Der Barbar
tat, als sie den Mund öffnete und ich mir die Frage sparen konnte.
»Ich glaube, Purdy, ich kenne dich!«
Dieser schlichte Satz war ein Volltreffer. Er erwischte uns beide, denn Purdy und ich sagten kein Wort.
»Ja, ich kenne dich.«
Purdy blinzelte. »Das kann nicht sein. Das glaube ich nicht.«
»Doch, ich erinnere mich.«
Purdy wandte sich an mich. »John, bitte, was sagst du dazu? Kannst du das glauben?«
»Kara wird es sich nicht aus den Fingern gesaugt haben, denke ich mir.«
»Aber ich...«, sie deutete mit dem Finger auf sich und schüttelte den Kopf. »Aber ich habe damals ganz anders ausgesehen, ich war eine andere Person. Ich sah nicht so aus wie heute, und ich habe auch nicht Purdy Prentiss geheißen.«
»Das ist mir bekannt.«
»Wie sah ich denn aus?«
Kara musste lachen. »Etwas anders. Wilder und kämpferischer. Aber ich kann dich beruhigen. Wir hatten nicht viel miteinander zu tun, aber dennoch so viel, dass ich mich indirekt an dich erinnern kann. Oder noch besser an jemanden, der jetzt dein Leben zerstören will.«
»Dieser Barbar?«
»Ja.«
Purdy erschrak. Wir sahen, dass sich auf ihrem Gesicht eine Gänsehaut ausbreitete. »Das ist nicht möglich. Das glaube ich nicht. Du willst mir hier etwas erzählen...«
»Nein, Purdy, nein. Ich kenne den Barbar. Vergiss nicht, dass ich lange Zeit in Atlantis gelebt habe. Es gab gute und schlechte Gegenden. Mal belebt von guten Menschen, mal von schlechten. Das gehörte alles dazu, und dieser Barbar gehörte zu den schlechten. Er war oder ist eine Mischung aus Mensch und Dämon, der es nun geschafft hat, sich an den Grenzen der verschiedenen Zeiten zu bewegen. Er fühlte sich zu den mächtigen Dämonen hingezogen, ohne jedoch seine menschlichen Triebe zu vergessen, was wiederum für dich wichtig ist.«
»Wieso das denn?«
»Weil du an seiner Seite gewesen bist.«
Purdy war geschockt. Sie schwieg. Sie wurde blass. Sie schaute mich Hilfe suchend an, aber ich konnte ihr nicht helfen, weil ich zu wenig wusste.
»Kannst du mir das genauer sagen?«, flüsterte die Staatsanwältin.
»Ja, das muss ich sogar, weil es wichtig ist.« Kara’s Stimme bekam einen sehr ernsten Unterton. »Du, Purdy, bist in deinem ersten Leben die Geliebte des Barbars gewesen...«
***
Plötzlich war es totenstill. Die Aussage war auch für mich eine Überraschung gewesen, und sie hatte mich zunächst stumm gemacht.
Bei Purdy Prentiss hatten Kara’s Worte eingeschlagen wie eine Bombe. Sie wusste nicht, wie sie sich verhalten sollte. Sie schaute mal mich an, dann Kara, schüttelte den Kopf, war blass geworden und schwankte leicht. Sie blieb trotzdem auf den Beinen, und ich brauchte sie auch nicht zu stützen.
»Habe ich mich verhört?«
»Nein.«
Purdy strich über ihr Gesicht. Sie wühlte die Haare hoch. Sie warf mir einen Blick um Hilfe zu. Sie atmete stoßweise und schüttelte immer wieder den Kopf.
»Ich war also seine Geliebte«, sagte sie schließlich sehr leise.
»Richtig.«
»Und wieso war ich das?«
»Ich kenne keine Einzelheiten«, erklärte Kara. »Ich weiß auch nichts über die genauen Gründe, aber ich erinnere mich daran, dass es so gewesen ist.«
Purdy stöhnte auf und schüttelte den Kopf. »Und... woher weißt du das alles?«
»Weil ich dich erlebt habe.«
»Wie?« Sie sah noch immer hilflos aus.
»Du bist vor ihm geflüchtet. Du wolltest nicht mehr bei ihm sein. Du hast versucht, Unterschlupf zu finden, aber man hat dich gefunden und wieder zurückgeholt.«
»Das weißt du alles?«
»In sehr groben Zügen.«
»Aber warum hast du mir damals nicht geholfen?«
Kara lächelte und schüttelte den Kopf. »Ich kann es dir nicht genau erklären. Es ist wahrscheinlich nicht möglich gewesen. Hätte es anders ausgesehen, ich hätte es bestimmt getan. So aber musste ich passen, was mir natürlich auch nicht gefiel. Er hat dich geholt, davon müssen wir einfach ausgehen.«
Purdy verengte die Augen. »Kannst du dich wirklich nicht an Einzelheiten erinnern?«
»Nein, leider nicht. Ich weiß nur, dass der Barbar eine Geliebte hatte. Das musst du gewesen sein. Aber du hast es auch geschafft, ihm zu entkommen, bist dann getötet worden, und so brauchte er dich nicht mehr. Aber er hat dich nicht vergessen, sonst wäre er nicht gekommen, um dich zurückzuholen.«
Purdy stand auf der Stelle wie jemand, dessen Seelenleben völlig aus der Bahn geworfen war. Sie schwitzte. Sie bewegte sich nicht. Sie hatte eine Gänsehaut bekommen. Ihr war kalt geworden
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