Der Bastard von Tolosa / Roman
stolperte dann hinter dem Normannen die Stiege hinunter.
Arnaud legte einen scharfen Ritt durch die Gassen der Vorstadt vor, und bald schossen wir durch das Tor in der Stadtmauer von Tripolis. Dann ging es weiter in Richtung Hafen. Ich war verwirrt. Welche Dame?
Nun schwenkte Arnaud vom Hafen weg, und wenig später hielten wir vor dem Haus der
Keuschen Barbara.
»Que deable!«
»Still!« Arnaud legte den Finger auf die Lippen. »Es wird alles aufgeklärt. Ich verspreche es.«
Er hämmerte an die Tür, und alsbald wurden wir von einem Hausknecht eingelassen. Wir traten in den Hauptraum des Badehauses. Statt des üblichen Halbdunkels war der Raum strahlend hell von unzähligen Kerzen erleuchtet. »Da ist er endlich!«, schrie es aus vielen Kehlen und »gute Reise, Jaufré!« und »vergiss uns nicht!«
Sie umringten mich, meine alten Kumpane ebenso wie die jungen Dirnen des Hauses und hoben Becher und Kelche, um auf meine Gesundheit zu trinken. Ihre Fröhlichkeit steckte an, obwohl ich immer noch nicht verstand, was hier vor sich ging. Einige traten zur Seite, und plötzlich kam Barbara auf mich zu. Sie war in nachtblaue Seide gekleidet und hatte sich sorgfältig schön gemacht.
»Die schönste Frau von Tripolis liegt ihm zu Füßen, und der arme Tropf will auf ein Schiff steigen.« Das war Robert
lo Caval.
Er schlug mir auf den Rücken und lachte aus vollem Halse.
»Jaufré!« Barbara legte mir die Arme um den Nacken und küsste mich ungeniert auf den Mund, während alle um uns johlten, pfiffen und klatschten. Es wurde ein langer Kuss, und als ich Luft holte, sagte sie: »Danke, dass du gekommen bist. Ich wünsche dir eine gute Reise. Und vergiss uns nicht gleich wieder.«
Sie hielt mein Gesicht in beiden Händen und schaute mir lange in die Augen. Dann senkte sie den Blick und trat zurück.
»Kann mir endlich einer erklären, was hier vor sich geht?«, rief ich in die ausgelassene Menge.
»Ricard hat sich entschlossen, noch ein wenig bei Barbaras hübschen Töchtern zu verweilen«, schrie Guilhem und hieb sich lachend auf die Schenkel, »weil es hier so schön ist.«
Alles fiel in sein Gelächter ein. Plötzlich stand Roger d’Asterac vor mir und grinste mich an.
»Du bist auch hier?«
»Komm Jaufré, ich zeige dir etwas.«
Er schritt mit mir in die hintere Ecke des Raums, wo sich die Tür zu einem Gang befand, der ins Innere des Hauses führte. Er zog mich hinein, und andere folgten lachend. Dann riss er eine weitere Tür auf, und Guilhem, der neben ihm stand, leuchtete mit einer Kerze hinein.
»Da liegt die Bestie«, gluckste Guilhem.
Ricard lag völlig nackt auf dem Steinboden. Blut war ihm aus der Nase geronnen, und er hatte Abschürfungen an den Armen, ansonsten schien er unverletzt. Aber sorgfältig an Händen und Füßen gefesselt, lag er auf der Seite und konnte sich nicht rühren. Als sich sein wirrer Blick auf mich heftete, versuchte er, den Oberkörper zu heben. Dabei starrte er mich mit solch einem Hass an, dass ich unwillkürlich einen Schritt zurückgetreten wäre, hätten meine Freunde nicht so dicht hinter mir gestanden.
»Montalban«, flüsterte er. In dem Lärm konnte ich es kaum hören, aber es war nicht schwer, das Wort von seinen Lippen abzulesen. Er spuckte in meine Richtung, und der Speichel lief ihm am Kinn herunter. Dann fing er an zu schreien. »Dafür krieg ich dich, glaub es mir, ich krieg dich! Eines Tages, Montalban!«
Roger schlug die Tür wieder zu, aber wir konnten ihn immer noch da drinnen toben hören. Nun zogen sie mich lachend wieder in den Baderaum, wo die Mädchen ausgelassen »Ich krieg dich! Ich krieg dich!« kreischten und die Männer ihre Trinkbecher hoben.
»Auf den edlen Ricard!«, stimmte Guilhem an, und alles brach in neues Gelächter aus. Mir war nicht wirklich nach Lachen zumute. Ich packte Arnaud am Arm. »Was ist hier passiert?«
»Hamid und Robert haben das ausgeheckt!« Er schob Robert
lo Caval
vor und sagte: »Erzähl es ihm!«
»Ich wusste, dass Ricard schlechte Angewohnheiten hat. Es war schon öfter vorgekommen, und Barbara wollte ihm das Haus verbieten.«
»Was für Angewohnheiten?«
»Er fesselt die Weiber und schlägt sie mit dem Gürtel. Scheint ihm nur Spaß zu machen, wenn er ihnen Gewalt antun kann.«
»Un porco!«,
stimmte Barbara zu.
»Das brachte uns auf die Idee«, fuhr Robert fort. »Ich kenne die Weinstube, die Ricard besucht, und da hab ich lange mit ihm getrunken und ihn dann überredet, eine vergnügliche Nacht bei
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