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Der Ball spielende Hund

Der Ball spielende Hund

Titel: Der Ball spielende Hund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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dieser Schublade aufbewahrt. Und jetzt sitzt er noch immer hier und verlangt ihn. Sei gescheit, Bobsy! Hier ist er nicht. In der Küche ist er.»
    Bob blickte ungeduldig auf Poirot, und sein Blick schien zu sagen: «Die Alte ist ja dumm. Sie, mein Herr, scheinen mehr Verstand zu haben. Bälle werden an bestimmten Plätzen aufbewahrt – zum Beispiel in dieser Schublade. Hier war immer ein Ball. Hier müsste auch jetzt einer sein. Hundelogik, nicht wahr?»
    «Er ist nicht mehr hier, Bob», sagte ich.
    Zweifelnd sah er mich an. Als wir den Raum verließen, folgte er uns widerstrebend. Wir besichtigten verschiedene Ankleideräume, die Ablage im Flur unten und den kleinen Abstellraum, «wo die Gnädige immer die Blumen hergerichtet hat».
    «Waren Sie lange bei Miss Arundell?», fragte Poirot.
    «Zweiundzwanzig Jahre, Sir.»
    «Sind Sie jetzt allein hier?»
    «Ich und die Köchin, Sir.»
    «War auch sie lange in Miss Arundells Diensten?»
    «Vier Jahre, Sir, seit die frühere Köchin gestorben ist.»
    «Wenn ich mich zum Kauf dieses Hauses entschließe, wären Sie bereit, zu bleiben?»
    Sie errötete leicht. «Sehr nett von Ihnen, Sir, aber ich gehe nicht mehr in Stellung. Miss Emily hat mir ein schönes Stück Geld vermacht, wissen Sie, und ich ziehe zu meinem Bruder. Ich bleibe nur, um nach dem Rechten zu sehen, bis das Haus verkauft ist.»
    Poirot nickte. Eine kurze Stille entstand, die durch ein eigenartiges Geräusch unterbrochen wurde.
    Plumps, plumps, plumps.
    Ein eintöniges Geräusch, das lauter wurde und von oben zu kommen schien.
    Ellen lächelte. «Das ist Bob, Sir. Er hat seinen Ball gefunden und lässt ihn die Stufen hinunterkollern.»
    Als wir am Fuß der Treppe standen, landete ein schwarzer Gummiball mit dumpfem Klatschen auf der letzten Stufe. Ich fing ihn auf und sah hinauf. Bob lag schweifwedelnd auf der obersten Stufe. Ich warf ihm den Ball zu; er erwischte ihn geschickt, benagte ihn eine Weile mit sichtlichem Genus, dann legte er ihn zwischen die Vorderpfoten und schob ihn mit der Nase gegen den Stufenrand, bis der Ball überkippte und wieder die Treppe hinunterrollte. Bob sah ihm schweifwedelnd zu.
    «Das treibt er stundenlang so. Genug jetzt, Bob! Die Herren haben etwas anderes zu tun.»
    Ein Hund vermittelt leicht Freundschaften. Unser Interesse für Bob hatte ihre Zurückhaltung besiegt. Während wir nach oben gingen, um die Schlafzimmer zu besichtigen, plauderte Ellen unablässig über Bobs erstaunliche Klugheit. Der Ball war am Fuß der Treppe liegen geblieben. Als wir an Bob vorbeigingen, warf er uns einen Blick voll tiefen Unwillens zu und stelzte würdevoll hinunter, um ihn selber zu holen. Bevor wir nach rechts bogen, sah ich ihn langsam, den Ball in der Schnauze, heraufsteigen, umständlich wie ein sehr alter Herr, den rücksichtslose Menschen gezwungen haben, sich über Gebühr anzustrengen.
    «Vier Schwestern haben hier gewohnt, nicht wahr?», begann Poirot beiläufig.
    «Ursprünglich, Sir, aber das war vor meiner Zeit. Als ich ins Haus kam, waren nur Miss Agnes und Miss Emily da, und Miss Agnes starb bald nachher. Sie war die jüngste. Sonderbar, dass sie vor ihrer Schwester gestorben ist.»
    «Sie war wohl nicht so kräftig wie Miss Emily Arundell?»
    «Im Gegenteil, Sir, das ist eben das Sonderbare. Meine Miss Arundell, Miss Emily, war immer die Schwächliche. Musste ihr ganzes Leben ständig zum Arzt. Miss Agnes war kräftig und robust; trotzdem hat sie vor Miss Emily aus der Welt müssen. Miss Emily, die Zarteste, hat die ganze Familie überlebt.»
    Poirot begann eine von A bis Z erfundene Geschichte von einem leidenden Onkel zu erzählen, die ihre Wirkung nicht verfehlte. Nichts löst die Zunge so sehr wie ein Gespräch über Krankheiten und Sterben, und Poirot durfte es jetzt wagen, Fragen zu stellen, die zwanzig Minuten früher auf Feindseligkeit und Misstrauen gestoßen wären.
    «War Miss Arundell lange krank? Hatte sie große Schmerzen?»
    «Das könnte man nicht sagen, Sir. Sie war leidend – seit damals, vor zwei Jahren, als es ihr so schlecht ging. Gelbsucht war’s. Ganz gelb im Gesicht, und das Weiße in den Augen – »
    «Ich kenne das – » Es folgte eine Geschichte von einem Vetter Poirots, der die gelbe Gefahr in eigener Person gewesen sein musste.
    «Ja, Sir, genauso war’s bei ihr. Wenn sie nicht so lebenslustig gewesen wäre, so fest entschlossen, weiterzuleben – »
    «War sie das? Lebenslustig?»
    «Das will ich meinen, Sir! Mit ihrer Gesundheit war’s

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