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Der Auftrag des Aeltesten

Der Auftrag des Aeltesten

Titel: Der Auftrag des Aeltesten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Paolini
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wo er früher nichts erkannt hätte. Er konnte ein Blatt anfassen und allein durch die Berührung die einzelnen Härchen zählen, die darauf wuchsen. Er konnte die verschiedenen Gerüche in der Luft genauso gut identifizieren wie ein Wolf oder ein Drache. Und er konnte das Trippeln der Mäuse im Unterholz hören und wenn ein Schmetterling auf der Erde landete. Sein Herzschlag kam ihm wie ein unendlicher Trommelwirbel vor.
    Sein zielloses Umherwandern führte ihn in einiger Entfernung am Menoa-Baum vorbei. Er blieb stehen und schaute zu Saphira hinüber, die zwischen den Gästen hockte.
    Wo gehst du hin, Kleiner?,
 fragte sie ihn.
    Er sah, wie sich Arya neben ihrer Mutter erhob, durch die Menge ging und wie ein Waldgeist zwischen den Bäumen verschwand. 
Ich gehe spazieren,
 antwortete er und lief Arya nach.
    Eragon folgte dem Kiefernduft ihres Haars, ihren federleichten Schritten und den zarten Luftwirbeln in ihrem Windschatten. Er fand sie am Rande einer einsamen Lichtung, wo sie an einem Baum lehnte und den Lauf der Sterne am Himmel beobachtete.
    Als Eragon aus dem Unterholz trat, schaute Arya ihn an, und es kam ihm vor, als sähe sie ihn zum ersten Mal. Ihre Augen weiteten sich und sie flüsterte: »Bist du das, Eragon?«
    »Ja.«
    »Was haben sie aus dir gemacht?«
    »Ich weiß es nicht.«
    Er trat neben sie, und sie schlenderten gemeinsam weiter durch den dichten Wald, in den noch immer Musik und Stimmen von der Feier herüberklangen. Nach seiner Verwandlung war sich Eragon Aryas Gegenwart besonders intensiv bewusst - des Kleiderraschelns auf ihrer Haut, ihres entblößten Nackens und ihrer langen, geölten Wimpern, die aussahen wie regennasse schwarze Blüten.
    Sie blieben am Ufer eines schmalen Bachs stehen, der so klar war, dass man ihn fast nicht sah. Nur das leise Wasserplätschern verriet seine Gegenwart. Mit ihren herabhängenden Ästen bildeten die Bäume um sie herum eine kleine Höhle, die Eragon und Arya vor der Welt verbarg und die Geräusche des Waldes verschluckte.
    An diesem abgelegenen Ort fühlte Eragon sich Arya plötzlich so nahe, dass seine ganze Leidenschaft für sie aus ihm hervorbrach. Er war so berauscht von der Kraft und Vitalität in seinen Adern - und von der Magie, die den Wald erfüllte -, dass er alle Vorsicht vergaß und zärtlich hauchte: »O Arya Svit-kona.« Unter normalen Umständen hätte er das, was er als Nächstes sagen würde, als größtmögliche Dummheit empfunden, aber in einer verrückten magischen Nacht wie dieser war alles möglich.
    Sie verkrampfte sich. »Eragon...«
    Er ignorierte ihre Mahnung. »Arya, ich würde alles dafür tun, um dich für mich zu gewinnen. Ich würde dir bis ans Ende der Welt folgen. Ich würde dir mit bloßen Händen einen Palast bauen. Ich würde -«
    »Wirst du endlich aufhören, mich zu umwerben? Versprichst du mir das?« Als er nicht reagierte, trat sie zu ihm heran und sagte leise und sanft: »Eragon, es kann nicht sein. Du bist jung und ich bin alt und das wird sich niemals ändern.«
    »Empfindest du denn gar nichts für mich?«
    »Meine Gefühle für dich«, sagte sie, »sind rein freundschaftlicher Natur. Ich bin dir dankbar, dass du mich in Gil’ead befreit hast, und ich finde deine Gesellschaft angenehm. Aber das ist alles... Hör auf, dir Hoffnungen zu machen. Es wird dir nur wehtun. Suche dir eine Frau in deinem Alter, jemanden, der besser zu dir passt.«
    Ihm standen Tränen in den Augen. »Wie kannst du nur so grausam sein?«
    »Ich bin nicht grausam, nur ehrlich. Du und ich, wir sind nicht füreinander bestimmt.«
    In seiner Verzweiflung schlug er ihr vor: »Du könntest deine Erinnerungen auf mich übertragen, dann hätte ich genauso viel Wissen und Lebenserfahrung wie du.«
    »Das wäre ein Frevel.« Arya hob das Kinn. Ihre Züge waren ernst und abweisend. Härte lag in ihrer Stimme: »Hör zu, Eragon. Wir werden niemals zusammen sein, verstehst du? Bis du das begriffen hast, wird unsere Freundschaft ruhen, denn deine Gefühle lenken dich bloß von deinen Pflichten ab.« Sie verneigte sich. »Lebe wohl, Eragon Schattentöter.« Dann wandte sie sich um und verschwand zwischen den Bäumen.
    Jetzt rannen Eragon die Tränen übers Gesicht und fielen hinunter aufs Moos, wo sie nicht versickerten, sondern dalagen wie auf smaragdfarbenem Samt verstreute Perlen. Wie betäubt setzte Eragon sich auf einen umgestürzten Baumstamm, schlug die Hände vors Gesicht und weinte darüber, dass Arya ihn niemals erhören würde und dass er

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