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Der Auftraggeber

Der Auftraggeber

Titel: Der Auftraggeber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Silva
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nicht, daß du etwas im Kopf hast, das dich in eine kompromittierende Situation bringen könnte.«
    »Du hast mich geholt, weil ich weiß, was ich tue, Gabriel. Erzähl mir von ihm.«
    »Er heißt Jusef. Er ist in Beirut aufgewachsen.«
    »Wo in Beirut?«
    »Schatila.«
    »O Gott«, sagte sie und schloß die Augen.
    »Seine Eltern sind achtundvierzig als Flüchtlinge in den Libanon gekommen. Sie haben in dem Araberdorf Lydda gelebt, sind aber während des Kriegs geflüchtet. Nachdem sie einige Zeit im Süden gelebt hatten, sind sie auf der Suche nach Arbeit nach Beirut und dort ins Lager Schatila gekommen.«
    »Wie ist er von dort nach London gelangt?«
    »Ein Onkel hat ihn zu sich nach England geholt. Er hat dafür gesorgt, daß der Junge eine gute Schulbildung bekam und perfekt Englisch und Französisch lernte. Und er hat ihn jedes Jahr auf Heimaturlaub in den Libanon geschickt. Jusef ist ein politischer Radikaler geworden. Seiner Überzeugung nach haben Arafat und die PLO kapituliert. Er unterstützte die Palästinenserführer, die den Krieg fortsetzen wollten, bis Israel von der Landkarte getilgt ist. So ist Tariqs Organisation auf ihn aufmerksam geworden. Er gehört ihr seit einigen Jahren als  aktives Mitglied an.«
    »Klingt charmant.«
    »Das ist er tatsächlich.«
    »Irgendwelche Hobbys?«
    »Er liebt palästinensische Lyrik und europäische Frauen. Und  er hilft Tariq, Israelis zu morden.«
    Gabriel bog von der Fernstraße auf eine Nebenstraße ab, die nach Osten in die Berge hineinführte. Sie fuhren durch ein schlafendes Dorf, hinter dem die Asphaltstraße aufhörte, und folgten einem unbefestigten Weg mit tiefen Fahrspuren unter kahlen, tropfnassen Platanen. Auf diesem Weg blieb er, bis er ein schief in den Angeln hängendes Holztor entdeckte, das zu einem gerodeten Stück Land führte. Er hielt an, stieg aus und stieß das Tor so weit auf, daß der Peugeot hindurchpaßte. Dann fuhr er auf die Lichtung und stellte den Motor ab, ließ aber die Scheinwerfer brennen. Er griff in Jacquelines Umhängetasche und nahm ihre Beretta und ein Reservemagazin heraus. Als nächstes riß er von einem ihrer luxuriösen Modejournale den vorderen und hinteren Umschlag ab.
    »Steig aus.«
    »Es regnet.«
    »Macht nichts.«
    Gabriel stieg aus und ging zehn Meter über den vom Regen aufgeweichten Boden zu einem Baum, an dem die Überreste eines Schilds Betreten verboten! an einem verbogenen rostigen Nagel hingen. Er drückte die Titelseite des Modejournals über den Nagelkopf und kam zu dem Wagen zurück. Jacqueline stand als Silhouette im Scheinwerferlicht: ihre Kapuze als Regenschutz hochgeklappt, die Arme verschränkt. Die einzigen Geräusche waren das Knacken des Autokühlers und das ferne Kläffen eines Hundes auf einem Bauernhof. Gabriel zog das Magazin aus der Beretta, überzeugte sich davon, daß die Kammer leer war, und drückte Jacqueline die Pistole samt Magazin in die Hand.
    »Ich muß wissen, ob du noch damit umgehen kannst.«
    »Aber ich kenne die Frau auf dem Umschlag!«
    »Schieß ihr ins Gesicht.«
    Jacqueline rammte das Magazin in den Griff der Beretta und schlug den Magazinboden gegen ihren Handballen, um sicher zu gehen, daß es eingerastet war. Sie trat einen Schritt vor, stand mit leicht gebeugten Knien da, hob die Pistole und drehte ihren Körper etwas zur Seite, um der imaginären Gegnerin ein kleineres Ziel zu bieten. Dann schoß sie ohne Zögern rhythmisch und gleichmäßig, bis das Magazin leer war.
    Als Gabriel das Knallen der kleinen Pistole hörte, fühlte er sich plötzlich ins Treppenhaus eines Apartmentgebäudes in Rom zurückversetzt. Jacqueline ließ die Beretta sinken, zog das Magazin heraus und überprüfte, ob die Kammer leer war. Dann warf sie die Pistole Gabriel zu und sagte: »So, jetzt bist du an der Reihe.«
    Gabriel steckte die Pistole in seine Jackentasche und trat an den Baum, um ihr Trefferergebnis zu kontrollieren. Nur ein Schuß war danebengegangen; die Treffer saßen alle dicht nebeneinander rechts oben. Er riß die Titelseite ab, hängte die hintere Umschlagseite auf und gab Jacqueline die Beretta zurück. »Noch mal, aber diesmal gehst du darauf zu, während du schießt.«
    Jacqueline rammte das zweite Magazin in die Beretta, zog den Schlitten zurück und ging auf die Scheibe zu, während sie einen Schuß nach dem anderen abgab. Der letzte fiel fast aus Kernschußweite. Sie riß das Blatt herunter, drehte sich damit um und hielt es so hoch, daß das Scheinwerferlicht

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