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Der Baader-Meinhof-Komplex (German Edition)

Der Baader-Meinhof-Komplex (German Edition)

Titel: Der Baader-Meinhof-Komplex (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Aust
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Dann machte er die Fenster zu. Nachdem der Raum so gesichert war, nahm er Baader die Handfessel ab, um ihm die Schreibarbeiten zu ermöglichen. Baader bat um eine Tasse Kaffee, und ein Institutsangestellter servierte umgehend Pulverkaffee und heißes Wasser. Ulrike Meinhof erkundigte sich bei den Justizbeamten, ob sie verheiratet seien und Kinder hätten. »Ja«, antworteten sie, »Frau und Kinder.« Sie waren erstaunt über diese Frage und wunderten sich besonders darüber, daß die Journalistin von der Antwort irritiert schien. Ulrike Meinhof verließ einige Male den Raum, um neues Material zu holen. Dann setzte sie sich neben Baader und redete leise mit ihm.
    Es klingelte an der Außentür. Der Institutsangestellte Georg Linke öffnete. Vor ihm standen zwei junge Frauen, die schon am Tag zuvor im Institut gewesen waren. Sie wollten direkt an Linke vorbei in den Lesesaal, aber der stellte sich ihnen in den Weg und verwies sie an die Bibliothekarin. »Ich hatte Sie doch gestern gebeten, erst am Nachmittag zu kommen«, sagte sie, »der Lesesaal ist besetzt.« Daraufhin nahmen die beiden Frauen an einem runden Tisch in der Eingangshalle Platz. Linke kehrte in sein Arbeitszimmer zurück.
    Die Beamten im Lesesaal hatten den Eindruck, Baader und Ulrike Meinhof würden intensiv arbeiten. Beide rauchten eine Zigarette nach der anderen. Um den verqualmten Raum zu lüften, öffnete einer der Beamten das Fenster einen Spaltbreit. Inzwischen war eine knappe Stunde vergangen. Plötzlich hörte Georg Linke Geräusche aus der Vorhalle. Er dachte, jemand habe die Außentür offen gelassen, und verließ sein Arbeitszimmer, um nach dem Rechten zu sehen. Die beiden Frauen standen neben der Eingangstür und betätigten den Summer zur Außenpforte.
    Unmittelbar darauf wurde die Haustür aufgestoßen. Ein Mann mit einer grünen, grob gestrickten Kopfmaske, die nur die Augen freiließ, stürmte in die Eingangshalle. Ihm folgte eine ebenfalls vermummte Frau.
    »Los, schnell in den Saal«, rief der Mann den beiden jungen Frauen zu. Linke versuchte, den Maskierten aufzuhalten, obwohl er zwei Pistolen in dessen Händen sah. Da fiel ein Schuß. Der maskierte Mann hatte mit der Gaspistole, die er in der einen Hand hielt, schießen wollen. Er schoß aber mit der anderen, der scharfen Pistole, die einen Schalldämpfer trug. Georg Linke wurde getroffen. Trotz seiner Verletzung lief er in sein Zimmer und schloß die Tür von innen ab. Dann versuchte er, die Durchgangstür zum Raum seiner Chefin abzuschließen. Als er keinen Schlüssel fand, ließ er sich auf den Boden fallen und hielt mit dem ausgestreckten Arm die Klinke hoch. »Springen Sie aus dem Fenster«, rief er zwei Kolleginnen in seinem Zimmer zu. Die Frauen sprangen. Als die beiden im Garten gelandet waren, kletterte auch Georg Linke aus dem Fenster. Die drei Institutsangestellten liefen auf die Straße und versuchten, die Nachbarn auf den Überfall aufmerksam zu machen. Erst jetzt bemerkte Linke das Blut an seinem Körper.
    Die beiden Frauen, die von der Polizei später als Ingrid Schubert und Irene Goergens identifiziert wurden, rannten in den Lesesaal und schossen mit Tränengaspistolen um sich. »Überfall«, schrie eine. Ihnen folgten der maskierte Mann und die Frau, die ein Kleinkalibergewehr mit sich führte. Es war Gudrun Ensslin. Der Justizbeamte Wegener, der dicht an der Tür saß, sprang auf und griff die Frau an. »Ich schieße«, schrie sie und drängte den Beamten in eine Ecke des Lesesaals. Dort entwickelte sich ein kurzes Handgemenge, bei dem Wegener der Frau eine rote Perücke vom Kopf riß. Darunter kamen kurze blonde Haare zum Vorschein.
    Hauptwachtmeister Wetter griff den maskierten Mann an und schlug ihm eine der Pistolen aus der Hand, eine Beretta mit Schalldämpfer. Wetter riß seine Dienstwaffe aus dem Halfter und versuchte, sie durchzuladen. In diesem Moment schoß ihm der Mann mit der Pudelmütze eine Tränengasladung aus unmittelbarer Nähe in die linke Gesichtshälfte. Für einen Moment blind, gab Wetter zwei ungezielte Schüsse ab. Die Kugeln schlugen in die Wände. Als erster sprang Andreas Baader aus dem Fenster, dann folgte Ulrike Meinhof. Die anderen feuerten noch einige Tränengaspatronen ab und sprangen hinterher. Die Motoren von zwei Autos heulten auf. Dann war es still.
    Wie verabredet hatte sich ein Helfer, der später nie identifiziert wurde, gegenüber im Theaterwissenschaftlichen Institut ans Fenster gestellt, um eine Zeitung hochzuheben, wenn

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