Der Bastard von Tolosa / Roman
ein scharfer Wind blies um den Turm. Deshalb hatten wir die Läden angebracht und ein Feuer im Kamin entzündet. Und zur Stärkung hatte Maria uns einen warmen Kräuterwein gebracht.
»Kaum hatten wir uns von der Küste entfernt, als ein heftiger Sturm über uns hereinbrach und uns tagelang auf See festhielt. Und ich sage dir, mein Junge, es gibt keinen besseren Ort, um die Allmacht Gottes am eigenen Leib zu spüren, als auf einem kleinen Schiff in einem gewaltigen Sturm.
Es heulte und pfiff, als würden wir von allen Furien der Hölle gejagt. Eine graugrüne Woge nach der anderen rollte heran, und die See türmte sich so wild, dass der Sturm weiße Gischtfetzen von den Wellenkämmen riss. Es sah aus wie tausend Rauchfähnchen, die das Meer vernebelten.
Jedes Mal, wenn eine Welle auf den Bug aufschlug, krachte es, als würde das Schiff in Stücke zerbersten. Der Rumpf erzitterte wie von Gottes Faust geschüttelt, und die Planken ächzten unter der Wucht der Wassermassen. Weiße Gischt fegte über das Deck hinweg, und alles war ständig in Bewegung. Wenn eine besonders heftige Böe das Schiff erfasste, dann legte es sich so stark auf die Seite, dass einem das Herz aus dem Leibe springen wollte und ich überzeugt war, nun würden wir kentern und mit Mann und Tier ersaufen.«
Dann waren wir krank geworden, Adela und ich. Kopfschmerz und Schwindel, alles drehte sich um uns in diesem muffigen Verschlag unter Deck, in den wir vor dem Wetter geflüchtet waren. Die Bewegungen des Schiffes waren so wild, dass wir immer wieder von unserem Strohsack geschleudert wurden. Wir kotzten in den Notdurfteimer, bis nur noch grüne Galle kam. Adela war grünlich bleich und wimmerte an meiner Seite. Alexis ging es nicht besser. Nur Cortesa schien unverwüstlich. Sie hielt Adelas Kopf, wenn sie sich übergab, und trocknete ihr den kalten Schweiß von der Stirn. Uns blieb nichts anderes, als sturmgeschüttelt dahinzudämmern und auf Gottes Gnade zu hoffen.
»Drei Tage dauerte der Sturm«, fuhr ich fort. »Als der Wind sich schließlich beruhigte und wir wieder unseren Kurs aufnehmen konnten, entflohen wir der stinkenden Kammer, um endlich frische Luft zu atmen.«
Auch die Hunde und vor allem unsere Pferde hatten schrecklich gelitten. In den engen Pferchen waren sie hin und her geschleudert worden. An deren Planken hatten sie sich schmerzhafte Abschürfungen zugezogen, die durch das Salzwasser zu schwären begannen, und einer der Stuten war ein langer Splitter in das Vorderbein gedrungen. Hamid zog ihn heraus, und Adela half ihm, die Wunden mit Süßwasser auszuwaschen und mit Salben zu behandeln. Während der Reise standen die Gäule mit hängenden Köpfen in ihren Pferchen und verweigerten nicht selten das Futter. Der Mangel an Bewegung war für sie das Schlimmste.
»Das Schiff hatte einige Schäden davongetragen, und mit nur einem Segel krochen wir in den Hafen von Larnaka auf Zypern.
Maistre
Bonifacio hatte Botschaften für den Palast des Patriarchen und nahm andere in Empfang, die wir nach Sizilien und Genua bringen sollten. Nach den notwendigen Ausbesserungen segelten wir weiter nach Norden, an der kilikischen Küste entlang bis Rhodos, und von dort folgten wir den Inseln bis nach Kreta.«
Als einzelner Segler mieden wir bewohnte Küstenstriche. Bonifacio wollte keine Begehrlichkeiten wecken, denn Seeräuber waren bei weitem die größte Gefahr. Von Kreta aus waren wir einer weiteren Inselkette bis zum griechischen Festland gefolgt und dann hinüber zu den Ionischen Inseln, wo wir auf Ithaka noch einmal unsere Wasserfässer füllten. Im Morgengrauen des nächsten Tages lichteten wir den Anker und wagten uns gen Westen mit geradem Kurs auf Sizilien.
»Zum ersten Mal segelten wir vier Tage und Nächte lang über offenes Meer, ohne Land zu sehen. Gott sandte uns jede Art von Wetter, und einen Tag lang so starken Wind, dass Bonifacio die Segel reffen ließ. Aber es machte uns nichts mehr aus. Im Gegenteil, wir genossen den wilden Ritt über die Wellen und den Geschmack des Salzes auf den Lippen, das die Gischt hinterließ.«
Adela war inzwischen so braun wie die Seeleute selbst und lachte gern über die kindisch derben Scherze und halsbrecherischen Kunststücke, die die Männer in den Masten hoch über dem Schiffsdeck für sie aufführten. Der Schrecken der Seekrankheit war vergessen, und sie fühlte sich wohl unter diesen wilden Burschen. Sie lernte, den Nordstern zu finden und den großen Wagen. Besonders hatte es ihr Orion,
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