Der Bastard von Tolosa / Roman
Alexis, schien sich dann aber ein Herz zu fassen. »Wir kommen mit,
Senher!
«, sagte sie bestimmt, wenn auch etwas atemlos. Alexis war rot geworden, sein Adamsapfel hüpfte auf und ab. Er schien keinen Ton hervorzubringen, nickte aber heftig.
Ich war sprachlos.
»Wie soll ich das deiner Herrin erklären, jetzt in der Nacht? Ich kann ihr doch nicht die Magd entführen.«
Arnaud mischte sich ein. »Ich rede mit der
Comtessa.
Sie wird es verstehen.«
Ich schüttelte den Kopf. »Alexis, ich dachte, du wolltest bei deiner Familie bleiben.«
Der Junge blickte auf Cortesa. »Sie hat Heimweh, Herr.«
»Nehmt mich in Eure Dienste,
Senher
«, bat das Mädel. »Ich will eine gute Magd für die junge Herrin sein, ich verspreche es.«
Der Gräfin gegenüber war mir nicht wohl bei dem Gedanken. Andererseits war ich froh, Alexis weiterhin um mich zu haben. Ich hatte mich an den Jungen gewöhnt, und wenn der Preis dafür diese Magd war, dann sollte es so sein.
»Also gut«, brummte ich, »sucht euch einen Platz an Bord.«
Cortesa ergriff meine Hand und küsste sie inbrünstig. »Ich danke Euch, Herr, Ihr werdet es nicht bereuen!«
Und so kam es, dass die beiden, ihre Bündel mit Habseligkeiten unter dem Arm, ungelenk über die Planke an Bord stiegen. Adela lief gleich zu Cortesa und umarmte sie freudig.
Bevor ich mich von dieser Geschichte erholen konnte, wurden wir von der Menge umringt. Jeder wollte uns berühren und uns gute Reise wünschen. Ich schüttelte viele Hände, Roger, Robert. Guilhem zog mich nochmals an seine Brust, Roland Bonaserre war gekommen, und andere alte Gefährten sagten adieu. Hamid machte die Runde wie ich, die Dirnen küssten uns, man schlug uns immer wieder auf den Rücken, und wir sollten doch bitte die Heimat grüßen.
Schließlich stand die schöne Barbara vor mir. Bilder unserer gemeinsamen Nacht drängten sich auf, und ich wollte sie zum Abschied küssen, aber mit einem Zeichen in Richtung Adela entzog sie sich meiner Umarmung.
»Ich danke dir für deine Hilfe, Barbara.«
»Gute Reise,
caro.
« Sie lächelte mir geheimnisvoll zu. »Werd wieder glücklich, Jaufré.
Felicitá e lunga vita!
« Ich fasste kurz ihre Hände, dann trat sie zurück.
Zuletzt packte mich Arnaud in einer erdrückenden Bärenumarmung, bis ich schrie, ob er mich vor der Reise noch umbringen wolle.
»Jaufré, ich danke dir für dein gutes Wort beim Grafen. Euthalia ist glücklich. Wir werden dich nicht vergessen.«
Ich merkte, dass ich nicht der Einzige war, dem die Augen feucht geworden waren. Ich stolperte über die Planke und wäre fast gestürzt, weil ich kaum noch sehen konnte. Die Hunde liefen an Bord, Hamid versuchte sie zu beruhigen, und dann machten die Seeleute die Leinen los und stießen das Schiff mit den langen Riemen vom Kai ab.
»Ich habe mich nicht vom Grafen verabschiedet!«, rief ich Arnaud zu. Und noch etwas fiel mir ein. »Sag der
Comtessa,
es tut mir leid, dass ich nicht an ihrem Fest teilnehmen kann!«
»Keine Sorge, ich erkläre ihnen alles«, hallte es über den immer größer werdenden Streifen Wasser zwischen Kai und Schiff, dann legte Bonifacio das große Steuer um, die Riemen bissen, und das Schiff bewegte sich langsam auf die Hafenausfahrt zu. Ich fasste Adela bei der Hand, und wir rannten mit Hamid zum Heck und winkten, bis uns die Arme schmerzten. Am Kai schrien sie alle durcheinander und winkten ebenfalls wild herüber. Auch die Seeleute an Bord schrien und warfen den Weibern Kusshände zu. Es war ein Heidenlärm, der erst verebbte, als sich das Schiff schon der Hafeneinfahrt näherte. Zuletzt sah ich noch, wie jemand von der Kaimauer ins Wasser plumpste und Arnaud ihn wieder herauszog.
So endete schließlich ein großer Abschnitt meines Lebens, während ich noch wehmütig zu meinen Freunden zurückblickte. Pilet war hier begraben, so wie unzählige andere Kameraden, die auf diesem Flecken Erde den Tod gefunden hatten. Irgendwo da oben in den Hügeln lag Noura in ihrem kühlen Grab. Sie würde für immer in meinem Herzen bleiben. Ich sah ihr sanftes Antlitz vor mir und flüsterte: »Wünsch uns Glück, mein Liebling. Und bleib an unserer Seite.«
»Was sagst du, Papa?« Adela sah zu mir auf und zitterte im Morgenwind.
»Nichts, mein Schatz.« Ich schlang meine Arme um sie und blickte auf den noch grauen Horizont. Das Schiff bewegte sich in den ersten Wellen, denn wir hatten nun den Hafen verlassen und fuhren aufs offene Meer hinaus. Es war noch kühl, aber die Sonne kündigte
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