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Der Bastard von Tolosa / Roman

Der Bastard von Tolosa / Roman

Titel: Der Bastard von Tolosa / Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulf Schiewe
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beruhigende Worte und streichelte den Hals des Tieres, bis es endlich Ruhe gab. Sie war schon früher eine gute Reiterin gewesen, erinnerte ich mich, und hatte täglich Stunden im Sattel verbracht, ungeduldig mit langen Weiberröcken, die ihre Bewegungsfreiheit einschränkten.
    Während sie mit dem Pferd beschäftigt war, hatte ich kurz Gelegenheit, sie zu mustern. Ihr Gesicht war leicht gerötet, etwas reifer und voller, als ich es in Erinnerung hatte. Eine goldene Haarsträhne hatte sich unter der Hutkrempe gelöst und fiel bis auf die Schulter herab. Sie kam mir nicht mehr so dünn vor, aber das ließ sich wegen der groben Kleidung schlecht beurteilen.
    »Also, wer sind diese Leute?«, wiederholte sie ihre Frage mit fester Stimme und starrte neugierig forschend zu mir herüber. Doch dann wurde ihr Blick unsicher, als traue sie ihren Augen nicht. Drogo zeigte verlegen auf mich.
    »Es ist
Senher
Jaufré,
Domna.
Er ist heimgekehrt.«
    »Jaufré?«, hauchte sie ungläubig.
    Auf einmal war sämtliche Farbe aus ihrem Gesicht gewichen, und diese plötzliche Bleiche ließ ihre Sonnenflecken hervortreten. Drogo sagte noch etwas, aber machte dann den Mund zu. Auch die Dörfler hielten den Atem an, und es war totenstill um uns herum geworden. Bertas Augen waren weit aufgerissen und bohrten sich fassungslos in mein Gesicht, der Mund halb geöffnet, als hätte sie ein Gespenst gesehen.
    Ruhig erwiderte ich ihren Blick. Da verdunkelte sich jäh ihr Antlitz, die hellen Brauen zogen sich wütend zusammen, und das Blut schoss ihr ins Gesicht. So heftig zerrte sie an den Zügeln, dass der Schecke erschrocken mit den Vorderhufen hochstieg.
    »Ich kenne keinen Jaufré!«, schrie sie außer sich und gab dem Tier die Sporen.
    Mit offenen Mündern starrten wir ihr nach, wie sie den Weg zur Burg hinaufgaloppierte. Unsicher folgten ihr die Wachmänner, und wenig später hörte man das schwere Burgtor ins Schloss krachen und das Rumpeln der dicken Sicherungsbalken, die von innen in ihre Halterungen geschoben wurden. Hamid und ich sahen uns betreten an. Irgendjemand in der Menge lachte verlegen, bis ihm ein anderer in die Rippen stieß.
    »Ich habe dich gewarnt«, meinte Drogo.
    »Vielleicht der erste Schreck«, erwiderte ich lahm.
    »Ja, der Mann, der von den Toten aufersteht«, bemerkte Hamid bissig. »Er denkt, man freut sich. Dabei hat man längst sein Erbe aufgeteilt, und nun ist er nur noch lästig.«
    »Danke, Hamid. Das genügt!«, knurrte ich wütend.
    Per deable!
Das hatte ich nicht von Berta erwartet. Ich fühlte mich vor dem ganzen Dorf bloßgestellt. Ich band Ghalib los, und wir zogen mit unseren Pferden vor das Burgtor. Die Leute folgten, denn niemand wollte sich auch nur einen einzigen Augenblick dieses Schauspiels entgehen lassen.
    Wir hämmerten abwechselnd an das Tor, doch nichts geschah. Die Wachen starrten betreten zu uns herunter, aber sie öffneten nicht. Stunden vergingen, die Sonne stand schon hoch am Himmel. Alexis brachte die Tiere in den Schatten, und auch wir Menschen suchten uns ein kühleres Plätzchen. Wir hatten Helm und Panzer abgelegt, und aus dem Dorf brachten sie uns frisches Wasser und etwas zu essen.
    »Die Frau geht zu weit«, knurrte ich zornig. Noch einmal stapfte ich zum Burgtor hinauf und hämmerte mit dem Schwertknauf an die schweren, eisenbeschlagenen Bohlen des Tors.
    »Berta! Verdammt!«, brüllte ich. »Nun ist es genug. Mach endlich auf!«
    »Was willst du?«, hörte ich sie von der Zinne über dem Tor schreien. Da war ihr gerötetes Gesicht über mir, die Haare immer noch unter diesem lächerlichen Filzhut versteckt.
    »Ich verlange Einlass!«
    »Geh zurück, woher du gekommen bist, Jaufré!«
    »Es ist meine verdammte Burg!«, schrie ich außer mir vor Wut.
    »Was soll sie dich scheren? Bis jetzt war sie dir gleichgültig.«
    »Wenn du nicht aufmachst, nehme ich sie mit Gewalt.«
    »Versuch es!«, rief sie und lachte höhnisch.
    »Deine Kerle fressen wir zur Vesper, mach dir nichts vor.«
    »Hier ist meine Antwort«, johlte sie, und als ich hochblickte, sah ich den Inhalt eines Nachttopfs mit Schwung über die Mauer fliegen. Gerade noch rechtzeitig konnte ich das Gröbste vermeiden, dennoch spritzte mir ein Teil über die Füße.
    »Verdammtes Weibsstück. Es ist nicht zu fassen«, murmelte ich weiß vor Wut und zog mich schäumend zurück, während sie hinter mir herlachte. Ich griff einen dicken Stein vom Boden und warf ihn gegen das Tor, dass es dumpf dröhnte.
    Hamid bog sich vor

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