Der Ball spielende Hund
seinem Geld tun, was er will. Beides hat natürlich etwas für sich.»
«Miss Arundell wohnte schon lange hier, nicht wahr?»
«Jawohl, Sir. Sie und ihre Schwestern und vor ihnen der alte General, ihr Vater. An den kann ich mich natürlich nicht erinnern, aber er soll ein Original gewesen sein.»
«Er hatte mehrere Töchter?»
«Drei habe ich selber gekannt, und eine war verheiratet, glaube ich. Ja, Miss Matilda, Miss Agnes und Miss Emily. Miss Matilda starb zuerst, dann Miss Agnes, zuletzt Miss Emily.»
«Das ist noch nicht lange her?»
«Anfang Mai oder Ende April.»
«War sie krank?»
«Sie war leidend. Vor einem Jahr hatte sie die Gelbsucht und wäre fast nicht mit dem Leben davongekommen. Noch lange hinterher war sie gelb wie eine Quitte. In den letzten fünf Jahren kränkelte sie viel.»
«Gibt es hier gute Ärzte?»
«Da wär’ mal Dr. Grainger, der ist schon vierzig Jahre im Ort, und die meisten Leute geh’n zu ihm. Er ist ein bisschen wunderlich und hat so seine Eigenheiten, aber er ist ein guter Arzt, es gibt keinen bessern hier. Sein Assistent ist ein junger Mann, ein gewisser Doktor Donaldson, der ist mehr einer von den modernen. Manchen Leuten ist er lieber. Und dann haben wir noch Doktor Harding, aber der hat die Praxis schon fast ganz aufgegeben.»
«Dr. Grainger war vermutlich Miss Arundells Hausarzt?»
«Ja. Er hat ihr über viele gefährliche Krankheiten hinweggeholfen. Er zwingt einen durch Grobheit zum Leben, ob man will oder nicht.»
Poirot nickte. «Man soll sich immer vorher über den Ort erkundigen, wo man sich ansässig machen will», bemerkte er. «Ein guter Arzt gehört zu den wichtigsten Erfordernissen.»
«Sehr richtig, Sir.»
Poirot verlangte die Rechnung und fügte ein reichliches Trinkgeld hinzu.
«Danke, Sir, danke vielmals. Hoffentlich entschließen Sie sich, hier zu wohnen.»
«Ich hoffe es», log Poirot.
Wir verließen das «George».
«Zufrieden, Poirot?», fragte ich, als wir auf der Straße standen. «Ganz und gar nicht, mein Freund», antwortete er und wandte sich in eine unerwartete Richtung.
«Wohin, Poirot?»
«Zur Kirche, lieber Freund. Vielleicht finden wir etwas Interessantes. Ein altes Glasfenster – ein schönes Grabmal.»
Zweifelnd schüttelte ich den Kopf.
Poirot verbrachte nur kurze Zeit im Innern der Kirche. Ursprünglich gute Frühgotik, war sie mit so viel Unverstand verschönert worden, dass kaum noch etwas von ihrer Eigenart übriggeblieben war.
Er betrat den Friedhof, wanderte scheinbar planlos unter den Gräbern umher, las die Inschriften und machte seine Glossen über die Zahl der Todesfälle in manchen Familien oder über einen sonderbaren Vornamen. Schließlich blieb er vor einer Inschrift stehen, der vermutlich sein Rundgang von allem Anfang an gegolten hatte. Auf einer imposanten Marmortafel stand, halb verwaschen:
Gewidmet
Dem Andenken des
John Laverton Arundell,
General des 24. Sikh-Regiments,
der am 19. Mai 1888, 69 Jahre alt,
im Herrn entschlief.
«Kämpfe den guten Kampf.»
Und der
Matilda Anne Arundell,
gestorben 10. März 1912
«Ich will mich aufmachen und zu meinem
Vater gehen.»
Und der
Agnes Mary Arundell,
gestorben 20. November 1921
«Klopfet an, so wird Euch aufgetan.»
Darunter stand in funkelnagelneuen Lettern:
Und der
Emily Harriet Arundell,
gestorben 1. Mai 1936
«Dein Wille geschehe.»
Poirot stand eine Weile schweigend vor dem Grabstein. Dann murmelte er: «Erster Mai… Erster Mai… Und heute, am achtundzwanzigsten Juni, acht Wochen danach, erhalte ich ihren Brief. Sehn Sie nicht ein, Hastings, dass das aufgeklärt werden muss?»
Ich sah es ein. Das heißt, ich sah ein, dass Poirot entschlossen war, es aufzuklären.
8
Als wir uns Miss Arundells Haus näherten, holte Poirot die Besichtigungsscheine hervor und hielt sie gut sichtbar in der Hand, den für Littlegreen House zuoberst. Wir öffneten das Gatter und gingen den kurzen Weg zur Haustür.
Unser drahthaariger Freund war nirgends zu sehen, aber drinnen zu hören, wenngleich in einiger Entfernung, vermutlich in der Küche.
Eine Frau von etwa sechzig Jahren mit sympathischem Gesicht öffnete uns.
Poirot wies den Schein vor.
«Bitte, Sir. Der Vermittler hat angerufen. Ich bin Ellen, die Haushälterin. Wollen Sie hereinkommen?»
Die Fensterläden, bei unserem ersten Erkundungsgang geschlossen, waren jetzt in Erwartung unseres Besuches weit geöffnet.
Alles blinkte vor Sauberkeit. Unsere Führerin nahm ihre
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