Der Auftrag des Aeltesten
das Gerede darüber gehört, aber ich -«
Roran schlug die Tür laut hinter sich zu, als er die Kajüte verließ. Einen Moment lang ließ er seinen Zorn in sich wüten und genoss es sogar, ihm freien Lauf zu lassen, dann riss er sich zusammen und drängte seine aufgewühlten Gefühle zurück in den hintersten Winkel seines Bewusstseins. Er ging zu Feldas Zelt. Dort traf er Mandel an, der gerade ein Jagdmesser in einen Baumstumpf warf.
Felda hat Recht. Jemand muss mit dem Burschen reden. »
Du verschwendest deine Zeit«, sagte Roran.
Mandel fuhr überrascht herum. »Wie meinst du das?« »In einem echten Kampf würdest du dir eher ein Auge ausstechen als deinen Gegner verletzen. Wenn du nicht die genaue Entfernung zwischen dir und deinem Ziel kennst...« Roran zuckte mit den Schultern. »Du könntest genauso gut mit Steinen werfen.«
In seinem Stolz verletzt, gab Mandel sich stur. »Gunnar hat mir von einem Mann aus Cithrí erzählt, der bei acht von zehn Versuchen eine vorbeifliegende Krähe mit dem Messer trifft.«
»Und die beiden anderen Male erwischt es dich. Man darf im Kampf nicht seine Waffe fortwerfen.« Roran hob die Hand, um Mandels Einwänden zuvorzukommen. »Pack dein Zeug zusammen und sei in fünfzehn Minuten auf dem Hügel hinterm Bach! Ich habe beschlossen, dich nach Teirm mitzunehmen.«
»Jawohl, Hammerfaust!« Mit einem begeisterten Grinsen im Gesicht stürmte Mandel ins Zelt und packte seine Siebensachen.
Als Roran ging, kam ihm Felda entgegen. Sie trug ihre jüngste Tochter auf der Hüfte. Feldas Blick wanderte zwischen ihm und Mandels Aktivitäten im Zelt hin und her und ihre Miene verdüsterte sich. »Pass auf ihn auf, Hammerfaust.« Sie setzte ihre Tochter auf dem Boden ab und half Mandel, die nötigen Sachen zusammenzusuchen.
Roran traf als Erster auf dem verabredeten Hügel ein. Er setzte sich auf einen hellen Felsen und schaute aufs Meer hinaus, während er sich innerlich für die bevorstehende Aufgabe wappnete. Als Loring, Gertrude, Birgit und ihr Sohn Nolfavrell eintrafen, stand Roran auf und sagte: »Wir müssen auf Mandel warten. Er kommt auch mit.«
»Wieso denn?«, wollte Loring wissen.
Auch Birgit war nicht begeistert. »Ich dachte, wir hätten verabredet, dass niemand anderes mitkommen soll. Schon gar nicht Mandel, da man ihn in Narda gesehen hat. Es ist gefährlich genug, dich und Gertrude dabeizuhaben, und Mandel erhöht nur das Risiko, dass uns jemand erkennt.«
»Das Risiko gehe ich ein.« Roran schaute jedem Einzelnen in die Augen. »Es ist wichtig, dass er mitkommt.« Am Ende gaben sie sich geschlagen und gemeinsam mit Mandel marschierten sie nach Süden los, in Richtung Teirm.
TEIRM
D ie Küstenlinie bestand aus niedrigen, sanft geschwungenen Hügeln, auf denen üppige Gräser und gelegentlich Weißdornbüsche, Weidenbäume und Pappeln wuchsen. Der aufgeweichte Boden sank unter ihren Schritten ein und erschwerte ihnen das Vorankommen. Zu ihrer Rechten lag die glitzernde See, zu ihrer Linken erstreckten sich die purpurnen Umrisse des Buckels. Wolken und Nebelschleier hingen über den zahllosen schneebedeckten Gipfeln.
Während Rorans Trupp an den Gebäuden vorbeischlich, die Teirm umgaben - einige unabhängige Bauernhöfe und andere riesige Anwesen -, passten sie auf, dass niemand sie sah. An der Straße, die Narda und Teirm verband, rannten sie schnell auf die andere Seite und zogen einige Meilen weiter nach Osten, in Richtung der Berge, bevor sie sich wieder nach Süden wandten. Als sie sich sicher waren, die Stadt umrundet zu haben, marschierten sie wieder aufs Meer zu, bis sie die aus Süden kommende Straße erreichten.
Auf der
Roten Bache
war Roran eingefallen, dass die Behörden in Narda vielleicht darauf gekommen waren, dass die Mörder der beiden Stadtwachen unter den Männern zu finden sein könnten, die auf Clovis’ Barken in See gestochen waren. Sollte es so sein, könnten Kuriere den Soldaten in Teirm Anweisung gegeben haben, nach diesen Männern Ausschau zu halten. Und falls die Ra’zac in Narda gewesen waren, wussten die Soldaten, dass sie nicht bloß nach einem beliebigen Mörder Ausschau hielten, sondern nach Roran Hammerfaust und den Flüchtlingen aus Carvahall. Teirm konnte eine Falle sein. Und doch konnten sie die Stadt nicht umgehen, denn die Dorfbewohner brauchten frischen Proviant und wenn möglich eine neue Schiffspassage.
Roran hatte befunden, dass der beste Schutz vor Gefangennahme darin bestand, niemanden nach Teirm zu
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