Der Baron und die widerspenstige Schöne
wie ein Dolchstoß ins Herz. Nur ihr Stolz rettete sie. Mit aufgesetztem Lächeln und arrogantem Blick murmelte sie: „Lord Darvell ist zu freundlich.“
Ohne ein weiteres Wort miteinander zu wechseln, betraten sie den Empfangssaal. Carlotta bemühte sich, Luke im Verlauf des Abends keine Beachtung mehr zu schenken und sich nicht daran zu stören, dass er sich meist in Gesellschaft von Mrs. Leonora Daniels aufhielt, einer jungen verheirateten Dame, die dennoch ganz offenkundig ihre Netze nach ihm auswarf. Einmal wurde sie zufällig Zeuge, wie er sich nah zu Mrs. Daniels hinüberlehnte, sodass sich ihre Köpfe beinahe berührten, während sie ihm etwas ins Ohr flüsterte. Carlotta redete sich ein, dass es sie nicht kümmerte. Schließlich gab es genug Herren, die ihr Komplimente machten, und sie fühlte sich recht beschwingt, was aber auch an den Auswirkungen des Weins liegen mochte, den sie beim Dinner getrunken hatte.
Nach einer Weile versammelten sich die jüngeren Mitglieder der Gesellschaft um das Pianoforte. Einige wurden überredet, zu singen oder zu spielen.
Carlotta erklärte sich bereit, mit Sir Gilbert Mattingwood ein Duett vorzutragen, und obwohl sie danach für ihren schöne Stimme gelobt wurde, lehnte sie es ab, ein weiteres Stück darzubieten. Sie blätterte gerade mit Julia Price die Notenblätter durch, um ein Stück für sie auszuwählen, als sie aus dem Augenwinkel Luke mit Mrs. Daniels ans Pianoforte treten sah. Starr hielt sie den Blick auf die Notenblätter gerichtet, doch sie hätte sich nicht sorgen müssen, denn Luke schaute kein einziges Mal in ihre Richtung.
„Miss Price, ich sah Sie gestern bei Almack’s. War es nicht ein langweiliger Abend?“, fragte Mrs. Daniels.
Auch Carlotta war dort gewesen und hatte den Abend als äußerst eintönig empfunden. Um nichts in der Welt hätte sie jedoch der eleganten Dame in ihrer modischen goldfarbenen Robe und dem dazu passenden Turban zugestimmt, so besitzergreifend, wie diese sich an Lukes Arm hängte. Julia allerdings hatte sich zum größten Teil in Lord Fairbridges Gesellschaft aufgehalten, daher war Carlotta nicht überrascht, als ihre Freundin meinte, sie habe den Abend bei Almack’s sehr genossen.
„Nun, ich jedenfalls werde so bald nicht wieder dort hingehen. Es sei denn, ich weiß, dass Sie zugegen sein werden, Mylord“, schnurrte Mrs. Daniels.
„Nun, das wird nicht geschehen“, erwiderte Luke lächelnd.
„Darvell besucht Almack’s niemals“, erklärte Sir Gilbert.
Einer der anderen Herren meinte herzhaft lachend: „Und das ist auch gut so, sonst hätten wir dort keine Chance mehr bei den Damen.“
Luke verbeugte sich. „Ich bin Ihnen stets gern zu Diensten, Elmwood.“
„Lord Darvell hält sich wohl für äußerst charmant“, meinte Carlotta leise.
Sofort waren alle Blicke auf sie gerichtet.
„Nein, nein“, schalt Luke sie sanft. „Sie tun mir unrecht, Madam. Ich halte mich für recht durchschnittlich.“
„Ja“, rief Sir Gilbert fröhlich. „Es sind die Damen, die ihn so hoch schätzen. Sie liegen ihm alle zu Füßen.“
„Nicht alle“, gab Carlotta zurück. Sie hatte den Kopf über die Noten gebeugt, doch die Worte lauter geäußert, als es ihre Absicht war. Mrs. Daniels ging einen Schritt auf sie zu.
„Oho“, sagte sie. „Darvell, diese Dame hier ist wohl gegen Ihren Charme immun. Wie ist das nur möglich, Miss Rivington?“
„Es wäre recht langweilig in der Welt, wenn wir alle dieselben Vorlieben hätten“, erwiderte Carlotta. Sie bereute ihre übereilten Worte und wünschte, jemand würde das Gespräch in andere Bahnen lenken.
„In der Tat.“ Mrs. Daniels musterte Carlotta eingehend. Ein verächtliches Lächeln umspielte ihre Lippen. „Ach bitte, verraten Sie uns, welche Eigenschaften Sie an einem Mann attraktiv finden, Miss Rivington?“
„Ja, Miss Rivington, welche Qualitäten schätzen Sie?“ Die Kerzenflammen spiegelten sich in Lukes Augen und erinnerten an kleine tanzende Teufel.
Carlotta schaute die kleine Gruppe an: Alle beobachteten sie aufmerksam, doch zum ersten Mal ließ sie sich davon nicht aus der Ruhe bringen. Sie fühlte sich sogar ein wenig wagemutig und erwiderte Lukes herausfordernden Blick, ohne mit der Wimper zu zucken.
„Ehrlichkeit, Rechtschaffenheit und Ehrgefühl“, zählte sie an ihren Fingern ab.
Mrs. Daniels lachte. Carlotta sah, wie sie den Kopf zurückwarf und dadurch jedem Gelegenheit gab, ihren schönen Hals zu bewundern.
„Meine Liebe, über
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