Der Auftrag des Aeltesten
auf dich sein. Es war eine Heldentat, die eines Vrael würdig gewesen wäre.« Sie neigte sich zu ihm herüber. Sein Herz schlug schneller, als ihn ihr schweres, nach Moschus und einem Hauch exotischer Gewürze duftendes Parfüm umwehte. »Hast du schon die Lieder gehört, die man dir zu Ehren komponiert hat? Die Varden singen sie jeden Abend an ihren Feuerstellen. Sie sagen, du wärst gekommen, um Galbatorix den Thron zu entreißen!«
»Nein«, widersprach Eragon schnell. Das war ein Gerücht, das er auf keinen Fall tolerieren konnte. »Die Leute mögen das sagen, aber so ist es nicht. Was immer mein Schicksal sein mag, ich strebe nicht nach der Herrschaft.«
»Wie klug von dir. Was ist ein König schon? Nur ein Gefangener seiner Pflichten. Es wäre ein armseliger Lohn für den letzten freien Reiter und seinen Drachen. Nein, du musst unabhängig sein und tun können, was du willst und, im weiteren Sinne, Alagaësias Zukunft gestalten.« Sie machte eine Pause. »Hast du eine Familie?«
Was?
»Nur einen Cousin.«
»Du bist auch nicht verlobt?«
Die Frage traf ihn völlig unvorbereitet. Das hatte noch niemand von ihm wissen wollen. »Nein, ich bin nicht verlobt.«
»Aber es muss doch eine geben, an der dir etwas liegt.« Sie kam noch einen Schritt näher und ihr weiter Ärmel streifte seinen Arm.
»Ich war in Carvahall mit niemandem verbandelt«, stotterte er, »und seitdem bin ich auf Reisen.«
Trianna wich wieder ein Stück zurück, dann hob sie die Hand mit dem Schlangen-Armreif auf Augenhöhe. »Gefällt sie dir?«, wollte sie wissen. Eragon blinzelte und nickte, obwohl die Schlange eigentlich eher Furcht erregend aussah. »Ich nenne sie Lorga. Sie ist meine Vertraute und Beschützerin.« Sie beugte sich vor und pustete auf den Reif, dann murmelte sie:
»Sé orúm Thornessa hávr Sharjalví lífs.«
Unter trockenem Rascheln erwachte die Schlange zum Leben. Eragon beobachtete fasziniert, wie sich das Wesen um Triannas bleichen Arm schlängelte, sich dann aufrichtete und ihn mit zischelnder Zunge aus rubinroten Augen ansah. Die Augen schienen sich zu weiten, bis sie so groß wie Eragons Faust waren. Ihm war, als würde er in ihre unendlichen Tiefen hineingesogen; er konnte den Blick nicht abwenden, wie sehr er es auch versuchte.
Dann, auf ein Wort der Zauberin hin, erstarrte die Schlange wieder zu ihrer ursprünglichen Form. Trianna lehnte sich an die Wand und seufzte müde. »Die meisten Leute begreifen nicht, was wir Zauberkundigen tun. Aber ich wollte dich wissen lassen, dass es noch andere gibt wie dich und dass wir dir helfen, wenn wir können.«
Einem plötzlichen Impuls folgend, legte Eragon die Hand auf die ihre. Er hatte sich einer Frau noch nie in dieser Weise genähert, doch irgendein Instinkt trieb ihn jetzt dazu und ließ ihn jedes Risiko vergessen. Es war aufregend und beängstigend zugleich. »Wenn du willst, könnten wir zusammen essen. Ganz in der Nähe ist eine Küche.«
Sie legte die andere Hand auf seine. Ihre Finger waren kühl und weich, ganz anders als die schwieligen Hände, die er gewohnt war. »Das wäre schön. Sollen wir -«
Trianna stolperte einen Schritt nach vorn, als plötzlich hinter ihr die Tür aufflog. Sie wirbelte herum, nur um erschrocken zusammenzufahren, als sie sich Auge in Auge mit Saphira wiederfand.
Der Drache rührte sich nicht, hob nur langsam die Lefzen und entblößte eine Reihe spitzer Zähne. Dann folgte ein markerschütterndes, unheilvolles Knurren, das eine geschlagene Minute lang an- und abschwellte und im Gang widerhallte. Es klang wie eine schauerliche Schimpftirade, die das Mauerwerk erbeben ließ.
Eragon funkelte sie unterdessen die ganze Zeit über böse an.
Trianna krallte sich mit beiden Fäusten in ihr Kleid, sodass sie beinahe den Stoff zerriss. Sie war kreidebleich und völlig verängstigt. Nach einem hastigen Knicks vor Saphira machte sie auf dem Absatz kehrt und ergriff die Flucht. Als wäre nichts geschehen, hob Saphira jetzt angelegentlich einen Vorderfuß und leckte sich die Klaue.
Fast hätte ich die Tür nicht aufbekommen,
sagte sie naserümpfend.
Eragon konnte nicht länger an sich halten.
Was fällt dir ein
,
dich in meine Angelegenheiten einzumischen!,
fuhr er sie an.
Du brauchtest meine Hilfe
, sagte sie seelenruhig.
Ich hätte schon gerufen, wenn ich deine Hilfe gebraucht hätte! Schrei mich nicht an,
fauchte sie unvermittelt und ließ die Kiefer unüberhörbar zusammenklappen. Er konnte spüren, dass es in
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