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Der Bastard von Tolosa / Roman

Der Bastard von Tolosa / Roman

Titel: Der Bastard von Tolosa / Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulf Schiewe
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der Kammer um, konnte allerdings außer Pergamente und Aimars Schreibgerät auf dem Pult nichts Verdächtiges entdecken.
    »Wir reden von alten Zeiten.«
    »Von Krieg und Weibern will ich wetten!«, ließ sie ungehalten vernehmen, und mit einem verächtlichen »Männer!« wandte sie sich zur Tür, um nach der Magd zu schreien.
    »Maria! Wo bleibst du denn? Beeil dich,
nina!
«
    Aimar saß eingeschüchtert da. Ich zwinkerte ihm aufmunternd zu. Die Köchin zeigte sich gern mütterlich streng mit mir, und meistens ließ ich sie gewähren. Ein harmloses Spiel. Sie schob nun Aimars Schriftstücke auf die Seite und stellte die Kerze auf den Tisch. Die Magd kam ächzend die Stufen heraufgeklettert. Noch bevor sie über die Schwelle trat, waberte uns ein wunderbarer Duft nach Fleisch und Gewürzen entgegen. Das große Holzbrett, schwerbeladen mit allem für ein wahres Festgelage, ließ sie vorsichtig auf dem Tisch nieder. Feierlich hob die Köchin den Deckel des Schmortopfes ab, so dass sich der köstliche Geruch in der ganzen Kammer verbreitete und uns das Wasser im Mund zusammenlief.
    »Conilh«,
verkündete sie würdevoll und reichte jedem einen Teller mit einer dicken Scheibe Brot darauf. Auf das Brot legte sie jeweils zwei Stücke Fleisch und übergoss das Ganze mit einer braunen Soße, die sie aus dem Topf löffelte. Dies war eines ihrer besseren Gerichte. In Speck gewickelte Kaninchenteile, angebraten in Olivenöl und langsam mit Zwiebeln, Knoblauch, Thymian, Rosmarin und einem Schuss Wein geschmort. Dazu grüne Bohnen, Hirsebrei und zum Nachtisch Kompott. Hungrig schnupperte ich an meinem Teller.
    »Ich liebe
conilha!
«, rief ich aus reinem Schabernack. Mein lästerliches Wortspiel beantwortete die Köchin mit einem vernichtenden Blick. Denn
conilha
ist das Karnickelweibchen, und ebenso nennt man ein sittenloses Weib. Und wenn man bedenkt, wie hemmungslos sich die Viecher vermehren, dann weiß man auch, warum.
    »Bildet Euch nicht ein,
Senher
Castelan,
dass wir nun jeden Tag so auffahren«, rief sie scharf. »Und Eure Frechheiten kommen bei mir schlecht an!« Sie legte dem Mönch noch ein weiteres Stück Fleisch auf den Teller. Maria stand dabei und lächelte sanft. Sie hatte ein freundliches, stilles Wesen.
    »Unser Frauenvolk hat dich ins Herz geschlossen, Bruder Aimar.« Ich schlug ihm auf den Rücken. »Lang zu, bevor sie es sich anders überlegen!«
    Beim Anblick des Festmahls waren ihm die Augen aus dem Kopf getreten, dass man meinte, sie würden gleich herunterpurzeln. Da konnte die Köchin sich nicht beherrschen und fing an zu lachen.
    »Na, wenigstens einer, der unsere Künste zu schätzen weiß.«
    Hatte ich da einen anzüglichen Blick entdeckt? Doch die beiden Weiber waren schon auf der Stiege und begannen kichernd ihren Abstieg. Diese Frau trieb es manchmal entschieden zu bunt.
    »Bevor ich es vergesse«, rief ich hinterher. »Schickt mir noch Gustau herauf.«
    »Machen wir,
Castelan!
«, rief Maria fröhlich, und dann folgte erneutes Lachen. Was, zum Teufel, war daran so witzig? Ich goss mir Wein ein und probierte. Ah! Der war von meinem eigenen Fass, das ich für besondere Gelegenheiten aufbewahrte. Unser heimischer Tropfen ist nicht so gut wie jener aus den besseren Lagen weiter östlich Richtung Küste, aber mir mundet er trefflich. Ich nahm noch einen Schluck und kostete genüsslich die fruchtige Blume und den kräftigen Geschmack der südlichen Sonne.
    Kaum hatten wir ein hastiges Dankgebet gemurmelt, machten wir uns wie ausgehungert über das Mahl her, obwohl man sich am heißen Fleisch die Finger verbrannte. Das Kaninchen war leicht scharf. Die Köchin musste ein wenig von meinem gut gehüteten Pfeffer dazugetan haben. Es schmeckte göttlich, und über längere Zeit redeten wir nicht, denn Aimar bestand nur noch aus vollen, kauenden Backen, vor Fett triefenden Fingern, die nach dem nächsten Stück langten, und lustvoll verdrehten Augen. Gelegentlich stieß er einen stöhnenden Seufzer aus. Er fraß alles in sich hinein, als fürchte er, man würde ihm gleich den Teller wegreißen. So ein Essen schien er schon lange nicht mehr, wenn überhaupt jemals, genossen zu haben. Schließlich, nach dem Nachtisch, lehnte er sich zurück und rieb zufrieden seufzend die fettverschmierte Hand über den Bauch.
    »Die Frau ist stachelig wie eine Wildrose«, bemerkte ich lachend. »Aber vom Kochen versteht sie was!« Ich hob meinen Becher und trank dem Jungen zu. Er goss sich von der Wasserkaraffe ein und

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