Der Autor und sein Werk
bedauert –
Vor Mauritius drehten wir ›Ein toter Taucher nimmt kein Gold‹ und brauchten dringend Haifische. Wo immer welche herumwimmeln … waren just jetzt keine da! Endlich sichteten wir einen Hammerhai … er sah gefährlich aus mit seiner klobigen Schnauze, aber das war auch alles. Was wir brauchten, einen ausgewachsenen Mörderhai, haben wir nie bekommen. Und einen Riesenkraken (Autoren schreiben so etwas hin, ohne sich Gedanken darüber zu machen, was sie den Filmleuten da ins Nest legen) mußten wir aus Schaumgummi herstellen. Wo sonst Kraken waren, in allen Felsriffen … jetzt war keiner zu sehen.
Oder die Sache mit dem zahmen Albatros in ›Wer stirbt schon gerne unter Palmen‹. Da wurde bei Ceylon gedreht, aber ein Albatros, der genau das tat, was der Autor vorschrieb, war nicht aufzutreiben. Was tat man? An Ort und Stelle schrieb man das Drehbuch um: Jetzt war es eine Riesenschildkröte. Die gab es, die kroch herum und ließ geduldig alles mit sich geschehen, was die Filmleute von ihr wollten.
Dramatischer war da schon die Beschaffung von Wölfen für ›Liebesnächte in der Taiga‹. Hier kapitulierte selbst der Echtheitsfanatiker Harald Philipp: Es war unmöglich, richtige Wölfe als Rudel auf die beiden Hauptdarsteller zu hetzen. Aber Philipp wußte Rat: er engagierte einen Haufen Schäferhunde, ließ sie mit einer Farbsprühdose grau spritzen und hatte sein Wolfsrudel.
Hätte er das lieber nicht getan! Die vorher zahmen Hunde kratzten sich erst, dann wurde das Jucken der grauen Farbe auf ihrer Haut so stark, daß sie seelisch und geistig durchdrehten und bei Beginn der Aufnahmen wilder waren als echte Wölfe. Das ganze Filmteam ging in Deckung, aber Philipp drehte! Es wurden einmalige Aufnahmen, wie die graugespritzten Hunde zähnefletschend die Menschen anfielen.
Einen Film drehen – das sind hundert kleine und große Abenteuer. Das ist eine Zusammenballung menschlicher Schwächen und Eitelkeiten, ein Improvisieren gegen die oft nicht mitspielende Natur, ein Durchstehen echter Gefahren … aber auch unendlich viel Fleiß, Können, Disziplin, Idealismus … und ein dickes, ganz dickes Fell! Denn jeder Drehtag kostet Tausende von Mark, und jede Panne noch ein kleines Vermögen extra. So betrachtet, muß man den Filmbossen rechtgeben, wenn sie sagen: Die Autoren haben zwar Ideen, aber was wir daraus machen, das müssen sie uns überlassen. Mit einem einzigen Satz kann ein Autor eine Filmgesellschaft an den Rand der Pleite bringen. Zum Beispiel: »Das Schiff hatte die Hafeneinfahrt erreicht, plötzlich schoß eine Feuersäule aus dem Rumpf, eine Explosion spaltete den Schiffsleib, und tausend brennende Menschen stürzten sich in das Wasser …«
Das ist ein Satz. Leicht hingeschrieben. Wirkungsvoll … aber verfilmen Sie mal diesen einen Satz! Die Kosten können Sie gar nicht ausrechnen, nicht einmal ahnen …
Es ist schon ein Jammer, das Verhältnis Autor zum Film! Beide meinen es gut, beide haben den Erfolg im Sinn, beide haben klare Vorstellungen, wie der Erfolg – also der Film – aussehen müßte.
Nur: Der eine denkt rechtsherum, der andere linksherum, und daher begegnen sie sich so selten. Man wird dieses Problem wohl nie richtig lösen können, so gut der Wille auf beiden Seiten ist.
Film – das ist und bleibt Faszination des optischen Erlebens. Film – wer einmal in diesem Trubel gestanden hat und die vielen kleinen Episoden am Rande erlebte, möchte diese Welt zwischen Kamera und Scheinwerfern nicht mehr missen.
Auch der Autor nicht, der unwichtigste Mann beim Film … so intensiv (und doch verhalten) er auch schimpft –
Der unbekannte Konsalik
Entdeckungen im Privatarchiv des Autors
Heinz G. Konsalik ist von seiner Ausbildung her Dramaturg, also ein Mann des Theaters. Er studierte Theaterwissenschaft, stand selbst auf der Bühne, er lernte das Metier von Grund auf: angefangen vom Windmachen und der Erzeugung von Pferdegetrappel hinter den Kulissen über die schweren Übungen, wie man vor den Augen eines Publikums schlicht eine Treppe hinauf- und hinuntergeht, bis zum Fechten, Tanzen und Singen.
Konsalik war durchaus das, was man einen ›Theaterbesessenen‹ nennt. Es konnte nicht ausbleiben, daß er sich in diesen Jahren auch selbst als Bühnenautor versuchte. Schon mit 17 hatte er ja das obligatorische Griechendrama aller poetisch ambitionierten Halbwüchsigen verfaßt. Nun aber – er war mittlerweile 21 geworden – wandte er sich, von Goethes ›Egmont‹ und
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