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Der Baader-Meinhof-Komplex (German Edition)

Der Baader-Meinhof-Komplex (German Edition)

Titel: Der Baader-Meinhof-Komplex (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Aust
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feiern und versuchte, seiner Mutter das Weihnachtsfest auszureden.
    In Diskussionen hatte er immer eine ausgeprägte Meinung und verteidigte sie bis zum Jähzorn. Er prügelte sich oft, aber nicht nur für seine eigenen Interessen.
    Seine Großmutter hielt ihn keineswegs für brutal, sondern eher für weich. Sie vermißte den männlichen »Mumm« und vor allem eine jungenhafte Sportlichkeit. Sport haßte er, und wenn andere Bergtouren unternahmen, blieb er unten im Tal.
    Schon in der Grundschule mußte Andreas eine Klasse wiederholen, dennoch war seine Mutter der Auffassung, der Junge müßte Abitur machen. In der fünften Klasse blieb er »wegen Vernachlässigung seiner Hausaufgaben und Schwierigkeiten mit den Lehrern« erneut sitzen. Daraufhin meldete ihn seine Mutter auf dem Internat in Königshofen an. Er wohnte im evangelischen Schülerheim. Doch auch in der neuen Umgebung besserte er sich nicht. Im Juli 1956 schrieb ihm der Klassenlehrer ins Zeugnis: »Der Schüler, der die Klasse wiederholt, hat eine blasse, kränkliche Gesichtsfarbe. Häufig versäumt er wegen Krankheit den Unterricht. Seine Begabung ist mittelmäßig, die Phantasie rege. Sein Denken wird von einer auffallenden Verträumtheit überschattet. Sein Arbeitseifer und seine Mitarbeit im Unterricht sind äußerst gering; hier fällt er höchstens durch sein vorlautes Benehmen auf. Er macht den Eindruck eines hoffnungslos verwöhnten Kindes, das jeder Schwierigkeit aus dem Weg geht.« Die Aussichten für ein weiteres Studium seien demnach sehr gering.
    Die Mutter gab nicht auf und meldete Andreas auf dem Maximiliansgymnasium an. Der Klassenlehrer entwickelte eine gewisse Sympathie für den schwierigen Jungen: »Er besitzt eine überdurchschnittliche Intelligenz, ist fähig, logisch zu denken und kritisch zu urteilen. Seine Phantasie ist gut entwickelt.« Dennoch fiel Baader immer wieder auf. Die über zwanzig Einträge in seinem Personalbogen paßten nicht auf eine Seite: dauerndes Schwätzen, fortgesetzte Schlamperei, fortschreitende Unterrichtsstörung, fortwährende Vergeßlichkeit, ungezogene Bemerkungen zum Tode eines Lehrers. Verständnisvoll notierte der Lehrer: »Daß er in der 2 . Klasse scheitert, ist am allerwenigsten seine Schuld. Es fehlt dem Buben die starke Hand zu Hause. Der Vater ist vermißt. Die Mutter ist berufstätig und bringt zu ihrer täglichen Berufsarbeit nicht die Kraft auf, dem Buben den fehlenden Vater zu ersetzen.«
    Andreas Baader mußte die Schule wieder verlassen. Seine Mutter brachte ihn auf einem Privatgymnasium unter. Dort hielt er es trotz dürftiger Leistungen und Verhaltensauffälligkeiten immerhin drei Jahre aus. Manche Lehrer mochten den schlampigen, rebellischen und dennoch charmanten Rüpel offenbar.
    1959 bemerkte sein Klassenlehrer: »Seine Lausbubenstreiche unterscheiden sich nicht von denen anderer, sind aber immer mit Humor gewürzt. Gesamteindruck: Sympathisch, berechtigt zum pädagogischen Abwarten. Entsprechend der Begabung könnte der Schüler jederzeit die Hochschulreife erreichen.«
    Als er siebzehn war, wollte Baader ein Jugendbuch über bessere Erziehungsmethoden verfassen. Wie viele in diesem Alter schrieb er Gedichte, interessierte sich für Literatur und Philosophie, las Sartre, Nietzsche, Balzac, Thomas Wolfe und vor allem Raymond Chandler.
    An dem jugendlichen Andreas Baader schieden sich die Geister von Klassenkameraden, Nachbarn, Lehrern. »Bei ihm gab es nur zwei Möglichkeiten«, meinte seine Mutter, »entweder man liebte oder man haßte ihn.« Ein Mitschüler erinnerte sich: »Andreas war intelligenter als der Durchschnitt. Aber er war frech und aufsässig und wollte sich den Regeln nicht unterwerfen. Er war ein dunkler Typ, sah aus wie ein Franzose oder Ire, und er wirkte irgendwie romantisch. Eine Zeitlang hat er uns vorgespielt, Krebs oder Tuberkulose zu haben. Er lief in München herum, mit dem Gesicht eines Mannes, der wußte, daß er sterben muß, aber das Beste daraus machen will. Er tat immer so, als würde er Blut in sein Taschentuch husten, aber das Tuch blieb weiß.« Andreas Baader prügelte sich in der Schule so oft, daß sich der Schulleiter schriftlich bei der Mutter beschwerte: »Einen zweiten Baader könnte meine Schule nicht tragen.«
    Der Schuldirektor war aber auch sicher: »Er war ein besonders begabter junger Mann. Damals nahm ich an, er würde irgendwann einmal Journalist oder Schriftsteller werden. Er schrieb hervorragende Aufsätze.« Während seines letzten

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