht so leicht war, da Gewicht und Größe der Bündel variierten. Die Tiere ließen sich nur widerwillig an Bord treiben, wo man sie im Laderaum mit Stricken an Eisenringen festband, damit sie nicht herumspringen konnten.
Als Letztes kamen die Menschen, die wie der Rest der Fracht gleichmäßig auf die Laderäume verteilt wurden, damit sie die Barken nicht zum Kentern brachten. Clovis, Torson und Flint standen am Bug ihrer Boote und brüllten den Dorfbewohnern Befehle zu.
Was ist denn jetzt schon wieder los?
, fragte sich Roran, als er am Strand einen lautstarken Streit hörte. Er schob sich durch die Menge und sah Calitha vor ihrem Stiefvater Wayland stehen und auf den Greis einreden.
»Nein! Ich gehe nicht an Bord dieses Seelenverkäufers! Nie im Leben!«, zeterte Wayland. Er schlug mit seinen welken Armen um sich und versuchte, sich von Calitha loszureißen. Spucke flog ihm aus dem Mund. »Lass mich los, sag ich! Lass mich los!«
Calitha zuckte unter den Schlägen zusammen. »Er ist außer sich, seit wir auf dem Strand sind.«
Es wäre besser für alle gewesen, wenn er im Buckel gestorben wäre, bei all dem Ärger, den er ständig verursacht
, dachte Roran. Er ging zu Calitha, und gemeinsam gelang es ihnen, den Greis so weit zu beruhigen, dass er nicht mehr herumbrüllte und um sich schlug. Als Belohnung gab Calitha ihm ein Stück Dörrfleisch, das schlagartig seine ganze Aufmerksamkeit in Anspruch nahm. Während Wayland zufrieden auf dem Fleisch herumkaute, führten Roran und Calitha ihn an Bord der
Edeline
und setzten ihn in eine abgelegene Ecke, wo er niemanden belästigen konnte.
»Bewegt eure Hintern, ihr Landratten!«, brüllte Clovis. »Die Ebbe setzt gleich ein. Hopp, hopp!«
Endlich wurden die Laufplanken eingezogen, und vor jeder Barke blieben rund zwanzig Männer auf dem Strand stehen und machten sich daran, die Boote ins Wasser zurückzuschieben.
Roran leitete die Gruppe an der
Roten Bache.
Sie sangen im Chor, während er und sein Trupp sich gegen die riesige Barke stemmten. Der graue Sand knirschte unter ihren Füßen, Holz und Taue knarrten und der Geruch von Schweiß erfüllte die Luft. Einen Moment lang schien ihre Mühe vergebens, aber dann ruckte die Barke einen Fußbreit zurück.
»Noch mal!«, brüllte Roran. Fuß um Fuß schoben sie das Boot weiter ins Meer, bis das kalte Nass ihre Hüften umspülte. Eine Welle schlug über Roran zusammen und er bekam einen Schwung Meerwasser in
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