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Der azurne Planet

Der azurne Planet

Titel: Der azurne Planet
Autoren: Jack Vance
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sich von ihrem Mangel an Einheitlichkeit abgestoßen, und selbst wenn er sie als Leistung anerkannte, blieb er dennoch ein Verehrer des einmaligen und individuellen Schreibstils, der jeden Signalgeber vom anderen unterschied. Einmal hatte er Meril Rohan nach dem Grund gefragt, warum sie ausgerechnet diese Schrift erlerne. »Weil ich die Aufzeichnungen lesen will«, hatte sie erwidert. »Und weil ich Schreiberin werden will.«
    Nun fand Sklar Hast zwar nichts Falsches an dieser Einstellung – er war der Ansicht, daß jeder auf seine Weise mit seinen Ambitionen fertig werden solle –, aber er war dennoch verwundert gewesen.
    »Weswegen all diese Mühe?« hatte er gefragt. »Die Auszüge sind in Signalzeichen niedergeschrieben worden, und sie lehren uns das Wichtigste aus den Aufzeichnungen, da sie die Ungereimtheiten völlig außer acht lassen.«
    Meril Rohan hatte daraufhin in einer Art gelacht, die Sklar Hast Unbehagen verursachte. »Aber das ist es ja gerade, was mich interessiert! Die Absurditäten, die Widersprüche, die Anspielungen! Ich frage mich, was sie wohl bedeuten mögen!«
    »Sie bedeuten, daß die Ersten eine verwirrte und mutlose Gruppe von Männern und Frauen waren.«
    »Was ich tun möchte«, sagte Meril, »ist, eine völlig neue und sorgfältige Studie der Aufzeichnungen anzufertigen. Ich möchte alle Ungereimtheiten auflisten, sie zu verstehen und in eine Beziehung mit den anderen zu bringen versuchen, denn ich kann einfach nicht glauben, daß jene, die diese Passagen verfaßten, sie ebenfalls als Ungereimtheiten betrachtet haben.«
    Sklar Hast zuckte unschlüssig die Schultern. »Da fällt mir gerade ein, daß dein Vater andeutete, daß du eventuell geprüft werden möchtest. Wenn du willst, kannst du jederzeit auf meine Plattform kommen. Aber erst morgen früh – dann wird Coralie Vozelle gegangen sein.«
    Meril Rohan preßte in einer Mischung aus Amüsiertheit und Verärgerung die Lippen aufeinander. »Mein Vater möchte mich verheiratet sehen, ohne darüber nachzudenken, ob ich mit seinen Plänen überhaupt einverstanden bin. Vielen Dank, aber im Augenblick liegt mir nichts ferner als der Gedanke, geprüft werden zu wollen. Meinetwegen kann sich Coralie auch noch eine Woche länger um dich bemühen. Von mir aus auch noch einen ganzen Monat.«
    »Wie du willst«, sagte Sklar Hast. »Möglicherweise wäre es ja ohnehin nur verschwendete Zeit, da wir keine Seelengemeinschaft bilden.«
    Kurz darauf hatte Meril Rohan Tranque verlassen, um sich auf die Schreiberakademie von Quatrefoil zu begeben. Sklar Hast hatte zwar keine Ahnung, ob sie aufgrund seiner Anspielung mit ihrem Vater gesprochen hatte, aber anschließend hatte sich das Verhalten von Zander Rohan ihm gegenüber merklich abgekühlt.
    Und dann war Meril Rohan erwartungsgemäß mit ihren eigenen Abschriften der Aufzeichnungen nach Tranque zurückgekehrt. Die Jahre auf Quatrefoil hatten sie verändert. Sie war weniger sorglos, weniger überspannt, äußerte ihre Ansichten vorsichtiger und war beinahe hübsch geworden, obwohl sie noch immer lange Beine hatte und wenig Wert auf Kleidung und Umgangsformen legte.
    Sklar Hast hatte ihr zweimal angeboten, sie zu prüfen. Bei der ersten Gelegenheit hatte sie ihm geistesabwesend einen Korb gegeben; bei der zweiten – und das war nur einen oder zwei Tage her – hatte sie ihn wissen lassen, daß Semm Voiderveg beabsichtigte, sich mit ihr ohne vorhergehende Prüfung zu verheiraten.
    Sklar Hast erschien diese Neuigkeit nicht nur als unglaublich und aufrührerisch, sondern auch als unannehmbar. Semm Voiderveg aus der Zunft der Achtgroschenjungen war der Fürbitter Tranques und war, was sein Prestige anging, nur Ixon Myrex, dem Schiedsmann, untergeordnet. Aber nicht nur deshalb, fand Sklar Hast, war diese Verbindung unmöglich. Er wußte noch Dutzende von anderen Gründen und scheute sich nicht, sie aufzuzählen. »Er ist ein alter Mann – und du fast noch ein Kind! Er ist möglicherweise ein Achter, höchstens ein Neuner!«
    »So alt ist er nun auch wieder nicht. Er ist zehn Jahre älter als du. Also ist er ein Zehner.«
    »Ja, aber du bist eine Elferin – so wie ich ein Elfer bin!«
    Meril Rohan schaute ihn an, legte den Kopf dabei in einer eigentümlichen Weise schief, und plötzlich wurde sich Sklar Hast schmerzlich all dessen bewußt, was ihm zuvor niemals aufgefallen war – des hellen Glanzes ihrer Haut, der Fülle ihrer Locken und des aufreizenden Charmes, den er einst für burschikoses
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