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Der Ausflug

Titel: Der Ausflug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Renate Dorrestein
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kritisch. Was sahen sie oder glaubten sie zu sehen? Einen geschiedenen Vater mit Besuchsregelung für die Kinder? Witwer, darauf kamen sie nicht so schnell bei jemandem in seinem Alter. Sie dachten bestimmtalle, dass seine Frau noch lebte und in diesem Moment einfach anderswo war und irgend etwas machte, was Lebende eben so machten.
    Hastig nahm er einen viel zu großen Schluck Wein. Er fühlte sich gebrochen. Die Kommode, aus der Veronicas verräterischer Slip durch Beatrijs’ Zutun nun ein für alle Mal verschwunden war, hatte in der vergangenen Nacht viel größer gewirkt als zu der Zeit, da sie noch einfach voll Dessous gewesen war. Mit dem Rücken zu dem Möbelstück zu schlafen hatte nichts geholfen. Nachts fabrizierte man kein Serotonin, hatte Veronica einmal erzählt, die immer alles Mögliche wusste, und deshalb fand man dann immer alles doppelt so schlimm. Aber als er aufgestanden war, war es nicht besser geworden. Der Geist war aus der Flasche, das war der Punkt. Ein paar Monate lang war es ihm gelungen, so zu tun, als sei er nur ein bisschen überdreht, aber inzwischen hatte er alle verdrängten Wahrheiten wieder überlebensgroß vor Augen. Wie versöhnte man sich mit so etwas? Wie machte man das, Herrgott noch mal? Wenn er doch nur wüsste, was ihr letzter Gedanke gewesen war. Wenn sie in ihren letzten Momenten auf Erden nur nicht... Antworte, Veronica, antworte mir, verdammt.
    In seiner Brusttasche piepte sein Handy.
    »Laurens!«, rief ihm Beatrijs ins Ohr.
    Er registrierte, dass er nicht mehr wusste, welchen Ton er ihr gegenüber anschlagen sollte.
    »Wo bist du?«
    »In einem Restaurant.« Er duckte sich ein wenig. Er hasste es, wenn Leute zu jeder passenden und unpassenden Gelegenheit in öffentlichen Räumen telefonierten. Warum hatte er das blöde Ding nicht ausgemacht? Weil er einfach seine Gedanken nicht mehr zusammenhalten konnte.
    »Oh, dann mach ich’s kurz. Hör zu. Babette ist wieder da.«
    Auf einen Schlag war er ganz bei der Sache. »Nein! Was sagst du da? Wirklich?«
    »Ja, wie findest du das? Gesund und unversehrt. Gwen und Timo sind fast durchgedreht vor Erleichterung.«
    »Großer Gott. Wie haben sie sie... sieben Wochen ist es doch jetzt her, nicht?«
    »Fast acht. Erinnerst du dich noch an die Picknickwiese? Da lag sie!«
    »Genau da, wo sie auch verschwunden ist?«
    »Ja, verrückt, was? Die Polizei kann sich keinen Reim darauf machen. Die sind auch schon wieder mit ihren Hunden da. Es war gerade eben, Gwen hat vor zehn Minuten angerufen, ich weiß eigentlich auch nicht viel mehr. Aber ist das nicht ein Wunder?«
    »Eine Sekunde.« Er hielt sich das Handy an die Brust. »Jungs, Babette ist wieder da! Sie liegt wieder zu Hause in ihrer Wiege.«
    Seine Kinder begannen jubelnd und mit den Fäusten auf den Tisch zu trommeln. Sein Glas fiel um. Rasch drückte er seine Serviette auf die Weinpfütze. »Ja, ich bin wieder da. Aber wie...«
    »Bobbie ist jeden Nachmittag zu der Wiese gegangen um nachzusehen, wie sich jetzt herausgestellt hat. Die ganzen Wochen über. Genau, wie Leander täglich um die Zeit...«
    »Bobbie! Da wird sie aber jetzt stolz und glücklich sein.« Er sah sie wieder vor sich, wie sie im Sommerhaus zu ihm gesagt hatte: Mit einem eigenen Kind wäre es natürlich noch schöner , und er spürte, wie seine Augen feucht wurden. »Eigentlich sollten wir alle zusammen ein Denkmal für sie errichten.«
    »Das hat Leander doch auch immer gesagt! Jedenfalls meinte er das, als er...«
    »Ich muss Gwen gleich mal anrufen.« Der verschüttete Wein drohte durch die durchnässte Serviette über die Tischkantezu tropfen. Er bedeutete Niels, dass er ihm helfen solle.
    »Ja, tu das.« Ihre Stimme hatte einen anderen Klang angenommen. »Dann kann sie dir selbst erzählen, wie sich alles abgespielt hat. Leander hat ihr gesagt, wo sie suchen sollte.«
    Mechanisch nahm er Niels’ Serviette an und tupfte den Tisch damit ab.
    »Laurens? Bist du noch dran?«
    »Ja, ich habe hier nur gerade ein kleines...«
    »Sag doch einfach, dass du das nicht hören willst! Tut mir Leid, aber Leander hat nun mal einen Hinweis bekommen, wo Babette war, da er Tag für Tag weiter nach ihr gesucht hat, und dann hat er Gwen angerufen, und die ist gleich losgezogen und hat Babette gefunden. Und Bobbie natürlich.«
    »Warte mal. Das verstehe ich nicht ganz.«
    »Nein, natürlich verstehst du das nicht. Er sah , wo das Baby sich befand. Wenn Bobbie nun heute mit Grippe im Bett gelegen hätte. Oder gerade einen

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