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Der Autor und sein Werk

Der Autor und sein Werk

Titel: Der Autor und sein Werk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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indifferenter Einstellungen durchkämpft.
    Man würde dem Film zuviel zumuten, wollte man von ihm erwarten, er könne eine glaubwürdige Aussage über subjektive menschliche Wandlungen projizieren, die das Leben in der Gefangenschaft bewirkte. Ein solches Wagnis setzt eine Vertiefung voraus, an die sich der deutsche Film mit seiner betonten Rücksichtnahme auf den angeblichen Publikumsgeschmack nur selten heranwagt. Dieser Divina/Gloria-Film geht den risikolosen Mittelweg. Er durchsetzt die düstere Schilderung des Lebens in einem sowjetischen Kriegsgefangenenlager mit starken Handlungseffekten; er münzt bitteres menschliches Leid zu Reportagen um.
    Man muß dem Regisseur Geza von Radvanyi bescheinigen, daß er es meisterhaft verstanden hat, den Film auf einer in allen Teilen spannungsreichen Linie zu führen. Um der schon vom Thema her betonten Absicht nicht falsch zu begegnen, daß humanitäre Einstellungen allen Menschen ohne Rücksicht auf ihre politische Unterworfenheit eigen sind, ist man auch bereit, die sehr menschlich gezeichneten russischen Offiziere und Wachmannschaften als glaubwürdig hinzunehmen, wenn sie die eigene Erfahrung auch nicht in einer so rücksichtsvollen Haltung kennengelernt hat. Es soll anerkannt werden, daß der Film durch seine Milderungen vermied, nur in Schwarzweiß zu malen. Damit ist jedoch die Frage nicht ganz beseitigt, ob mit diesen korrigierenden Zeichnungen Wunschbilder hervorgelockt werden, die dazu verführen können, Probleme falsch zu werten, die bis in den politischen Raum der Auseinandersetzung mit dem Dogma des Ostens hineinreichen.
    In das echt wirkende Milieu eines russischen Kriegsgefangenenlagers, das noch einmal mit dem düsteren Namen Stalingrad verbunden wird, stellt er den aufopferungsbereiten Stabsarzt Dr. Böhler als überragende Persönlichkeit, die vom Ethos des ärztlichen Berufs beseelt ist und aus dieser Quelle die Kraft schöpft, Helfer, Berater und Führer im guten Sinne des Wortes zu sein. Soweit so gut. Aber es reichte nach der im filmischen Bereich gültigen Regel nicht, um einen publikumswirksamen Streifen zu machen, der nun einmal der erotischen Verwicklungen bedarf. Hier sind es die affektbetonten Beziehungen zwischen dem deutschen Oberarzt des Lagers und der russischen Lagerärztin sowie die romantisch-zarten Bande, die sich zwischen einem Plenny und einer jungen russischen Feldscherin anbahnen. Die auf diese Weise hineingetragenen normativen Effekte steigern die Spannung, die durch die szenisch und schauspielerisch überzeugend herausgearbeitete Auflehnung der Kriegsgefangenen gegen das Spitzeltum und das Maß menschlichen Duldungsvermögens überschreitende Härten bereits auf legalem Wege geschaffen ist.
    Es ist müßig, sich über die Frage zu unterhalten, ob sich in den Szenen menschlich-allzumenschlicher Leidenschafts- und Liebesbegegnungen die Wahrheit widerspiegelt. Man wird einer solchen Frage bestenfalls begegnen können mit dem vermutenden Satz: Vielleicht hat es irgendwo so etwas gegeben. Die andere Frage, warum es überhaupt notwendig war, in ein so ernstes Thema eine Liebeskolportage hineinzutragen, wird niemand überzeugend beantworten können.
    Im Mittelpunkt des Spiels stehen O.E. Hasse und Eva Bartok, wobei dem männlichen Hauptdarsteller die sympathische Rolle den Weg zur ungeteilten Zustimmung leichter öffnet. Eva Bartoks nuanciertes Spiel machte aus der russischen Ärztin mehr als nur einen schablonisierten Typ. Gut auch die übrigen Darsteller in ihren Hingaben an die Rollen: Hannes Messemer als kalt rechnender Lageradjutant, Walter Reyer als hilfsbereiter, von Unbeherrschtheiten bedrängter Oberarzt, Leonard Stecket als menschlich aufgeschlossener russischer Distriktsarzt, Siegfried Lowitz , als gerissener Denunziant.
    ›Der Arzt von Stalingrad‹ ist der erste deutsche Film, der über das Leben in einem sowjetischen Kriegsgefangenenlager etwas aussagen will. Die verschobenen Akzente machen ihn zu einem heißen Eisen, an dem sich die Meinungen entzünden werden.
    Die an den Anfang und den Schluß des Films vor- und nachgehängten moralisierenden Betrachtungen über die ständige Wiederkehr von Geschehnissen, die oftmals Anlaß zu Katastrophen sind, wirken gezwungen und haben nicht die eindringliche Kraft, die man ihnen wünscht.
    Der Heimkehrer, 10.3.58
    Ein Film, der uns interessierte: ›Der Arzt von Stalingrad‹
    Dieser Film führt in das Elend und und die Ausweglosigkeit der russischen Kriegsgefangenenschaft zurück.

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