Der Barbar
da...«
»Ich lasse dich doch nicht allein.«
Ja, stimmt.« Sie strich ihre Haare zurück. »Wo ist Kara?«
»Zurückgeblieben.«
Ein leichtes Erschrecken. »Dann sind wir doch allein.«
»So war es vorgesehen.«
»Und der Barbar?«
»Den werden wir suchen müssen. Aber es kann sein, dass er uns auch zuerst findet.«
Purdy deutete ein Kopfschütteln an. Sie hatte es noch immer schwer, zu begreifen, wo wir uns befanden. Dass es nicht mehr unsere Zeit war, unser London und so weiter. Sie musste sich umschauen, um etwas von der Gegend zu sehen, in der wir gelandet waren.
Klar, Purdy hatte auf diesem Kontinent schon existiert. Aber als eine andere Person, mit einem anderen Aussehen, und Erinnerungen drangen bestimmt nicht in ihr hoch.
Auch ich wollte wissen, wo wir uns befanden. Der erste Blick zum Himmel. Er war düster, ein mächtiges Schattendach, dessen Grau aber auch Lücken besaß, in denen es rötlich gloste.
Er zog sich von einem Ende bis zum anderen hin. Ich sah nicht, wo er anfing und wo er aufhörte, aber er war nicht so finster, als das wir in einer tiefen Dunkelheit gestanden hätten.
Wir konnten schon etwas von der Umgebung sehen. Und was wir sahen, ließ Purdy Prentiss aufschreien, denn wir befanden uns auf dem grausamsten Friedhof, den ich je gesehen hatte...
***
In das Platzen der Scheibe hinein mischte sich Shao’s Schrei. Auch sie sah, wie das Fenster zusammenbrach und die Glasscherben in Suko’s Richtung wirbelten.
Suko riss beide Arme über den Kopf, um sich zumindest dort einigermaßen zu schützen.
Dann wuchtete er seinen Körper zurück. Es war ein Sprung aus dem Stand und noch mit einem Überschlag versehen. Shao schaute weiterhin zu, wie der Scherbenregen versuchte, Suko einzuholen, aber der Inspektor war schneller.
Nur seine Landung hatte er sich so nicht vorgestellt. Durch den Überschlag hatte er auf seinen Füßen aufkommen wollen. Das gelang ihm zwar im ersten Moment, aber er rutschte leider mit dem rechten Bein weg und konnte sich auch nicht mehr fangen.
So prallte Suko auf den Rücken, drehte sich sofort wieder herum und nutzte den Schwung aus, um in eine kniende Position zu gelangen. Mit der rechten Hand brachte er die Beretta in die richtige Schussposition, denn der Unhold dachte nicht daran, auf dem Balkon zu bleiben. Er hatte sich seinen Weg frei geschnitten und betrat das große Zimmer. Die verdammte Kettensäge sang dabei ihre tödliche Melodie. Das mörderische Stahlblatt mit seinen zahlreichen spitzen Zähnen zitterte, und der Barbar blieb breitbeinig stehen, wobei er seinen Körper auf der Stelle mal nach links und dann wieder nach rechts drehte. So verschaffte er sich einen besseren Überblick.
Unter seinen Füßen knirschten die Glassplitter, als wollte er sie zu Staub zermalmen. Das dunkle Gesicht mit den hellen Augen stellte den Schrecken an sich dar, und der mächtige Oberkörper schien mal einem Riesen gehört zu haben.
Die Säge kreischte noch immer. Sie sah aus wie ein bösartiges, übergroßes Insekt, das seinen Weg von einem fernen Planeten gefunden hatte.
Der Barbar schaute sich noch immer um. Genau das wunderte Suko. Hier befanden sich zwei Menschen in der Nähe, die er hätte angreifen können. Im Moment jedenfalls schien sein Interesse jedoch etwas anderem zu gelten.
Suko sprach ihn nicht an. Er war froh über die kleine Pause. Aus der knienden Haltung stellte er sich hin. Die Mündung der Waffe zielte auf den Eindringling.
Suko’s Zeigefinger lag am Abzug. Er wollte nicht mehr länger warten. Auch wenn er nicht angegriffen wurde, musste dieser Unhold von der Bildfläche verschwinden.
Er schoss.
Treffer!
Noch mal schießen!
Wieder ein Treffer!
Oder nicht?
Suko war plötzlich durcheinander, weil sich der Eindringling nicht bewegt hatte. Er hatte die Kugeln abbekommen, aber sie steckten nicht in ihm. Das sah Suko deutlich, und dieses Phänomen brachte ihn aus dem Gleichgewicht.
Von der offenen Tür her hörte er Shao’s geflüsterten Satz. »Er kann nicht sterben. Du hast ihn erwischt, aber die Kugeln haben ihn trotzdem nicht getroffen. Was ist das nur?«
»Keine Ahnung.«
»Wir müssen weg!«
»Warte noch!«
Die Unterhaltung der beiden hatte den Eindringling nicht gestört. Er kümmerte sich nicht um sie. Er ging durch den Raum, er schwang seine verdammte Kettensäge, und er nahm keine Rücksicht auf irgendwelche Möbelstücke. Er sägte in die Couch hinein. Der Stoff riss wie Papier. Große Löcher entstanden. Die Füllung quoll
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