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Der Aurora Effekt

Titel: Der Aurora Effekt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer Wolf
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zu Winter umzudrehen.
    Winter überlegte kurz, wie er Angelique, ohne sie zu verletzen, die Frage stellen konnte, die er schon die ganze Zeit stellen wollte. »Die Beamten erzählten mir, dass du der Industriespionage verdächtigt wirst.«
    Angelique schaute weiterhin bewegungslos aus dem Fenster in die Ferne, bevor sie sich ein paar Haarsträhnen mit den Fingern hinter ihr Ohr strich. »An dem Abend, als wir hier im Hotel ankamen, habe ich einen Anruf von einer Kollegin erhalten«, begann sie zögerlich. »Sie teilte mir mit, dass ich ab sofort keinen Job mehr habe und auch noch der Veruntreuung geheimer Unterlagen verdächtigt würde.«
    »Die haben also echt ihre Drohung wahr gemacht, dich rauszuschmeißen, sobald du dich weiter mit mir triffst?«, sagte Winter entrüstet.
    »Sieht ganz danach aus, und als Grund schieben die mir jetzt unter, dass ich Unterlagen habe mitgehen lassen«. Angelique schluckte. »Und weißt du was, Mark, ich habe nicht einmal eine Möglichkeit, dieses Argument zu entkräften.«
    »Wieso nicht?«, hakte Winter nach.
    »Weil ich vor einigen Jahren genau deswegen schon einmal angeklagt worden bin.«
    Die Spannung war in diesem Moment in dem Raum greifbar und das einzige Geräusch kam von einem tropfenden Wasserhahn aus dem Badezimmer, als Angelique sich jetzt schüchtern zu Winter umdrehte und sich nicht traute, ihm direkt in die Augen zu schauen.
    »Was ist damals passiert?«, fragte Winter im behutsamen Ton und setzte sich jetzt aufrecht auf die Bettkante.
    »Ich war damals jung und kam direkt von der Uni. Kurz, ich hab mit den falschen Leuten abgehangen und mich von deren Gedankengut beeinflussen lassen. Ich hatte einen Job im Max Planck Institut, es ging dort um ein Projekt, um einen neuartigen Ionenantrieb für eine Mondmission. Stell dir vor, Mark, die haben damals tatsächlich eine Mondsonde ins All geschossen, die mit Fahrradgeschwindigkeit auf dem Weg zum Mond unterwegs war. Jedenfalls kam eines Abends bei uns im Nest, so nannten wir den Treffpunkt unserer Clique in einer alten leerstehenden Fabrikhalle, in dem wir uns abends getroffen haben, ein Chinese, der mit den Geldscheinen nur so um sich warf. Er wusste, welchen Job ich machte, Fred aus unserer Clique hatte es ihm erzählt. Jedenfalls wollte er Unterlagen über diesen Antrieb und ich sollte ihm diese beschaffen. Ich tat es in der festen Überzeugung, damit nicht nur was für mich zu tun, sondern auch meinen Freunden aus der Clique zu helfen, von denen einige sonst sicherlich in der Gosse gelandet wären und dies leider auch sind. Zehntausend Euro sind eine Menge Geld.« Angeliques Haare verdeckten ihre Augen und Winter konnte nur erahnen, das sie ihm einen kurzen, vorsichtigen Blick zuwarf.
    »Und wie ist dann alles aufgeflogen?«, fragte Winter.
    »Bei der Geldübergabe kam der Chinese leider zusammen mit einem verdeckten Ermittler, der der chinesischen Wirtschaftsspionage schon länger auf der Spur war. Einen Tag später saßen wir alle in Handschellen vor dem Haftrichter.«
    Zum Geräusch des tropfenden Wasserhahns gesellte sich jetzt das Surren einer Fliege, die energisch immer wieder in das Licht der einzigen im Zimmer brennende Nachttischlampe flog.
    Angelique strich sich eine Strähne aus dem Gesicht und blickte Winter jetzt direkt in die Augen. »Ich hatte großes Glück, das Verfahren wurde kurze Zeit später mangels Beweisen eingestellt, der verdeckte Ermittler ist selbst ins Kreuzfeuer der Ermittlungen gelangt, da er sich auch bei den Chinesen in der Kasse bedient hatte. Es existiert lediglich ein Akteneintrag, dass das Verfahren eingestellt wurde. Nur so hatte ich natürlich überhaupt eine Chance noch einmal in einem wissenschaftlichen Sicherheitsbereich zu arbeiten und ich habe wahrlich aus diesem dummen Fehler gelernt.« Sie blickte Mark immer noch an und wartete auf eine Reaktion. »Hörst du, Mark? Es war ein verdammter Fehler.«
    Winter bewegte sich auf Angelique zu und nahm ihren Kopf mit beiden Händen in die Hand und schaute ihr jetzt nur eine Nasenlänge entfernt ins Gesicht. »Angelique, es ist alles gut, ich vertraue dir.« Vorsichtig drückte er Ihren Kopf an seine Brust und legte behutsam einen Arm um sie. Schweigend saßen sie so da und zu dem Geräusch des tropfenden Wasserhahns und dem der unerbittlichen Fliege gesellte sich ein weiteres, viel leiseres Geräusch, woraufhin Winter Angelique fester an sich drückte und ihr zärtlich durch die langen schwarzen Haare strich.
     
    Langsam setzt die

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