Der Autor und sein Werk
Romanen die besten Szenen gewesen waren, hatte man weggelassen, dafür hatten die Drehbuchautoren neue Szenen geschrieben, um ihrer Phantasie ein vergängliches Denkmal zu setzen.
Nur ein Film entsprach in etwa den Vorstellungen des Autors … er wurde in Südafrika gedreht – und kein Erfolg!
Das mag allen Fachleuten recht geben: Roman und Film sind zwei verschiedene Schuhe. Der Film hat eigene Gesetze. Natürlich gab es große Vorbilder, zum Beispiel den Russen Eisenstein oder den Deutschen Fritz Lang. Aber wer ist schon ein Eisenstein oder Lang, und außerdem ist die Zeit fortgeschritten. Die Tage der schönen Phantasie sind vorbei … heute will man Bums!
Wollen Sie Bums, liebe Leser? Nein? Wieso denn nicht … die Filmemacher behaupten es doch immer?! Zwar werden die Kinosessel immer leerer und die Filmtheater immer weniger, und auch die Schuldigen an der Filmkrise hat man schnell zur Hand: Es gibt keine großen Autoren!
Oha! Sie gibt es nicht?! Wie muß der Autor aussehen, den der marode Film zur Gesundung sucht?
Er muß 1. einen welterschütternden Stoff liefern, 2. die Schnauze halten, wenn daraus ein Drehbuch geschrieben wird, denn er ist ja kein Filmfachmann, 3. seinen Namen herhalten, wenn's schiefgeht, und 4. mit einem Honorar einverstanden sein, das zum Vergleich mit dem Honorar der Stars sich ausnimmt wie das Almosen an einen Stiefelputzer. Denn: Das Publikum strömt in die Kinos wegen der Stars! Der Autor interessiert keinen! – Sagen die Filmbosse.
Warum – o lieber Gott – ruft man dann nach dem Autor als Gesundbrunnen für den leukämischen Film? Da stimmt doch etwas nicht, wenn der Autor einerseits so lebenswichtig, andererseits so unwichtig ist!
O heilige Schizophrenie des Films.
Bitte, halten Sie mich nicht für einen Kamikazeflieger, der sich mit seinem Bücherhaufen selbstvernichtend auf die Film-Produzenten stürzt. Von Selbstzerstörung kann keine Rede sein: Konsalik-Romane sind für eine adäquate Verfilmung viel zu teuer in den Herstellungskosten. Um zum Beispiel ›Engel der Vergessenen‹ zu verfilmen oder ›Die Verdammten der Taiga‹, ganz zu schweigen von ›Heiß wie der Steppenwind‹ oder ›Sie waren Zehn‹, müßte schon Hollywood dick einsteigen mit etlichen Millionen Dollars. Aber warum sollten sie? Es gibt amerikanische Autoren genug. Man braucht keinen Deutschen.
Trotz allem … wenn ein Roman verfilmt wird, beginnt ein faszinierender Kreisel vielfältigen Abenteuers. Das fängt bei der Quartier- und Motivsuche an und endet mit einer verzweifelten Suchaktion des Aufnahmeleiters, weil morgens zum Drehbeginn der weibliche Star nicht aufzutreiben ist. Im eigenen Bett war er nicht!
Doch das sind Lappalien. Da gibt es Erregenderes.
In Jugoslawien war es. Wir drehten ›Liebesnächte in der Taiga‹. Ein für deutsche Begriffe wirklich großer Film. Die jugoslawische Armee half mit, stellte Soldaten in sowjetischen Uniformen, Hubschrauber, sowjetische Panzer und sowjetische Jeeps zur Verfügung; wir konnten drehen ohne Sorgen. Was wir brauchten – die freundlichen Jugoslawen halfen, so gut sie konnten. Außerdem war (und ist) der Regisseur des Films, Harald Philipp, ein Genauigkeitsfanatiker: Alles, was ›in den Kasten kommt‹, muß bis ins Detail stimmen! So auch eine Szene, die ich, der Autor, im Roman dramatisch breit geschildert habe: Da werden zwei Menschen auf Rentierrücken geschnallt und in den vereisten Wald gejagt. Die Tiere reiben dann die Menschen auf ihren Rücken an den Baumstämmen ab.
Harald Philipp sagte: »Das drehen wir ganz groß!« Aber in Jugoslawien gibt es keine Renhirsche. Der Produzent griff in die Tasche und bestellte aus Finnland echte Renhirsche mit schönen, ausladenden Geweihen. Mit dem Flugzeug sollten sie ankommen.
Und sie kamen. Erwartungsvoll stand das Filmteam in Ljubljana auf dem Flugplatz, als die beiden Kisten mit den zwei Renhirschen ausgeladen wurden. Großer Jubel. Die Kisten wurden geöffnet, die Renhirsche stolperten heraus … aber ohne ihr herrliches Geweih.
Auf dem Flug von Finnland nach Jugoslawien hatten sie ihren Kopfschmuck in den Kisten abgeforkelt.
Ein Renhirsch mit kahlem Schädel? Nie! Die große Szene war gestorben, wie man in Filmkreisen sagt. Das Drehbuch wurde umgeschrieben. Was nie im Roman steht, wurde nun gedreht: Die Delinquenten wurden an Bäume gebunden, die man fällt und einen Felshang hinunterstürzt. Auch sehr wirksam … ausgespielt, detailgetreu.
So können Renhirsche einen Autor aus der
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