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Der Augenjäger / Psychothriller

Der Augenjäger / Psychothriller

Titel: Der Augenjäger / Psychothriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Fitzek
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Schritt, und ich drück ab«, sagte ich, bereits wieder zu Frank gebeugt. Zu meiner Verblüffung wirkte dessen Gesichtsausdruck auf einmal völlig normal, sogar friedlich, und meine Gedanken rotierten mit der Stimme Dr. Roths in meinem Kopf:
    Er befindet sich in einer paradoxen Phase. Davon haben Sie doch sicher schon mal gehört. Todkranke Menschen, die sich besser fühlen, kurz bevor die Krankheit wieder schlimmer wird und es dem Ende zugeht.
    Frank Lahmann, der Augensammler, der Mann, der für alles stand, wofür es sich zu töten lohnte, hatte einen lichten Moment, und mir wurde übel bei der Vorstellung, dass ich selbst während seiner letzten Atemzüge noch von ihm abhängig war. Er hatte es in der Hand, sein Geheimnis mit ins Grab zu nehmen oder es mit mir zu teilen.
    Zuerst hielt ich es für eine demütigende Geste, als er die Hand hob, wie ein Kaiser, der seinen Untertanen huldigt. Dann aber, als meine Augen in die Richtung blickten, in die sein Zeigefinger deutete, sah ich es.
    Die Einfahrt.
    Den Wagen.
    Das Licht.
    Die Limousine, schräg gegenüber auf der anderen Straßenseite, stand etwas schief, mit einem Vorderrad auf dem Bordstein, was auf den ersten Blick nicht auffiel, da sich an dieser Stelle eine Baustelle befand, vor der zahlreiche Autos wild zwischen abgeladenen Gerüstteilen und Containern parkten. Dennoch stach der Wagen in der Einfahrt aus den anderen Fahrzeugen hervor – warum, hätte ich zu diesem Zeitpunkt nicht erklären können.
    Ich rannte los, nahm zwei Treppenstufen auf einmal und schlug hin, als ich den gestreuten Teil des Gehwegs verließ.
    Die Straße war eine einzige Eisfläche. Ich rappelte mich auf und tastete nach der Waffe, die mir entglitten war. Dabei rechnete ich jeden Moment mit einem Warnschuss und damit, dass sich mehrere SEK -Beamte auf mich warfen. Vielleicht wurde ich sogar von Stoya hinter mir dazu aufgefordert, mich hinzulegen. Sehr wahrscheinlich wurde ich das, aber ich hörte es nicht.
    Jede Zelle meines Körpers wurde wie magnetisch von der graugrünen Limousine angezogen, in der das Deckenlämpchen brannte.
    Weil jemand in Hektik ausgestiegen war.
    Jemand, der keine Zeit hatte, die Tür sorgsam zu schließen.
    Die aktivierte Innenbeleuchtung nahm man nur wahr, wenn man sich darauf konzentrierte, da das Auto unmittelbar unter einer Laterne stand.
    Ich schlitterte über die Straße, starrte auf den Fahrersitz, sah die dunklen Flecken auf dem Polster.
    Ansonsten sah ich …
    Nichts.
    Ich umrundete das Auto, stand jetzt wieder auf dem Bürgersteig in Blickrichtung zur Klinik. Stoya war immer noch der Einzige, der sich mir näherte.
    Meine Hand fand den Griff der hinteren Tür. Ich zog daran, öffnete den Wagen und sah …
    Nichts.
    Der Wagen, der mir auf eine unheimliche Art vertraut schien, war …
    Leer.
    So wirkte es zumindest im ersten Moment. Ich sah nichts, weil meine Augen es nicht wahrhaben wollten, dass meine Suche nun endlich ein Ende hatte. Dass ich nicht auf einen Rücksitz starrte – sondern in den Sarg meines Sohnes.
    Wie ich schon sagte: Nichts im Leben bereitet dich auf den Anblick deines toten Kindes vor. Und nichts erfordert mehr Kraft, als die Decken von einer Rückbank zu ziehen, unter denen sich die Konturen eines reglosen Körpers abzeichnen.
    »Nein!«
    Ich sackte neben der geöffneten Tür auf die Knie, presste beide Hände an die Schläfen und schrie meine Verzweiflung in den Wagen hinein.
    Bitte nicht,
flehte ich einen Gott an, an den ich schon lange nicht mehr glaubte.
Bitte lass es nicht so enden.
    Zaghaft, als wollte ich vermeiden, eine schlafende Person zu wecken, streckte ich die Hand nach der Decke aus, berührte ihren groben Stoff und zog daran.
    Und sah …
    Julian.
    Der Schock war wie eine Hand, die mich nach vorne riss. Ich wollte nicht in das Auto steigen, wollte nicht den Tod spüren, der Julians blutleere Haut wie brüchigen Marmor schimmern ließ. Doch ich konnte mich nicht dagegen wehren.
    Habe ich geweint, als ich mich in den Fußraum kniete?
    Habe ich geschrien, während ich mich zu Julian setzte und meine zitternden Finger über seine geschlossenen Augen legte?
    Dachte ich an unsere letzte Autofahrt am Tag vor seinem elften Geburtstag, während ich mit meinem Mund seine jetzt graugefärbten Lippen berührte?
    Ich weiß es nicht.
    Ich weiß nur, dass ich sterben wollte, nachdem ich die Tür hinter mir zugezogen und den Riegel heruntergedrückt hatte, um mit Julian allein zu sein.
    Für immer.
    Nie zuvor in meinem

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