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Der Augenjäger / Psychothriller

Der Augenjäger / Psychothriller

Titel: Der Augenjäger / Psychothriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Fitzek
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ihm Trost spenden konnte.
    »Ich bin der Augensammler«, gestand Scholle freimütig. Er kicherte. »Mal ehrlich, habt ihr wirklich den Schwachsinn von dem Liebestest geglaubt, den Frank abzieht, weil damals sein halbblinder Bruder in der Kühltruhe draufgegangen ist? Die fünfundvierzig Stunden und sieben Minuten, die herausgeschnittenen Augen, das Geständnis per E-Mail und all den Quatsch? Herrgott, ich weiß doch, wonach unsere Profiler suchen. Wonach
wir
suchen. Ich hab das alles nur so inszeniert, damit der Verdacht auf Frank fällt.«
    Ich schloss die Augen und drückte den Kopf an Julians Stirn. Alles, was ich hören wollte, war sein gleichmäßiger Atem, nicht Scholles wahnsinnige Erklärungen. Dennoch unterdrückte ich das übermächtige Verlangen, das Telefon von mir zu werfen. Indem ich Franks Operation gewaltsam abgebrochen und ihn dem Tod ausgeliefert hatte, hatte ich eine Schuld auf mich geladen, die ich nie wiedergutmachen konnte. Ich wusste, ich würde ein Leben lang dafür bezahlen müssen. Der Richterspruch stand fest, wenn nicht von einem weltlichen Gericht, dann von meinem eigenen Gewissen gesprochen, und das hatte mich gerade dazu verurteilt, mir die ganze schonungslose Wahrheit anzuhören.
    »Frank war mein bestes Alibi«, sagte Scholle. »Solange ich ihn in meiner Gewalt hatte, war ich in Sicherheit. Jetzt, wo Julian überlebt hat, wird er dir ohnehin alles erzählen, also kannst du es genauso gut von mir erfahren.«
    Stoya gab mir ein Zeichen, während er einen kleinen Notizblock aus seiner Jacke zog.
    »Ich bring dich um«, sagte ich tonlos, was mir einen entsetzten Blick des Kommissars einbrachte. Stoya wusste ebenso gut wie ich, dass Scholle sich in einem Stadium befand, in dem er seine Cleverness und Überlegenheit zur Schau stellen musste. Die Tat allein genügte ihm nicht mehr, er musste mit seinen Verbrechen prahlen. Dazu brauchte er ein williges Publikum, keinen, der ihn beschimpfte, aber das war mir gleichgültig.
    »Du hast meine Frau ermordet!«, schrie ich ihn an. »Du hast meinen Sohn gefoltert. Das wirst du büßen.«
    »Ach ja, so wie Frank? Guter Treffer übrigens. Dabei wollte er sich doch nur stellen, nachdem er es geschafft hatte, mir eine Kugel in den Bauch zu schießen. Muss sich ziemlich scheiße angefühlt haben, als er zum Haus zurückging und du auf ihn angelegt hast. Ein Wunder, dass er es überhaupt bis zu meinem Wagen geschafft hat. Ich schätze mal, er war völlig fertig, was? Hat wie ein Schwein geblutet und sicher fieberhaft überlegt, was er jetzt tun soll. Zur Polizei hatte er verständlicherweise kein rechtes Vertrauen mehr. Und sein Mentor hatte ihn gerade erst abknallen wollen. Mann, da verliert man doch den Glauben an die Freundschaft, oder? Nebenbei, lebt Frank eigentlich noch?«
    Ich sah zu Stoya. Sein bedauernder Blick trieb mir die Tränen in die Augen.
    »Wieso?«, fragte ich, nicht an Scholle gerichtet, sondern an mich selbst.
    Wieso ich? Wieso meine Familie?
    »Rache«, antwortete Scholle lakonisch. »Ganz einfach. Ganz simpel. Meine Frau hat mir meinen Sohn weggenommen. Ich habe ihn nie wiedergefunden.«
    »Und dafür lässt du jetzt andere Familien büßen?«
    »Bin ich ein Psychiater?«, lachte Scholle. »Aber ja, weshalb sollte ich der einzige Vater sein, der vergeblich nach dem sucht, was er am liebsten hat? Und ja, es macht mir Spaß, Schlampen zu töten, die sich von ihren hart arbeitenden Männern trennen und ihnen die Kinder wegnehmen.«
    »Nicci hat mir Julian nicht weggenommen.«
    »Ach ja? Wer hatte denn das alleinige Sorgerecht, du Schlappschwanz? Abgesehen davon, geht es mir bei dir um etwas ganz anderes, Zorbach. Mit dir hatte ich etwas Besonderes vor, denn du warst der schlimmste von allen Vätern. So selbstgerecht und prinzipientreu. Du hältst dich für etwas Besseres, du arrogantes Arschloch. Mit jedem Satz, jedem Blick hast du mich spüren lassen, dass ich Abschaum bin. Jemand, der Unschuldige foltert. Du dachtest, dein Rachefeldzug gegen Frank war gerechtfertigt? Na, wie fühlt es sich jetzt an, in meinen Schuhen zu stecken?«
    »Wir beide haben nichts gemein«, sagte ich und empfand das Gegenteil.
    »Oh doch, mehr, als du denkst. Nur dass ich mir der Kollateralschäden meiner Handlungen bewusst bin. Es ist wie bei jeder Revolution. Unschuldige sterben, wenn es um die Wahrheit geht.«
    »Die Wahrheit ist, dass du komplett wahnsinnig bist.«
    »Die Wahrheit ist, dass du mir dankbar sein musst, und zwar für den Rest deines Lebens.

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