Der Auftrag: Thriller (German Edition)
Waffe gegeben hatte, ging es um Hunderte von Schüssen. Eine gewaltige Feuerkraft. Da die meisten Kugeln anscheinend im Boden gelandet waren, würde das FBI eine ziemlich genaue Schätzung hinbekommen. Aber das beantwortete nicht die bei Weitem wichtigere Frage. Wie genau war jemand so nahe herangekommen, um solch einen Angriff durchzuführen?
Stone stand auf, schaute aus dem Fenster und stellte im Geist die Topografie der Gegend um den Park zusammen. Nördlich und westlich entlang der H Street befanden sich das Gebäude der amerikanischen Handelskammer und das altehrwürdige Hay-Adams-Hotel. Im Nordosten lag die St. John’s Church. Dahinter erhoben sich Bürogebäude und Büros der Bundesregierung. Wenn er sich recht erinnerte, verfügte das Hay-Adams über einen Dachgarten. Und es war höher als die Kirche. Und Höhe war wichtig, um die Flugbahnen der Kugeln zu erklären.
Stone ging zur nächsten Frage weiter. Warum haben sie mich zum NIC gebracht? Nur wegen meiner Beobachtungen? Es waren andere Leute dort, die ihnen genau dasselbe wie ich berichten könnten. Es muss einen anderen Grund geben. Günstige Winde und nachlaufende See?
Stone schaute aus dem Fenster und sah, dass eine andere schwarze Limousine vor dem Friedhofstor hielt. Als die Insassen ausstiegen, musterte er sie. FBI, dachte er. Die Agenten vom Bureau gaben mehr für ihre Kleidung aus. Stone bezweifelte, dass sie kamen, um ihn zu einem Flugzeug nach Mexiko zu bringen. Der Präsident würde das FBI nicht in so eine Sache verwickeln. Zu viele gesetzliche Hindernisse. Die Bundesbehörde neigte dazu, die Buchstaben des Gesetzes zu befolgen. Und der FBI-Direktor war mächtig genug, um dem Präsidenten einen Wunsch abzuschlagen. Vielleicht hatte die Gleichung sich erneut verändert.
Und diesmal vielleicht zu meinen Gunsten.
Als die vier Personen näher kamen, erkannte Stone, dass seine erste Beobachtung richtig war. Er hatte gerade am Finger eines der Männer den Ring der FBI Academy gesehen. Es war auch eine Frau bei ihnen. Stone glaubte nicht, dass sie beim FBI war. Wenn er jedes äußere Merkmal berücksichtigte – von den Zähnen über die Gesichtsstruktur bis hin zum Gang –, kam er zum Schluss, dass sie Engländerin war. Höchstwahrscheinlich MI6. Beauftragt mit Geheimdiensttätigkeiten im Ausland.
Wenn der britische Premierminister das Ziel gewesen war, ergab das natürlich Sinn. Die Frau hatte den Premier möglicherweise auf seiner Reise begleitet. Oder sie war hier stationiert. Oder sie war heute erst in die USA geflogen, hatte gegen vierzehn Uhr eine Maschine genommen und war etwa zur gleichen Zeit hier eingetroffen. So, wie es aussah, hielt Stone die letzte Möglichkeit für die wahrscheinlichste.
Und es war ziemlich klar, weshalb die Frau und die Männer hier waren. Die Kugeln waren eine Sache, aber die Bombe hatte jemanden in die Luft sprengen sollen, und Stone ging nicht davon aus, dass es sich dabei um einen übergewichtigen Jogger handelte. Und nun glaubten sie, Stone könne ihnen irgendwie helfen, die Wahrheit herauszufinden.
Die reinste Ironie, dachte er. Die Wahrheit.
Er behielt sie im Auge, als sie sich seinem Häuschen näherten.
KAPITEL 9
Die Frau war tatsächlich beim MI6. Ihr Name lautete Mary Chapman. Aus der Nähe betrachtet stellte sich heraus, dass sie Mitte dreißig war, eins fünfundsiebzig groß, mit schulterlangem, schmutzig blondem Haar, das von einer Spange gehalten wurde, und durchdringenden, lebhaften dunkelgrünen Augen. Sie hatte ein kleines Kinn und dünne Lippen. Ihre Figur war schlank, fast drahtig, ihre nackten Waden muskulös. Ihre Finger waren lang, ihr Griff wie ein Schraubstock. Nach Stones Meinung war das Gesicht klassisch, aber nicht besonders attraktiv. Man würde sie niemals als »süß« bezeichnen. Selbstsicher, vielleicht sogar einschüchternd, aber niemals süß.
»Wie war der Flug über den großen Teich? Haben Sie keinen Jetlag?«, fragte Stone, nachdem die Besucher sich ihm vorgestellt und vor dem Kamin Platz genommen hatten.
Chapman warf Stone einen Blick zu und glättete dann umständlich eine Falte in ihrer Kostümjacke. »Keine verdammten Betten in einem Flugzeug, nicht mal bei der guten alten British Air.« Aus ihrem Akzent und ihren Worten hörte Stone Bescheidenheit und einen Sinn für Humor heraus.
»Man muss viel von Ihnen halten, dass man Sie über fast fünftausend Kilometer hierhergeflogen hat. Das MI6 hat eine ständige Niederlassung hier in Washington, nicht
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