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Der Augenblick der Wahrheit

Titel: Der Augenblick der Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leif Davidsen
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Sie es finden wollen, ob es eine private oder geschäftliche Angelegenheit ist. Aber in der Regel gibt es einen Grund, daß sich ein Mensch versteckt und ein anderer ihn finden will. Also, was wünschen Sie, was wir tun sollen, wenn wir das Objekt gefunden haben? Eine aktive Handlung verlangt einen speziellen Preis. Wenn Sie verstehen, was ich meine.«
    Er sagte das so geschäftsmäßig und kühl, als berührte er einen nebensächlichen Punkt in einer gewöhnlichen Geschäftsverhandlung, aber ich wußte natürlich, was er meinte.
    »Nein«, sagte ich. »Sie sollen ihn nur finden, den Rest mach ich selber.«
    »Und wenn das Objekt beschützt wird?«
    Ich dachte kurz nach und sagte: »Wenn ich der Auffassung bin, daß jemand nötig ist, um mir den Rücken freizuhalten, werde ich gern Ihre Dienste in Anspruch nehmen.«
    »Kein Problem«, sagte er, erhob sich und reichte mir die Hand. »Ich weiß, daß Sie Ihre Rechnungen bezahlen, also …«
    »Also ist dies eine Abmachung«, sagte ich. »Sie finden Oscar.«
    »Betrachten Sie den Fall als erledigt. Achten Sie aufs Telefon.
    Es war mir ein Vergnügen, Geschäfte mit Ihnen zu machen, Mr. Lime. Guten Flug zurück nach Madrid. Wir sehen uns in Moskau«, sagte er und verschwand in der Menge. Der nachtblaue Anzugrücken eines gutgekleideten Geschäftsmannes unter vielen anderen.
     
    23
    Aus der Luft hatte sich Rußland kaum verändert. Ich war nicht mehr da gewesen seit der Zeit, da das Land nur eine von fünfzehn sozialistischen Republiken der großen Sowjetunion gewesen war, die ebenso wie die DDR von der Landkarte verschwunden war, und das auch nicht mit Blut und Gewalt, sondern durch ein Stück Papier, das drei Präsidenten in einer Jagdhütte bei Minsk im Suff unterzeichnet hatten. Als das Flugzeug durch die schwere Wolkendecke brach und zum Anflug auf den Scherematowa-Flughafen ansetzte, lag das Land, so wie ich mich erinnerte, unter einem Fleckenteppich aus Schnee, mit kleinen menschenleeren Dörfern dazwischen, wo nur der Rauch aus den Schornsteinen der schneebeladenen Häuser Leben verriet. Die Landschaft mit den gefrorenen Seen und Flüssen lag ewig russisch und flach, als wären keine großen Veränderungen darüber hinweggegangen.
    Schon im Flughafengebäude vermischte sich das Neue mit dem Alten. Lange Menschenschlangen standen an den Paß- und Gepäckkontrollen, aber der Flughafen hing voller Plakate mit Versprechungen auf schnelle Gewinne in den Kasinos. Es gab Computerwerbung, und Russen aller Art zückten ihre Handys.
    Sie hatten Berge von Gepäck dabei. An den Geruch in dem noch immer dunklen und stickigen Raum erinnerte ich mich noch, an diese Mischung aus den frostigen Temperaturen draußen und der Hitze drinnen, aus schwarzem Tabak und Niedrigoktan-Benzin. Die schnarrende Frauenstimme, die in einem unverständlichen Englisch Starts und Landungen ankündigte, klang wie früher. Die Willkür der Zöllner, die Leute entweder gleichgültig durchzulassen oder alles sorgsam durchzukämmen, war die altbekannte. Die heimgekehrten Russen, die sich mit Geschäftsleuten und Touristen mischten, waren besser gekleidet und traten arroganter auf als in meiner Erinnerung, aber es gab keine Sekunde einen Zweifel, daß man in Moskau angekommen war.
    Sergej Schuganow hatte sein Wort gehalten und zehn Tage später angerufen. Das Ziel war gefunden und observiert und für mich war ein Zimmer im Hotel Intourist am Roten Platz reserviert. Es war ein Hotel unter meinem Standard, aber es war anonymer als das Metropol-oder das National-Hotel, die beide renoviert waren. Schuganow hoffte auf Verständnis. Er hinterließ eine Faxnummer und bat um Mitteilung meiner Ankunftszeit. Ich würde am Flughafen abgeholt.
    Ich rief Gloria an, um ihr mitzuteilen, daß Oscar gefunden sei und ich nun losflöge, um ihn zu sprechen. Gloria wollte mit, aber ich lehnte ab, und sie ließ sich ohne großen Widerstand davon überzeugen. Ich hatte den Eindruck, sie hatte eigentlich keine große Lust, Oscar gegenüberzutreten. Sie zog es vor, die endgültige Scheidung und den vollständigen Bruch im Schutze der Paragraphen und Klageschriften durchzuführen. Der Fall verliefe planmäßig, sagte sie. Die Konten seien gesperrt. Das Geschäft laufe weiter. Sie hatte noch einmal gefragt, ob ich mich nicht wieder an der Firma beteiligen wolle, und diesmal hatte ich nicht direkt nein gesagt, aber ich wußte, daß ich das nicht wollte. Ich hatte auch im Flugzeug noch einmal darüber nachgedacht, auch an Clara und

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