Der azurne Planet
war König Krakon sichtlich gewachsen. Er maß nun etwas mehr als zwanzig Meter in der Länge. Sklar Hast warf einen Blick über den Ozean nach Westen, genau in die Richtung, aus der König Krakon im allgemeinen erschien. Er bewegte sich dabei mit langen Zügen seiner vier Schaufelglieder voran, was darauf hindeutete, daß der große, von grotesker Häßlichkeit beschaffene Anthropoid im Bruststil schwamm. Aber damit endete auch schon seine Ähnlichkeit mit dem Menschen, denn König Krakons Körper war der eines schwarzen Knorpelfisches und sah aus wie ein langer Zylinder, der auf einem wuchtigen Rechteck hockte, von dessen Ecken die Schaufeln abstanden. Der Zylinder, der den Hauptteil seines Körpers bildete, öffnete sich vorn zu einem mit vier Kinnbacken und acht Fühlern ausgerüsteten Maul und war auf der Hinterseite mit einem After versehen. Überragt wurde seine Gestalt von einem Turm, aus dem vier Augen glotzten, von denen zwei nach vorn und zwei nach hinten sahen. König Krakon war im Prinzip eine fürchterliche Vernichtungswaffe, aber glücklicherweise konnte man ihn in Schach halten, denn er liebte es, wenn man ihn mit ungeheuren Mengen von Schwämmen fütterte. Sobald sein Hunger gestillt war, verhielt er sich friedlich und beschädigte nichts. Im Gegenteil – er hielt die Umgebung von anderen räuberischen Exemplaren seiner eigenen Gattung sauber, indem er Eindringlinge entweder tötete oder prügelnd und schubsend in den Ozean hinausjagte, bis sie von Panik ergriffen das Weite suchten.
Sklar Hast kehrte zu seiner Bank zurück und setzte sich, um die vom Turm ausgesandten Signale besser im Auge behalten zu können, auf den Rand. Im Moment saß Zander Rohan hinter den Signaltüchern des Tranque-Turms; seine Handschrift war unverkennbar, denn sie zeichnete sich durch einen dermaßen abgehackt wirkenden Stil aus, daß sie beinahe schon hölzern wirkte. Wenn man ihn selbst fragte, so war seine Symbolgebung natürlich sauber und exakt, und seine Genauigkeit und Flexibilität entsprach genau der eines Signalmeisters. Aber seine Schnelligkeit hatte sich sichtlich verringert, da sein Zeitsinn nicht mehr der alte war; seine Signalgebung entbehrte nicht einer gewissen Sprödigkeit und konnte mit der eines Meisters auf der Höhe seiner Leistungsfähigkeit nicht mehr verglichen werden. Zander Rohan wurde alt. Sklar Hast wußte, daß er ihn jederzeit würde schlagen können, sollte er je auf die Idee kommen, den alten Mann demütigen zu wollen. Aber das war ungeachtet der ihm eigenen Unverblümtheit das letzte, was er zu tun wünschte. Aber – wie lange würde der alte Mann noch darauf bestehen, seiner Pflicht gerecht werden zu können? Gerade erst hatte er aus uneinsichtigen Gründen seinen Rückzug aus der Arbeitswelt hinausgeschoben – aus Eifersucht und Gehässigkeit, wie Sklar Hast annahm.
Die Antipathie, die Zander Rohan seinem Ersten Assistenten entgegenbrachte, beruhte auf einer ganzen Reihe von Ursachen, etwa auf Sklar Hasts kompromißlosem Verhalten, seiner Selbstsicherheit und professionellen Kompetenz – und außerdem war da noch die Sache mit seiner Tochter Meril. Vor fünf Jahren, als die Beziehungen zwischen den beiden Männern noch besser gewesen waren, hatte Rohan eine Reihe unverkennbarer Zaunpfahlwinke abgelassen, die andeuteten, daß Sklar Hast sich überlegen möge, ob Meril nicht die richtige Gefährtin für ihn sei. Jeder, der Herr seiner Sinne gewesen wäre, hätte diese Chance auf der Stelle beim Schopf ergriffen, denn Meril gehörte nicht nur seiner Zunft an und hätte als Tochter eines Signalmeisters seiner weiteren Karriere dienlich sein können, sondern sie war auch noch eine Elferin und entstammte mithin der gleichen Generation wie Sklar Hast selbst. Das war zwar nur von äußerem Belang, aber im allgemeinen galt eine solche Verbindung als erstrebenswert und einträglich. Und letztlich war Meril auf keinen Fall häßlich, auch wenn an ihrem Körper die Beine etwas zu stark dominierten und sie sich burschikoser Umgangsformen bediente.
Was Sklar Hast jedoch nachdenklich gemacht hatte, war Merils Unberechenbarkeit und ihr widernatürliches Verhalten. Wie die meisten Treibenden hatte sie zwar die Signalzeichen lesen gelernt, aber andererseits war sie auch in der Schnörkelschrift der Ersten ausgebildet worden. Und Sklar Hast, dessen Augen ganz auf die Genauigkeit und Eleganz der Signalzeichen fixiert waren, sah die andere Schreibweise als krakelig, schief und zweideutig an. Er fühlte
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