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Der aufziehende Sturm

Der aufziehende Sturm

Titel: Der aufziehende Sturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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Oberseite orange gekrönten Flammen verbrannte. Der Geruch von brennendem Leder hatte eine schreckliche Ähnlichkeit mit dem von brennendem menschlichen Fleisch. Die Nacht war windstill, und so konnten die Flammen ungehindert tanzen.
    Alliandre tränkte den Gürtel und legte ihn in das kleine Feuer. Arrela tat das Gleiche mit dem Schleier. Schließlich fügte Lacile das Taschentuch hinzu. Sie weinte noch immer.
    Das war alles, was sie tun konnten. Im Chaos des Aufbruchs aus Malden war es unmöglich gewesen, sich um die Leichen zu kümmern. Chiad hatte gesagt, es würde niemanden entehren, sie zurückzulassen, aber Faile hatte etwas tun müssen. Eine kleine Zeremonie, um Rolan und die anderen zu ehren.
    »Gestorben durch unsere Hand«, sagte sie, »oder einfach nur in der Schlacht gefallen. Diese vier haben uns Ehre erwiesen. Wir schulden ihnen großes Toh, wie die Aiel sagen würden. Ich glaube nicht, dass man es vergelten kann. Aber wir können uns an sie erinnern. Die Bruderlosen und eine Tochter haben uns Freundlichkeit erwiesen, obwohl sie es nicht mussten. Sie hielten ihre Ehre aufrecht, wo andere sie vergaßen. Wenn wir uns dafür erkenntlich zeigen können, dann auf diese Weise.«
    »In Perrins Lager gibt es einen Bruderlosen«, sagte Lacile. Die Flammen des Scheiterhaufens spiegelten sich in ihren Augen. »Er heißt Niagen; er ist Gai'schain von Sulin, der Tochter. Ich habe ihn besucht und ihm erzählt, was die anderen für uns taten. Er ist ein freundlicher Mann.«
    Faile schloss die Augen. Vermutlich meinte Lacile, dass sie mit diesem Niagen ins Bett gegangen war. Das war Gai'schain nicht verboten. »Ihr könnt Jhoradin nicht auf diese Weise ersetzen«, sagte sie und öffnete die Augen wieder. »Oder das ungeschehen machen, was Ihr tatet.«
    »Ich weiß«, erwiderte Lacile beschämt. »Aber sie waren trotz der schrecklichen Situation so humorvoll. Sie hatten etwas Besonderes an sich. Jhoradin wollte mich mit ins Dreifache Land nehmen, mich zu seiner Frau machen.«
    Und du hättest das nie getan, dachte Faile. Ich weiß, dass du das nicht getan hättest. Aber jetzt, wo er tot ist, wird dir klar, welche Gelegenheit du versäumt hast.
    Nun, mit welchem Recht wollte sie anderen einen Vorwurf machen? Sollte Lacile doch tun, was sie wollte. Wenn dieser Niagen auch nur ein halb so guter Mann wie Rolan und die anderen war, dann würde Lacile es ja vielleicht gut bei ihm haben.
    »Kinhuin hatte gerade erst angefangen, auf mich aufzupassen«, sagte Alliandre. »Ich weiß, was er sich wünschte, aber er hat es nie verlangt. Bestimmt wollte er die Shaido verlassen und hätte uns bei der Flucht geholfen. Er hätte uns geholfen, selbst wenn ich ihn abgewiesen hätte.«
    »Marthea hasste, was die anderen Shaido taten«, sagte Arrela. »Aber sie blieb bei ihnen, weil es ihr Clan war. Für diese Loyalität ist sie gestorben. Es gibt schlimmere Dinge, für die man sterben kann.«
    Faile sah zu, wie die letzte Glut des Miniaturscheiterhaufens flackernd verlosch. »Ich glaube, Rolan hat mich wirklich geliebt«, sagte sie. Und das war alles.
    Sie standen auf und kehrten ins Lager zurück. Die Vergangenheit war ein Feld aus Glut und Asche, wie ein altes saldaeanisches Sprichwort sagte, die Reste des Feuers, das die Gegenwart war. Diese Glut wurde hinter ihr fortgeweht. Aber sie behielt Rolans Türkis. Nicht aus Bedauern, sondern zur Erinnerung.
    Perrin lag wach in der stillen Nacht und roch das Segeltuch seines Zeltes und den einzigartigen Duft Failes. Sie war nicht da, obwohl sie eben noch hier gewesen war. Er war eingeschlafen, und jetzt war sie fort. Vermutlich zu den Latrinen.
    Er starrte in die Finsternis hinauf und versuchte Springer und den Wolfstraum zu verstehen. Je länger er darüber nachdachte, desto entschlossener wurde er. Er würde zur Letzten Schlacht marschieren - und wenn er das tat, wollte er den Wolf in seinem Inneren kontrollieren können. Entweder wollte er von den vielen Menschen befreit sein, die ihm folgten, oder lernen, ihre Loyalität zu akzeptieren.
    Er musste einige Entscheidungen treffen. Es würde ihm nicht leichtfallen, aber er würde sie treffen. Ein Mann musste schwere Dinge tun. So war das Leben nun einmal. Da hatte er bei Failes Gefangennahme einfach falsch reagiert. Statt Entscheidungen zu treffen, war er ihnen aus dem Weg gegangen. Meister Luhhan wäre von ihm enttäuscht gewesen.
    Was ihn zu einer weiteren Entscheidung brachte, der schwersten von allen. Er würde Faile in die Gefahr reiten

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