Der Auftrag des Aeltesten
Sorgen aus seinem Antlitz getilgt hatte. Eragon hatte Ajihad nur kurze Zeit gekannt, aber in diesen wenigen Wochen hatte er für ihn den größten Respekt entwickelt, sowohl für den Menschen als auch für das, wofür er einstand: die Befreiung von der Tyrannei. Außerdem war Ajihad der Erste gewesen, der Eragon und Saphira nach ihrer Flucht aus dem Palancar-Tal sicheren Unterschlupf gewährt hatte.
Ergriffen überlegte Eragon, mit welchen Worten er seine Gedanken und Gefühle ausdrücken konnte. Schließlich flüsterte er mit belegter Stimme: »Man wird sich an dich erinnern, Ajihad. Das schwöre ich. Ruhe in Frieden, in der Gewissheit, dass Nasuada dein Werk fortführen und das Imperium zu Fall bringen wird.« Als er spürte, wie Saphira seinen Arm berührte, trat er mit ihr von der Plattform herab, sodass Jörmundur seinen Platz einnehmen konnte.
Nachdem der Letzte dem Toten seine Aufwartung gemacht hatte, beugte sich Nasuada zu Ajihad herab und ergriff sanft, aber bestimmt die Hand ihres Vaters. Mit einem traurigen Seufzer begann sie, in einer seltsam klingenden Sprache zu singen, und ihr Wehklagen erfüllte die kleine Höhle.
Schließlich kamen zwölf Zwerge und schoben eine Marmorplatte über Ajihads emporblickendes Gesicht. Dann war er verschwunden.
TREUESCHWUR
E ragon gähnte und hielt sich die Hand vor den Mund, während die Leute in das unterirdische Amphitheater strömten. Ein lautes Stimmengewirr erfüllte das weitläufige Halbrund, denn alle sprachen über das soeben zu Ende gegangene Begräbnis.
Eragon saß in der untersten Reihe, auf einer Höhe mit dem Podium, neben ihm Orik, Arya, Hrothgar, Nasuada und der Ältestenrat. Saphira stand auf den Stufen, die zu den oberen Sitzreihen hinaufführten. Orik beugte sich zu Eragon hinüber und sagte: »Seit Korgan wurde jeder unserer Könige an diesem Ort gewählt. Es schickt sich, dass die Varden es uns nachtun.«
Noch wissen wir nicht, ob diese Machtübergabe friedlich über die Bühne gehen wird
, dachte Eragon
.
Er wischte sich die letzten Tränen aus den Augen; die Begräbniszeremonie hatte ihn zutiefst berührt.
Doch plötzlich machte seine Trauer beklommener Unruhe Platz. Er war nicht sicher, welche Rolle er bei dem bevorstehenden Ereignis spielen würde. Selbst wenn alles gut ginge, waren er und Saphira im Begriff, sich einflussreiche Feinde zu machen. Unwillkürlich legte er die Hand um den Schwertgriff.
Es dauerte eine Weile, bis sich das Amphitheater gefüllt hatte. Dann trat Jörmundur aufs Podium und sprach: »Volk der Varden! Das letzte Mal fanden wir uns vor fünfzehn Jahren hier ein, nach Deynors Tod. Sein Nachfolger, Ajihad, kämpfte mehr als jeder andere zuvor gegen das Imperium und Galbatorix. Er gewann zahllose Schlachten gegen überlegene Streitmächte. Beinahe hätte er Durza getötet, brachte dessen Klinge immerhin eine Scharte bei. Und es war seine größte Tat, den Drachenreiter Eragon und Saphira in Tronjheim willkommen zu heißen. Nun jedoch müssen wir einen neuen Anführer wählen, einen, der womöglich noch größere Ruhmestaten vollbringt.«
Jemand, der weit oben saß, rief: »Schattentöter!«
Eragon versuchte, nicht zu reagieren - er sah mit Genugtuung, dass Jörmundur nicht mit der Wimper zuckte. Der Varde sagte: »Vielleicht irgendwann einmal, aber im Moment hat Eragon andere Aufgaben und Pflichten. Der Ältestenrat hat lange darüber nachgedacht: Wir brauchen jemanden, der unsere Bedürfnisse und Wünsche versteht, jemanden, der mit uns gelebt und gelitten hat. Jemanden, der es ablehnte zu fliehen, auch noch, als die Schlacht unmittelbar bevorstand.«
In diesem Moment spürte Eragon, wie sich die Erkenntnis unter den Zuhörern ausbreitete. Der Name kam als ein Flüstern aus tausenden von Kehlen und wurde schließlich von Jörmundur selbst ausgesprochen: »Nasuada.« Mit einer Verbeugung trat Jörmundur beiseite.
Als Nächste kam Arya. Ihr Blick wanderte über das gespannt wartende Publikum, dann sagte sie: »Heute Abend ehren die Elfen Ajihad... und im Namen von Königin Islanzadi billige ich Nasuadas Ernennung und biete ihr dieselbe Unterstützung und Freundschaft an, die wir ihrem Vater entgegenbrachten. Mögen die Sterne über sie wachen!«
Hrothgar trat nun aufs Podium und verkündete knapp: »Auch ich befürworte Nasuada, ebenso die Clans.« Damit machte er Platz für den nächsten Redner.
Eragon war an der Reihe. Er stand vor dem Publikum, alle Blicke auf ihn und Saphira gerichtet, und sagte:
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