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Über Gott und die Welt

Über Gott und die Welt

Titel: Über Gott und die Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Umberto Eco
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Quellenverzeichnis
    Erläuterungen
    I
    Auf dem Wege zu einem Neuen
    Mittelalter
    Neuerdings hat man in verschiedenen Kreisen begonnen, von unserer Epoche als von einem neuen Mittelalter zu sprechen.
    Die Frage ist, ob es sich dabei um eine Prognose oder um eine Feststellung handelt. Mit anderen Worten: Sind wir bereits in das Neue Mittelalter eingetreten, oder steht uns, wie es Roberto Vacca vor kurzem in einem beunruhigenden Buch ausgedrückt hat, ein
    »Mittelalter in naher Zukunft« bevor? Vaccas These bezieht sich auf den Verfall der großen Systeme, die für das technologische Zeitalter typisch sind: zu ausgedehnt und komplex, um von einer zentralen Autorität im ganzen koordiniert oder auch nur im einzelnen von einem effi zienten Management kontrolliert zu werden, seien sie zum Kollaps verurteilt und bewirkten im gleichen Maße, wie sie ihm näher kämen, unweigerlich einen Rückschritt der ganzen industriellen Zivilisation. Überprüfen wir die apokalyptischste Hypothese, die Vacca in einem Szenario von großer Eindringlichkeit entwirft.
    1. Projekt einer Apokalypse
    Eines Tages wird es in den Vereinigten Staaten dazu kommen, daß die Koinzidenz einer Verstopfung der Straßen mit einer Lähmung des Bahnverkehrs die Ablösungsmannschaft eines großen Flughafens daran hindert, ihren Arbeitsplatz zu erreichen. Vom Streß überwältigt, verursachen die nicht abgelösten Fluglotsen einen Zusammenstoß zweier Jumbos, die auf eine Hochspannungsleitung stürzen, deren Ladung, verteilt auf andere, schon überlastete Leitungen einen Blackout bewirkt, wie ihn die Stadt New York bereits vor einigen Jahren erlebte. Nur ist er diesmal noch gründlicher und dauert mehrere Tage. Da es schneit und die Straßen verstopft bleiben, bilden die Autos gigantische Knäuel. In den Büros entzünden die Leute offene Feuer, um sich zu wärmen, es kommt zu Bränden, die nicht gelöscht werden können, da die Feuerwehr sie nicht erreicht. Unter dem Ansturm von fünfzig Millionen Eingeschlossenen, die sich gegenseitig anzurufen versuchen, bricht das Telefonnetz zusammen.
    Es beginnen Märsche im Schnee mit Toten am Wegrand.
    Von aller Versorgung abgeschnitten, versuchen die wandernden Horden, sich Unterkünfte und Lebensmittel zu beschaffen, die Zigmillionen in Amerika frei verkauften Schußwaffen treten in Aktion; die Streitkräfte übernehmen die Macht, doch auch sie erliegen der allgemeinen Paralysierung. Supermärkte werden ge-plündert, die Kerzenbestände in den Häusern gehen zur Neige, die Zahl der Erfrorenen, der Verhungerten und der Toten in den überfüllten Kliniken steigt. Nach ein paar Wochen, wenn die Normalität wieder notdürftig hergestellt ist, beginnen die zahllosen Leichen in den Städten und auf dem Lande, Epidemien zu verbreiten, es drohen Seuchen im Ausmaß der Schwarzen Pest, die im 14. Jahrhundert zwei Drittel der europäischen Bevölkerung dahinraffte. Angstpsychosen entstehen, ein neuer McCarthyismus kommt auf, der den alten an Brutalität noch weit übertrifft. Das politische Leben, in die Krise getreten, zerfällt in eine Vielzahl autonomer und von der Zentralmacht unabhängiger Subsysteme mit Söldnermilizen und Selbstjustiz.
    Während die Krise sich ausbreitet, sind es die Bewohner der un-terentwickelten Zonen, die leichter mit ihr zurandekommen, da sie schon vorher gelernt hatten, sich unter schwierigen Lebens-und Konkurrenzbedingungen durchzuschlagen, und so kommt es zu großräumigen Migrationen mit Rassenvermischungen und
    -fusionen, Importen und Ausbreitung neuer Ideologien. Nachdem die Kraft der Gesetze erloschen ist und die Kataster zerstört sind, stützt sich das Eigentum nur noch auf das Recht der »Usukapion«, das heißt des Besitzerwerbs durch »Ersitzung« nach dem Motto
    »wer hat, der hat«; zugleich reduziert der rasche Verfall die Städte auf eine Serie von Ruinen im Wechsel mit Häusern, die noch bewohnbar sind und jeweils von denen bewohnt werden, die sich ihrer bemächtigen, während lokale Autoritäten noch eine gewisse Macht behalten können, indem sie abgeschirmte Bezirke und kleine Festungen bilden. An diesem Punkt ist man schon tief in feudalen Strukturen, die Bündnisse zwischen lokalen Mächten beruhen auf Kompromissen und nicht auf dem Recht, die individuellen Beziehungen gründen auf Aggressionen, auf Freundschaftsbündnissen oder Interessengemeinschaften, elementare Bräuche der Gastlichkeit für den Wanderer bilden sich neu.
    Angesichts dieser Perspektive, meint Vacca, sei es

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