Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Bastard von Tolosa / Roman

Der Bastard von Tolosa / Roman

Titel: Der Bastard von Tolosa / Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulf Schiewe
Vom Netzwerk:
bekreuzigen, wenn ich daran denke. Dabei war es nur eines von hundert Drecksnestern gewesen, die wir in den Jahren ausgeplündert hatten. Schließlich war Krieg.
    Auf Kyriacos’ Rat hin hatten wir den kürzeren Weg über die Berge gewählt, danach stiegen wir in das Bekaatal hinab. Es war an manchen Stellen fruchtbar, bestand jedoch meist aus ödem Gelände, nur mit spärlichem, braunem Gras bedeckt. Wir verbrachten die Nacht nicht weit von den Ruinen von Baalbek und kamen am nächsten Nachmittag zu dieser Siedlung am Fluss Litani, dessen Wasser die Felder grün hielt. Das Örtchen sah aus der Entfernung wohlhabend genug aus. Wir beschlossen, es zu überfallen, um nicht ganz mit leeren Händen heimzukehren.
    Die Bewohner stoben schreiend in alle Richtungen, als gepanzerte Reiter ins Dorf galoppierten. Unsere Männer legten Feuer an die Hütten und begannen zu plündern. Viele der männlichen Dorfbewohner wurden auf der Stelle niedergemacht. Eine Frau, die ihren Mann nicht loslassen wollte, fiel wie er unter den Streichen der Schwerter, so dass ihre Körper sich auch im Tode vereinten.
    Die übrigen Frauen, in ihre üblichen, dunklen Gewänder gehüllt, wurden auf den Dorfplatz gezerrt, wo sie sich zitternd und klagend aneinanderklammerten und versuchten, ihre Kinder mit den eigenen Leibern zu schützen. Rauch waberte durch das Dorf, die trockenen Schilfdächer loderten, und zum Lärm und Aufruhr der Menschen kamen das verängstigte Meckern der kopflos umherrennenden Ziegen und das schrille Blöken der Schafe, die von unseren Knechten auf der Stelle geschlachtet und enthäutet wurden. Denn wenn sein Leben nicht in Gefahr ist, denkt der Soldat zuerst an den Magen. Es stank nach Rauch, Tierdärmen und Todesängsten.
    Dann fingen die Reiter an, den Weibern die Kleider vom Leib zu reißen. Halbnackte Frauen, ihr bleiches Fleisch zitternd, warfen sich vor ihnen auf die Knie und flehten um Gnade, heulende Kinder, die nicht von den Müttern lassen wollten, und eiserne Soldatenfäuste, die wahllos dazwischenschlugen. Ein widerliches und erbärmliches Schauspiel. Aber unsere
veterani
betrachteten es als ihr angestammtes Kriegsrecht, sich diesen düsteren Spaß zu nehmen. Am Tag nach dem ergebnislosen Beutezug schienen sie ihre Wut noch wilder austoben zu wollen. Fleischeslust kann es kaum sein, denn ich selbst empfinde nur Ekel, diesen Auswüchsen beizuwohnen. Ich glaube eher, es ist der Rausch des Siegers, die triebhafte Befriedigung, den Feind durch Schändung seiner Weiber noch mehr zu demütigen. Ich wandte mich angewidert ab. Soldaten diesen hässlichen Brauch zu verwehren, ist ebenso nutzlos wie gefährlich.
    Und dann war Bertran plötzlich hoch zu Ross mitten unter den Männern. Er ritt im Kreis durch das Dorf, wobei er ihnen laut brüllend und mit erhobenem Schwert Einhalt gebot. Einen, der ein junges Weib an den Haaren gepackt hielt, ritt er ohne Warnung in den Staub, und einem anderen, der sich gerade auf eine fette Bäuerin stürzte, schlug er mit der flachen Klinge auf den haarigen Arsch. Es sei nicht christlich, schrie er, fuchtelte mit dem Schwert in der Luft und versprach, den Nächsten, der gegen seinen Willen handelte, auf der Stelle aufknüpfen zu lassen. Die Männer hielten inne und sahen sich bestürzt an. Solche Töne kannten sie nicht. Jeden anderen hätten sie vom Pferd geholt, aber dem Grafen gehorchten sie und ließen von ihrem Tun ab.
    Sklaven wollten wir nicht nehmen, und so begannen einige der Krieger, in ihrem Verdruss die Frauen zu erschlagen, wie sie es zuvor mit den Männern getan hatten. Ein Riesenkerl, den ich nicht kannte, hatte ein junges Weib, fast noch ein Kind, an den Haaren gepackt und hob das Schwert, um ihr den Kopf abzuschlagen. Eine kreischende Alte hing an seinem Arm und versuchte vergeblich, seinen Griff zu lockern. Dadurch verfehlte das Schwert sein Ziel und fuhr ungeschickt in die Schulter der jungen Frau. Ein Blutschwall traf die Alte, die sich wimmernd auf die tödlich Getroffene stürzte und die Wunde hastig und vergeblich mit ihrem Gewand zu stillen suchte. Dabei stieß sie spitze Entsetzensschreie aus.
    Als der Kerl ein zweites Mal ausholte, setzte ich ihm die Schwertspitze an die Kehle und ritzte ihn, dass ein Tropfen seines Blutes hervortrat. Mit mörderischem Blick drehte er sich zu mir um. Eine struppige blonde Mähne fiel ihm in die gerötete Stirn. Auf der rechten Wange trug er ein Mal von der Größe und Farbe einer Walderdbeere. Einen Augenblick lang dachte ich, er

Weitere Kostenlose Bücher