Der azurne Planet
stieß erschrocken die Luft aus. Sklar Hast sprang wieder auf den Rücken des Krakons und schaute sich um. Die gesamte Bevölkerung der Pflanzenplattform starrte jetzt auf die See hinaus. Als er es ihr gleichtat, entdeckte er König Krakon.
Er schwamm unter Wasser und ließ lediglich seinen Turm sehen. Seine Augen starrten geradeaus. Sie standen dreißig Zentimeter weit auseinander und bestanden aus harten, kristallinen Linsen, hinter denen ein mit blauem Schein durchsetztes, milchiges Licht flackerte. Ob er sich den wärmenden Strahlen von Phocans Kochkessel aussetzen sollte oder nicht, schien er noch nicht entschieden zu haben.
Dreißig Meter von den Lagunennetzen entfernt tauchte sein Körper aus den Fluten auf. Zuerst durchdrang der Turm den Wasserspiegel, dann wurde der gigantische schwarze Zylinder sichtbar, der das Maul und die Verdauungsorgane beherbergte. Zuletzt erschien der mächtige, flache Unterleib. Er war anderthalb Meter dick, zehn Meter breit und dreißig Meter lang. An den Seiten befanden sich die mächtigen Schaufeln, von denen jede so dick war wie der Umfang dreier Männer. Von vorne gesehen erschien König Krakon wie ein deformiertes Scheusal, das im Bruststil schwamm. Seine Vorderaugen, eingelassen in hornigen Schächten, beobachteten die Plattform Sklar Hasts und schienen sich ganz auf den Körper des verstümmelten Krakons zu konzentrieren. Die Menschen starrten ihn an und schienen wie gelähmt zu sein. Der Krakon, den sie gefangen hatten und der auf sie wie ein Gigant gewirkt hatte, erschien ihnen nun – angesichts des Königs – wie ein Zwerg, eine Puppe – ein Spielzeug. Der gefangene Fisch nahm König Krakon durch seine rückwärtigen Augen wahr und gab ein Pfeifgeräusch von sich, das sich verloren und verzweifelt anhörte.
Endlich fand Sklar Hast die Sprache wieder und rief in drängendem, heiserem Tonfall: »Zurück! Auf die Rückseite der Plattform!«
Jetzt erhob der Fürbitter Semm Voiderveg die Stimme. In weinerlichem Tonfall rief er über die See: »Verschone die Bewohner von Tranque, o König der See! Am barbarischen Verhalten einiger verachtenswerter Ketzer darf nicht das Volk deiner Gläubigen leiden! Verschone auch diese herrlich schöne Lagune mit ihren köstlichen Schwämmen, die wir lediglich zum Wohle unseres großmütigen Königs gezüchtet haben …«
Die einschmeichelnde Stimme brach ab, als König Krakon seine mächtigen Schaufeln bewegte und näherkam. Seine riesigen Augen zeigten keinen erkennbaren Ausdruck, aber dennoch leuchtete in ihnen ein ständig von Blaßrosa zu Blau überwechselndes Licht. Die Menschen zogen sich zurück, als er sich dem Netz näherte und es mit einem kurzen Schaufelschlag zerriß. Zwei weitere Schläge ließen es in Fetzen gehen. Die Plattformbewohner gaben ein furchtsames Stöhnen von sich. Es war offensichtlich, daß König Krakon sich nicht würde besänftigen lassen.
Er drang in die Lagune ein und näherte sich seinem hilflosen Artgenossen. Das gefesselte Ungeheuer zappelte fieberhaft und pfiff mit lauten Tönen. König Krakon streckte einen Fühler aus, packte das kleine Biest, hob es in die Luft und ließ es hilflos hin und her zappeln. Dann schob er es an seine mächtigen Kinnbacken heran und zerriß es in grauschwarze Streifen, die er in den Ozean warf. Er verharrte eine Weile, als würde er über etwas nachdenken, dann wandte er sich Sklar Hasts kleiner Plattform zu, drosch mit einem Schaufelschlag dessen Hütte zusammen und riß mit einem zweiten ein riesiges Loch in den Unterboden. Seine rückwärtigen Schaufeln demolierten inzwischen Sklar Hasts Schwammpfähle. Wasser, kleinere Pflanzen und zerfetzte Schwämme wurden durch das Loch nach oben getrieben. König Krakon schlug noch einmal zu und warf sich dann mit seiner ganzen Körperkraft auf die winzige Pflanzeninsel, die unter seinem Gewicht zusammenbrach und auf der Stelle versank.
Dann kehrte er in die Lagune zurück, schwamm wütend hin und her, zerstörte die restlichen Schwammpfähle, zerfetzte die Überreste des Netzes und brachte jede Hütte zum Einsturz, derer er in der Lagune habhaft werden konnte.
Schließlich wandte er seine Aufmerksamkeit der Hauptplattform zu und schwang sich über deren Rand. Er musterte einen kurzen Augenblick lang die ängstlich abseits stehenden Menschen, dann schwang er sich völlig auf die Plattform hinauf und schlug sie in die Flucht. Schreiend und weinend rannte die Bevölkerung von Tranque auseinander.
König Krakon wütete wie ein
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