Der Autor und sein Werk
34-Kommandanten konnten am Schluß jedenfalls dem Produzenten Zeyn die klassische Meldung machen: »O Zein aggelein …« Das ist das, was Cicero mit ›Die hospes Spartae‹ oder Schiller mit ›Wanderer, kommst du nach Sparta‹ übersetzt hat. Sie lagen alle, wie das Gesetz es befahl, und nur Kameradenschinder Werner Peters holte sich für die Feigheit vor dem Feind das EK I. Hier wird der Film wieder das, was er zuerst war: Dokument und Zeitkritik.
Überraschend ist die überaus sorgfältige Besetzungsliste, in der sich eine ganze Reihe von Namen mit filmischer Fronterfahrung findet. Werner Peters ist der Kameradenschinder, brutal, feige und hinterhältig wie immer. Heinz Weiß, bekannt aus ›So weit die Füße tragen‹, spielt den korrekten Oberleutnant Obermeier, Werner Hessenland (›Taiga‹), der langjährige Kölner Schauspieler, den degradierten Oberst von Bartlitz, Hans Ernst Jäger, der Schwejk von Frankfurt und Essen, den Kriminellen Schwanecke. Der Griff nach guten Theaterleuten hat sich bei Klaus Kindler, Georg Thomas, Ernst Schröder und Georg Lehn mit großartigen Leistungen bezahlt gemacht. Sonja Ziemann bestätigt erneut ihr Heimatrecht im Charakterfach; die Benennung der Berliner Primaballerina Judith Dornys für ein Partisanenmädchen kam ein wenig überraschend.
›Strafbataillon 999‹ ist ein beachtenswerter Film. Er hat sein großes Handikap in seiner Zugehörigkeit zur zweiten Welle der Kriegsfilme.
Anton Sterzl Kölnische Rundschau, 18.2.60
»Ein Wehrmachtsgefängnis ist keine Lebensversicherung!« Was man über die Strafbataillone wissen sollte
Es hat in den letzten Jahren viele ›Kriegsfilme‹ gegeben, doch nur wenige von ihnen beruhten auf dokumentarisch belegten Ereignissen. Meist waren sie mit mehr oder weniger künstlerischer Freiheit gestaltet. Wenn sie gut waren, dann erzählten sie menschliche Schicksale, die, obgleich sie erfunden waren, sich so oder ähnlich auch in der Wirklichkeit hätten ereignen können.
Der neue Zeyn-Union-Film STRAFBATAILLON 999 ist von anderer Art. Was er ›erfunden‹ hat, sind allenfalls ein paar Namen. Im übrigen beruht er auf Tatsachen, die bisher höchstens einigen Spezialisten für die Geschichte des zweiten Weltkrieges bekannt gewesen sein dürften. Denn diejenigen, die dieses düstere Kapitel vergangenen Militärstrafrechts miterlebt haben, sind meist tot. Es lag in der Natur dieser Erlebnisse, daß man sie höchst selten überlebte.
Die Einrichtung der bewußten Bataillone geht auf eine Erfahrung zurück, die man im ersten Weltkrieg gemacht hat. Damals ist es hin und wieder vorgekommen, daß ein Kriegsunwilliger seinem Vorgesetzten gegenüber handgreiflich wurde, nur um weit vom Schuß, in der Heimat, ›auf Festung‹ zukommen. Dort saß er dann seine zwei oder drei Jahre ab; zwar bei Wasser und Brot, aber doch mit der Gewißheit, den Knast mit heilen Knochen zu verlassen.
Im Zeitalter des ›totalen Krieges‹, unter einem Regime, das Kinder mit Panzerfäusten auf die Barrikaden schickte und gichtbrüchigen Opas Gewehre in die zittrigen Hände drückte und sie als ›Volkssturm‹ für den ›Endsieg‹ einsetzte, war diese Art der Strafverbüßung natürlich zu milde, zu zivil, zu drückebergerisch. »Ein Wehrmachtsgefängnis ist keine Lebensversicherung!« verkündeten sie forsch und verfügten die Einrichtung jener beweglichen Strafanstalten, die ihnen die Möglichkeit gab, die Sträflinge so nutzbringend wie möglich zu ›verheizen‹. Es gab zwei Arten dieser ›fortschrittlichen‹ Institution: die ›Feldstrafabteilungen‹ und die ›Bewährungsbataillone‹. Die Feldstrafabteilungen trugen die Nr. 999. In ihnen waren etwa dreizehn bis fünfzehn Strafbataillone vereinigt. Sie waren direkt dem Oberkommando der Wehrmacht unterstellt. Ihr Ersatztruppenteil bestand aus einem der Wehrmachtsgefängnisse in der Etappe. Sie bestanden ausschließlich aus ›rechtskräftig‹ Verurteilten. Das waren Soldaten, die den roten Ausmusterungsschein erhalten hatten, weil sie ›wehrunwürdig‹ waren. Gauner, Diebe, Zuhälter standen dort Seite an Seite mit Spinnstoffhamsterern, Verdunklungssündern, ›Wehrkraftzersetzern, Miesmachern, Meuterern und Meckerern‹ (um mit Goebbels zu sprechen).
Innerhalb einer Feldstrafabteilung gab es drei verschiedene Kategorien. Jeder Neuankömmling hatte zuerst einmal die unterste zu durchlaufen. Dort mußte er sich beim Schanzen unter Feindeinwirkung, beim Anlegen von Massengräbern und beim
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