Der Ball spielende Hund
nicht stimmte?»
«Wenn ich das wüsste, brauchte ich Sie nicht zu fragen.»
«Gut – aber inwiefern nicht stimmte?»
«Das ist es eben. Ich kann mich nicht genauer ausdrücken. Aber während wir sprachen, hatte ich – ich weiß nicht wieso – ein Gefühl der Unwirklichkeit… als wäre irgendetwas, irgendeine Kleinigkeit falsch. Ja, ja, dieses Gefühl hatte ich, dass irgendetwas nicht möglich war…»
«Sie blieb unerschütterlich dabei, dass es Theresa war!»
«Ja.»
«Allerdings war die Beleuchtung wirklich sehr schwach. Ich verstehe nicht, wieso sie so überzeugt ist.»
«Hastings, damit ist mir nicht geholfen. Es war irgendeine Kleinigkeit, etwas in Zusammenhang mit – ja, bestimmt mit dem Schlafzimmer.»
«Mit dem Schlafzimmer?», wiederholte ich und versuchte, mir die Einzelheiten dieses Raums ins Gedächtnis zu rufen. «Nein», sagte ich endlich. «Da kann ich Ihnen nicht helfen. Aber sagen Sie, Poirot, warum kamen Sie wieder mit diesem spiritistischen Zeug?»
«Weil es wichtig ist.»
«Was ist wichtig? Das leuchtende Band?»
«Erinnern Sie sich an die Beschreibung, die uns die Schwestern Tripp von der Séance gaben?»
«Sie sahen einen Heiligenschein um den Kopf der alten Dame.» Ich musste lachen. «Ich glaube nach alldem nicht, dass sie eine Heilige war. Miss Lawson scheint eine Heidenangst vor ihr gehabt zu haben. Sie dauerte mich, als sie erzählte, dass sie nicht einschlafen konnte, weil sie zu wenig Fleisch bestellt hatte.»
«Ja, das war eine interessante Bemerkung.»
«Was haben wir in London zu tun?», fragte ich, während sich Poirot im «George» die Rechnung geben ließ.
«Wir müssen sofort mit Theresa Arundell reden.»
«Mon cher, es ist nicht strafbar, auf einer Treppe zu knien. Sie hob vielleicht nur eine Nadel auf oder dergleichen.»
«Und der Lackgeruch?»
Der Kellner mit der Rechnung unterbrach unser Gespräch.
Zwanzig Minuten vor zwei trafen wir in Poirots Wohnung ein. George, der untadelige, stockenglische Butler, öffnete uns.
«Ein Doktor Tanios erwartet Sie seit einer halben Stunde, Sir. Er ist im Salon. Eine Dame wollte Sie sprechen und bedauerte sehr, dass Sie nicht zuhause waren. Das war, bevor ich Ihre telefonische Nachricht erhielt, Sir, und ich konnte ihr daher nicht sagen, wann Sie zurückkommen.»
«Wie sah sie aus?»
«Etwa ein Meter achtzig groß, dunkles Haar, hellblaue Augen. Grauer Mantel, grauer Rock, den Hut weit hinten statt über dem rechten Auge.»
«Mrs Tanios», rief ich leise.
«Sie schien sehr nervös, Sir, und sagte, sie müsse Sie dringend sprechen.»
«Wann war das?»
«Gegen halb elf, Sir.»
Poirot schüttelte den Kopf. «Zum zweiten Mal versäume ich es, zu hören, was Mrs Tanios mir zu sagen hat. Ist das Bestimmung, Hastings?»
Wir traten in den Salon. Dr. Tanios, der in einem Fauteuil saß und ein psychologisches Werk aus Poirots Bibliothek las, sprang auf und begrüßte uns.
«Verzeihen Sie, dass ich mich hier häuslich niedergelassen habe!»
«Du tout, du tout. Bitte, setzen Sie sich! Darf ich Ihnen ein Glas Sherry anbieten?»
«Gerne. Monsieur Poirot, ich bin außer mir, ganz außer mir. Wegen meiner Frau.»
«Wegen Ihrer Frau? Das tut mir leid. Inwiefern?»
«Haben Sie vielleicht mit ihr gesprochen?» Die Frage klang ganz unbefangen, aber der Blick, der sie begleitete, war es weniger.
Sachlich erwiderte Poirot: «Nein, seit ich gestern im Hotel mit Ihnen sprach, nicht.»
«Ich dachte, sie hätte Sie vielleicht besucht?»
Poirot, mit dem Füllen der drei Gläser beschäftigt, fragte in etwas zerstreutem Ton: «Gäbe es einen Grund für einen Besuch?»
«Nein, nein.» Dr. Tanios’ nahm den Sherry in Empfang. «Vielen Dank. Nein, ein Grund eigentlich nicht, aber ehrlich gesagt, ihr Zustand macht mir ernstlich Sorge.»
«Ah? Mrs Tanios Gesundheit ist angegriffen?»
«Körperlich ist sie vollkommen gesund», antwortete er langsam. «Ich wollte, ich könnte das Gleiche auch von ihrer psychischen Verfassung sagen. Ich fürchte, Monsieur Poirot, dass sie einem völligen Nervenzusammenbruch nahe ist.»
«Mein lieber Doktor Tanios, das tut mir aber leid!»
«Das geht schon einige Zeit so. In den letzten zwei Monaten hat sich ihr Verhalten gegen mich vollkommen verändert. Sie ist nervös, ängstlich und hat die wunderlichsten Anwandlungen. Anwandlungen ist zu wenig gesagt – es sind Wahnvorstellungen!»
«Wirklich?»
«Ja. Sie leidet an Verfolgungswahn. Begreifen Sie, wie besorgt ich bin?»
«Gewiss, gewiss.
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