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Der Bastard von Tolosa / Roman

Der Bastard von Tolosa / Roman

Titel: Der Bastard von Tolosa / Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulf Schiewe
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Lachen.
    »Tausend Meilen sind wir gereist«, rief er, »und welch herzlicher Empfang!« Er schlug sich auf die Schenkel. »Hast du mir nicht erzählt, sie sei ein schüchternes Mädchen?« Er konnte kaum reden vor Lachen. »Wenn die da schüchtern ist, wie sind dann die anderen Frankenweiber?«
    Er hielt sich die Seiten und konnte sich nicht beruhigen. »Streitbare Weiber habt ihr Franken!«, prustete es aus ihm hervor. »Seid ihr deshalb ins Morgenland gezogen? Um ihnen zu entkommen?« Nun konnte auch Drogo sich nicht mehr beherrschen und stimmte in Hamids Lachen ein.
    »Jerusalem hast du erobert«, japste Hamid. »Aber das war ein Kinderspiel! Denn jetzt gilt es, deine eigene Burg zu nehmen. Und an diesem Weib beißt du dir die Zähne aus.«
    Erneut überfiel ihn ein Lachkrampf, und er schrie vor Vergnügen. Langsam, wenn auch widerwillig, zuckte es mir selbst um die Mundwinkel. Dann lachte Brun und nach ihm das ganze Dorf.
    Dieu, mon Dieu!,
dachte ich, was für eine Schmach!
    ***
    Dabei war die Angelegenheit gar nicht witzig.
    Berta ließ niemanden rein und niemanden raus. Sie hatte sich vollständig verbarrikadiert und ihre mit Bögen bewaffneten Männer auf den Zinnen postiert. Auch, wenn es nur sechs Wachleute waren, im Handstreich ließ sich die Burg nicht nehmen. Außerdem war an Blutvergießen nicht zu denken, nicht in meinem eigenen Dorf, zum Kuckuck! Nein, es blieb mir nichts anderes übrig, als zähneknirschend abzuwarten. Aber mit genügend Wasser in den Zisternen konnte sie dort oben Monate ausharren. Die Sache war peinlich für mich, und Hamids beißender Humor machte es nicht besser.
    »Hattest du nicht vor, sie in ein Kloster abzuschieben«, erinnerte er mich grinsend. »Freiwillig wird sie wohl nicht gehen. Eher macht sie dich zum Mönch!«
    Mein finsteres Gesicht schien ihn nur noch mehr zu erheitern.
    Die Leute im Dorf waren ganz Mitgefühl, zuckten hilflos mit den Schultern und sprachen mir aufmunternde Worte zu. Was denn nur in die Herrin gefahren sei, so zornig kenne man sie gar nicht. Und freuen solle sie sich doch, dass der
Senher
endlich heimgekehrt sei, nach so vielen Jahren. Man versuchte, mir Mut zu machen. Berta würde sich bestimmt bald besinnen.
    Doch bei allem mitfühlenden Verständnis für meine missliche Lage wurde ich das Gefühl nicht los, dass sich viele heimlich freuten, dass ihre Herrin den Mut hatte, einem Kerl wie dem
Senher
die Stirn zu bieten. Wahrscheinlich feixten sie hinter meinem Rücken, bewunderten Bertas Rückgrat und schlossen Wetten ab, wie lange sie durchhalten würde. Besonders für die Weiber wurde sie vermutlich zur heimlichen Heldin, wie man dem gelegentlichen Grinsen hinter vorgehaltener Hand entnehmen konnte, und mancher Bauer mochte mich verfluchen, wenn er sich abends sein Essen selbst zubereiten musste. Wer den Schaden hat, muss sich um den Spott nicht sorgen, so heißt es seit eh und je. Äußerlich nahm ich diese Erniedrigung mit Gelassenheit, aber in meinem Inneren brodelte es gefährlich.
    Zwischenzeitlich hatten wir uns in der
alberc
einquartiert, wie das leerstehende Haus schon seit jeher genannt wird, auch heute noch. Es ist vor langer Zeit von Odo errichtet worden, um sein umfangreiches Gefolge unterzubringen, wenn er zu Besuch auf Rocafort weilte. Und es dient gelegentlichen Reisenden von Stand als Unterkunft, wenn sie von der Nacht überrascht werden. Ein geräumiges Haus mit rotem Ziegeldach, das am südlichen Rand des Dorfes steht, mit Blick über die Wiesen, die sich über zwei Meilen bis zum Berg hinauf ziehen.
    »Dort oben, Nähe Waldrand, werden wir dein Gestüt errichten«, sagte ich, um von etwas anderem zu reden als nur von Bertas wildem Aufstand gegen ihren rechtmäßigen Herrn und Gemahl. Hamid hob die Hand, um seine Augen gegen die Mittagssonne zu schützen.
    »Ich hoffe, der Boden ist nicht zu trocken.«
    »Ein sanfter Nordhang, wie du siehst, und die Wiesen sind saftig. Wir werden ein paar Äcker roden, damit du dich nächstes Jahr selbst versorgen kannst.«
    Unser Hab und Gut hatten wir in die
alberc
geschafft und die Pferde auf die Weide treiben lassen. Gisla, Drogos Weib, und die alte Loisa richteten alles für uns her. Knechte schleppten Eselladungen mit Wasser für ein Bad herauf, denn das Haus besitzt keine Regenzisterne. Einen guten Brunnen gibt es in der Nähe der Schmiede, ansonsten verlässt sich das Dorf auf Regenwasser, das auf einigen der Dächer aufgefangen wird und über Wasserrinnen in zwei große Zisternen

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