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Der aufziehende Sturm

Der aufziehende Sturm

Titel: Der aufziehende Sturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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Holzboden und spritzte einen Schwall blutähnlicher Flüssigkeit quer über den Tisch und die Hälfte der dort Sitzenden, beschmutzte das weiße Tischtuch mit einem roten Flecken.
    »Du nennst mich Schattenfreundin?«, brüllte Elaida. »Du bist hier die Schattenfreundin. Du und die Rebellen da draußen, die mich von dem abhalten wollen, was getan werden muss.«
    Gewebte Luft stieß Egwene erneut gegen die Wand, und sie fiel zu Boden, landete in Scherben der zerbrochenen Karaffe und schnitt sich die Arme auf. Ein Dutzend peitschender Schläge trafen sie und zerschnitten ihre Kleidung. Blut rann ihre Arme hinunter und spritzte dann durch die Luft, um an der Wand zu landen, während Elaida weiter auf sie einprügelte.
    »Elaida, hört auf!«, sagte Rubinde und stand mit raschelndem grünen Kleid auf. »Habt Ihr den Verstand verloren?«
    Keuchend fuhr Elaida herum. »Führt mich nicht in Versuchung, Grüne!«
    Die Peitschenschläge regneten weiter auf Egwene herab. Stumm ertrug sie sie. Mühsam stand sie auf. Sie konnte fühlen, wie ihre Arme und ihr Gesicht bereits anschwollen. Aber sie sah Elaida ganz ruhig an.
    »Elaida!«, brüllte Ferane und stand auf. »Ihr verletzt das Burggesetz! Ihr könnt die Macht nicht benutzen, um eine Novizin zu bestrafen!«
    » Ich bin das Burggesetz!«, wütete Elaida. Sie zeigte auf die Schwestern. »Ihr macht Euch über mich lustig. Ich weiß, dass Ihr das tut. Hinter meinem Rücken. Wenn Ihr mich seht, erweist Ihr mir Respekt, aber ich weiß genau, was Ihr sagt, was Ihr flüstert. Ihr undankbaren Närrinnen! Nach allem, was ich für Euch getan habe! Glaubt Ihr, ich würde Euch ewig ertragen? Nehmt Euch die hier zum Beispiel!«
    Sie drehte sich wieder um und zeigte auf Egwene, stolperte dann aber fassungslos zurück. Egwene stand da und sah sie weiterhin nur ganz ruhig an. Elaida keuchte leise auf und hob eine Hand zur Brust, während die Peitschenschläge weitergingen. Alle konnten die Gewebe sehen, und alle konnten sehen, dass Egwene nicht schrie, obwohl sie nicht mit Luft geknebelt war. Blut tropfte von ihren Armen, die Schläge ließen ihren Körper zucken, und doch fand sie keinen Grund zum Schreien. Stattdessen segnete sie leise die Weisen Frauen der Aiel für ihre Weisheit.
    »Und wofür werde ich als Beispiel dienen, Elaida?«, fragte sie mit ruhiger Stimme.
    Die Schläge trafen sie weiter. Oh, wie es schmerzte! In ihren Augenwinkeln formten sich Tränen, aber sie hatte sich schon schlechter gefühlt. Viel schlechter. Sie fühlte es jedes Mal, wenn sie daran dachte, was diese Frau der Institution antat, die sie liebte. Der wahre Schmerz kam nicht von den Wunden, sondern durch die Weise, wie sich Elaida vor den Sitzenden benahm.
    »Beim Licht!«, flüsterte Rubinde.
    »Ich wünschte, ich würde hier nicht gebraucht, Elaida«, sagte Egwene leise. »Ich wünschte, die Burg hätte in Euch eine großartige Amyrlin. Ich wünschte, ich könnte zurücktreten und Eure Herrschaft akzeptieren. Ich wünschte, Ihr würdet sie verdienen. Bereitwillig würde ich der Hinrichtung entgegensehen, wenn das bedeuten würde, eine kompetente Amyrlin zu hinterlassen. Die Weiße Burg ist wichtiger als ich. Könnt Ihr das Gleiche sagen?«
    »Du willst hingerichtet werden!«, bellte Elaida, die ihre Sprache wiederfand. »Nun, das wird aber nicht passieren! Der Tod ist zu gut für dich, Schattenfreundin! Ich werde dafür sorgen, dass man dich prügelt, dass alle sehen können, wie du ausgepeitscht wirst, bis ich mit dir fertig bin! Und erst dann wirst du sterben!« Sie wandte sich den Dienern zu, die an der Seite des Raumes standen und ungläubig starrten. »Holt Soldaten! Ich will, dass die da in die tiefste Zelle geworfen wird, die es in der Burg gibt! Lasst in der ganzen Stadt verkünden, dass Egwene al'Vere eine Schattenfreundin ist, die die Gnade der Amyrlin zurückgewiesen hat!«
    Die Diener liefen los. Und noch immer trafen die Peitschenschläge, aber Egwene wurde taub. Sie schloss die Augen und fühlte sich leicht schwindlig - am linken Arm, wo die tiefsten Schnitte waren, hatte sie viel Blut verloren.
    Die Situation war eskaliert, genau wie sie befürchtet hatte. Sie hatte sich für ihr Schicksal entschieden.
    Aber sie fürchtete nicht um ihr Leben. Stattdessen fürchtete sie um die Weiße Burg. Als sie sich gegen die Wand lehnte und ihre Gedanken verschwammen, überfiel sie Trauer.
    Ihre Schlacht aus dem Inneren der Burg heraus hatte endgültig ein Ende gefunden.

KAPITEL 17
 
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