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Der aufziehende Sturm

Der aufziehende Sturm

Titel: Der aufziehende Sturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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gezogen. Sie erweckte immer den Eindruck, als würde sie sich über etwas Sorgen machen. Aber vielleicht waren das ja auch nur die Zeiten, in denen sie lebten. Das Licht allein wusste, dass sie genug hatten, worüber sie sich Sorgen machen konnten.
    Miyasi war da ruhiger; ihr Kopf wurde von einem eisengrauen Haarknoten geschmückt. Ihr Aes Sedai-Gesicht verriet nichts von den vielen Jahren, die sie erlebt haben musste, damit ihr Haar so grau werden konnte. Sie war hochgewachsen und mollig, und sie wollte ihre Walnüsse auf eine ganz bestimmte Weise geschält haben. Keine zerbrochenen Stücke, sondern nur unversehrte Hälften. Egwene zog vorsichtig eine aus der Schale, die sie gerade geknackt hatte, und reichte sie herüber; der kleine braune Klumpen war voller Windungen, wie das Gehirn eines kleinen Tieres.
    »Was hattet Ihr noch einmal gefragt, Ferane?«, entgegnete Egwene, knackte die nächste Nuss und warf die Schalen in den Eimer zu ihren Füßen.
    Die Weiße bedachte ihre unschickliche Erwiderung kaum mit einem Stirnrunzeln. Langsam gewöhnten sich alle an die Tatsache, dass sich diese »Novizin« nur selten so verhielt, wie es ihrem angeblichen Status zukam. »Ich fragte«, sagte Ferane kühl, »was Ihr anstelle der Amyrlin getan hättet. Betrachtet das als Teil Eures Unterrichts. Ihr wisst, dass der Drache wiedergeboren wurde, und wir wissen auch, dass die Burg ihn kontrollieren muss, damit die Letzte Schlacht wie gewünscht verläuft. Wie würdet Ihr mit ihm umgehen?«
    Eine seltsame Frage. Sie klang so gar nicht nach »Unterricht«. Aber Feranes Tonfall ließ es auch nicht wie eine Einladung klingen, sich über Elaida zu beschweren. Dafür lag in dieser Stimme viel zu viel Verachtung für Egwene.
    Die anderen beiden Weißen blieben stumm. Ferane war eine Sitzende, und sie ordneten sich ihr unter.
    Sie hat gehört, wie oft ich Elaidas Versagen bei Rand erwähne, dachte Egwene und sah Ferane in die schwarzen Augen. Also. Das ist eine Prüfung, nicht wahr? Hier war sorgfältig überlegtes Vorgehen gefragt.
    Sie griff nach der nächsten Nuss. »Zuerst würde ich eine Gruppe Schwestern in sein Heimatdorf schicken.«
    Ferane hob eine Braue. »Um seine Familie einzuschüchtern?«
    »Natürlich nicht«, erwiderte Egwene. »Um sie auszufragen. Wer ist dieser Wiedergeborene Drache? Ist er ein temperamentvoller Mann, ein Mann voller Leidenschaften? Oder ist er ein bedächtiger Mann, sorgfältig und vorsichtig? Gehörte er zu der Sorte, die ihre Zeit gern allein auf dem Feld verbringt, oder schloss er schnell Freundschaften mit anderen Jungen? Würde man ihn eher in einer Schenke oder einer Werkstatt antreffen?«
    »Aber Ihr kennt ihn doch«, mischte sich Tesan ein.
    »Das tue ich«, sagte Egwene und knackte eine Nuss. »Aber wir sprechen von einer hypothetischen Situation.« Doch vergesst nie, dass ich den Wiedergeborenen Drachen in der realen Welt persönlich kenne. So wie niemand sonst in der Burg.
    »Lasst uns annehmen, dass Ihr Ihr seid«, sagte Ferane. »Und dass er Rand al'Thor ist, Euer Kindheitsfreund.«
    »Gut.«
    Ferane beugte sich vor. »Dann verratet mir, von den Sorten von Männern, die Ihr eben aufgelistet habt, was passt am besten zu diesem Rand al'Thor?«
    Egwene zögerte. »Sie alle«, sagte sie und warf eine zerbrochene Walnuss in eine kleine Schale auf dem Tisch. Miyasi würde sie nicht anrühren, aber die anderen beiden waren da nicht so pingelig. »Wäre ich ich und der Drache Rand, dann würde ich ihn als rationalen Menschen kennen - für einen Mann. Wenn er auch manchmal etwas stur ist. Oder meistens. Was aber viel wichtiger ist, ich wüsste, dass er im Grunde seines Herzens ein guter Mann ist. Also würde ich ihm dann Schwestern schicken, die ihm Führung anbieten.«
    »Und wenn er das ablehnt?«, wollte Ferane wissen.
    »Dann würde ich Spione schicken und ihn beobachten, um in Erfahrung zu bringen, ob er noch der Mann ist, den ich einst kannte.«
    »Und während Ihr wartet und ihn ausspioniert, würde er das Land terrorisieren, überall Schaden anrichten und Armeen unter sein Banner zwingen.«
    »Und ist es nicht genau das, was wir von ihm wollen? Ich glaube nicht, dass man ihn hätte daran hindern können, Callandor zu nehmen, selbst wenn wir das gewollt hätten. In Cairhien hat er die Ordnung wiederhergestellt, hat Tear und Illian unter einem Herrscher vereint und vermutlich auch Andors Gunst erworben.«
    »Ganz zu schweigen von diesen Aiel, die er bezwungen hat«, sagte Miyasi und griff

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