Der Bastard von Tolosa / Roman
decebrai
te Bertran, nel ti tolrai
ni om ne femena ab mun consel …
Von Stund an will ich, Jaufré, dir, Bertran, treu ergeben dienen ohne Trug oder Verrat, so wie es einem Mann gebührt, der die Hände in die seines Herrn legt. Weder Leben noch Gliedmaßen will ich dir nehmen und dies, ob Mann oder Frau, auch keinem anderen erlauben, sei es auch nur durch Billigung oder Rat.
Und als
castelan
wurde mir von neuem die Verantwortung für die Burg Pilgersberg bestätigt, um alles, was sich darin befand, zu verwalten und für ihn zu bewahren. In der Heimat hatte es sich seit Generationen eingebürgert, dass Titel und Besitz eines
castelans
in seiner Familie verblieben und auf den Sohn vererbt wurden. Aber hier, im neu eroberten Gebiet, war ein
castelan
im ursprünglichen Sinn nur der Hauptmann einer Festung und konnte jederzeit ersetzt werden.
Die Burg Pilgersberg will ich dir bewahren, mit all ihren Teilen und Befestigungen, und dir niemals vorenthalten. Und sollte jemand sie in seine Gewalt bringen, so will ich nicht ruhen, bis ich für dich zurückgewonnen habe, was man dir genommen.
Dies und mehr hatte ich geschworen, und alles war sorgsam von den Mönchen im Gefolge des Grafen aufgezeichnet worden. Wie jedermann weiß, binden solche Gelübde uns fester als alle anderen Bande, einschließlich jener des eigenen Blutes. Mein Schicksal war nun mit dem Bertrans verbunden. Ich war ganz sein Mann, und nur er selbst oder sein Tod konnten mich davon lösen. So ist es Brauch.
»Warum nennen sie ihn Bertran den Bastard?«, unterbrach Hamid meine Gedanken.
»Er stammt aus Raimons erster Ehe. Eine Verbindung mächtiger Familien. Hat dem Alten ganze Landstriche in der Provence eingebracht. Später wurde diese Ehe für ungültig erklärt. Wegen angeblich zu naher Verwandtschaft. Da wurde der Erbe plötzlich zum Bastard.«
»Was für eine fränkische Unsitte, eure Ehe für ungültig erklären zu lassen, wenn ihr eine andere Frau heiraten wollt! Noch dazu euren Patriarchen in Rom um Erlaubnis fragen. Was für Umstände?« Hamid schüttelte den Kopf. »Warum erlaubt euer Prophet Jesus nicht mehrere Frauen gleichzeitig, so wie bei uns? Wenn ein Mann sich eine zweite Frau nehmen will, dann tut er es, und niemand beklagt sich. Und warum den Sohn bestrafen? Söhne sind ein Geschenk Allahs. Ein Vater liebt alle Söhne, und keiner wird zum Bastard.«
»Gut. Nehmen wir uns also auch vier Frauen, wie euer Prophet erlaubt«, lachte ich. »Aber Raimon hat Bertran deshalb nicht schlechter behandelt. Er ernannte ihn zum Stellvertreter in Tolosa, als er mit dem Heer nach Osten zog. Auch hat er den Grafentitel geerbt, wenngleich daheim nicht alle damit einverstanden sind, wie man so hört.«
»Wegen Alfons Jordan?«
Als Sechzigjähriger und wenige Jahre vor seinem Tod hatte Raimon sein junges Weib noch einmal geschwängert. Elvira war eine zarte, schwächlich anmutende Frau und hatte in den Jahren zuvor wiederholt ihre Leibesfrucht verloren. Bis sie, zur großen Freude des Grafen, ihm zuletzt doch noch ein Kind gebar.
»
Certas.
Der Junge ist zwar erst acht, aber nach unserer Sicht der Dinge gebührt ihm der Vorzug in der Nachfolge.«
Auf dem weiteren Ritt heimwärts über staubige Wege schwiegen wir lange Zeit, und meine Gedanken wanderten zu Noura, die auf unserem Landgut in den Hügeln über Tripolis auf mich wartete, und zu Adela, unsere elfjährige Tochter. Ich begann, mich auf das Wiedersehen zu freuen. Vielleicht fanden sich in den Souks der Stadt ein paar Geschenke, bevor ich zu ihnen ritt.
»Ihr Franken seid ein blutrünstiges Volk«, unterbrach Hamid meine Gedanken, nachdem er stundenlang vor sich hin gebrütet hatte. Er spielte ohne Zweifel auf die Plünderung des Dorfes im Bekaatal an.
»Die Türken sind nicht besser.«
»Nein. Auch die sind Barbaren. Was kann man von einem Nomadenvolk anderes erwarten.« Er benutzte das griechische Wort
bárbaroi,
obwohl er unsere Sprache gut beherrschte. In Outremer blieb es nicht aus, dass immer mehr fremde Worte Eingang in unsere Sprache fanden.
»Plündern und Brandschatzen ist Kriegsrecht«, entgegnete ich ungerührt. »Wie willst du ein Heer ernähren, wenn nicht geplündert wird?«
»Verpflegung ist eines …«, räumte er ein.
»Und die meisten sind überhaupt nur dabei, weil es Gelegenheit zum Plündern gibt. Das bisschen Sold, das sie kriegen, da hätten wir bald kein Heer mehr.«
»Auch das verstehe ich, aber warum Menschen grundlos totschlagen? Ein Dorf voller Frauen
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